Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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Mini Countryman SE All4: Goodbye Go-Kart-Feeling

BMW elektrifiziert seine Modellreihen, jetzt ist der Mini Countryman dran. Aus dem kleinen Briten wird ein großer Sachse mit Allradantrieb.


Mini ist nicht mehr mini und auch das britische Erbe ist auf der Strecke geblieben. Den Union Jack im Rücklicht kann man im Mini Countryman nur noch erahnen. Zu einem sächsischen Landeswappen konnte sich BMW allerdings nicht durchringen, obwohl der Wagen im Leipziger Werk des Autoherstellers vom Band rollt.

Erstmals gibt es den Mini Countryman als E-Auto mit Frontantrieb (150 kW) sowie als Allradversion (230 kW). Mein Testfahrzeug ist ein Countryman SE All4. Das SE dürfte für sportlich-elektrisch stehen, die 4 steht für den Antrieb aller Räder und das All für All Terrain.

Der Hersteller hält den Wagen mit seinen 171 mm Bodenfreiheit für geländegängig – was mutig ist. Im Fahrmodus Trail zeigt das runde Display den Neigungswinkel des Fahrzeugs an. Dabei empfinde ich schon den Kopfsteinpflasterweg vom Wasserloch vorbei am ersten Grün zur Ausfahrt des Golfclubs als Zumutung für mich und den Mini Countryman. Mehr als einen Feldweg sollte man mit dem zwei Tonnen schweren Fahrzeug nicht befahren.

Mini beziehungsweise BMW wählen ein Golfhotel bei Cascais, einem noblen Vorort von Lissabon, als Ausgangspunkt für diese Testfahrt. Ich entscheide mich für die Landstraße in Richtung Norden über die Berge.


BMW strapaziert in seiner Kommunikation stets das Go-Kart-Feeling im Mini. Es entsteht aufgrund einer niedrigen Sitzposition und der kleinen Räder.

Davon ist in dem Fünftürer allerdings nichts mehr übrig. Nur noch der Sound im dazugehörigen Fahrmodus erinnert an ein Mario Kart. In dem 1,66 m hohen Auto mit 20-Zoll-Reifen fällt meine Sitzposition derart hoch aus, dass sich kein Kart-Feeling einstellen will.

Die Experience Modes bieten noch weitere Fahrmodi: Green, Personal, Vivid. Ich bleibe bei Timeless hängen. Mit den Modi verändern sich die Innenbeleuchtung und die Töne beim Beschleunigen. Das runde Display wird bei Timeless zum klassischen Tacho.

Bei Personal kann ich über die Smartphone-App ein Foto auswählen, das als Hintergrundbild im Display erscheint. Die dominierenden Farben im Foto werden vom Ambientlight übernommen.


Das Display ist auf 24 cm Durchmesser gewachsen

Das auf 24 cm Durchmesser gewachsene, runde OLED-Display ist die zentrale Anzeige im Countryman. Darauf wählt man zwischen Spielen, TV-Serien und Spielfilmen, Navigation und Fahrzeugeinstellungen.

Der Fahrer hat keinen Bildschirm hinter seinem Lenkrad. Man muss ein wenig nach rechts auf den runden Bildschirm für das gefahrene Tempo oder Navigationsanzeigen schauen. Einfacher macht es das optionale Head-up-Display, das alle Fahrinformationen auf eine separate Kunststoffscheibe im Armaturenbrett projiziert.


Werte wie beim BMW iX2

Allerdings werden die Augmented-Reality-Elemente nur im runden Bildschirm angezeigt. Da liegt dann ein Abbiegepfeil im Kamerabild über der Querstraße, in die ich einbiegen soll. Praktisch, aber eben nicht in meinem direkten Sichtfeld.

Dafür ist der runde Bildschirm auch bei Tageslicht brillant und extrem scharf in der Darstellung. Das gilt auch für die Air-Console-Spiele, die man mit seinem Smartphone steuert, oder die Streamingangebote. Allerdings nutzt das Infotainment für das 16:9 Videoformat nur einen Teil des kreisrunden Bildschirms.

Der Mini Countryman bietet Fahrassistenten (Level 2) wie einen Spurhalter sowie einen adaptiven Abstandstempomat. Die Töne des Geschwindigkeitswarners, wenn ich einen Hauch zu schnell bin, deaktiviere ich mit einem Druck auf die Set-Taste am Lenkrad.

Das alles, Assistenten als auch Medienangebot, kommen mir sehr bekannt vor. Alles ist identisch zum BMW iX2, der für das Infotainment ebenfalls das Betriebssystem OS 9 nutzt.

Das SUV Coupé bietet in seiner Allradversion eDrive 30 die gleichen Leistungswerte: 230 kW Motorleistung bei 494 Nm Drehmoment. In 6,5 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h.

Die nutzbare Energiemenge von 64,6 kWh bietet auch hier eine Reichweite von 433 km (WLTP). In 29 Minuten lädt der Mini am Schnelllader von 10 bis 80 Prozent mit maximal 130 kW. Bis auf den Radstand von 2,69 m sind Mini Countryman und BMW iX2 gleich. Die Erklärung ist einfach: Mini nutzt die Plattform des BMW X1/X2.


Groß geworden

Wie groß der Mini Countryman inzwischen wirklich ist, wird mir erst bei einer Fahrpause bewusst. Auf einem Parkplatz mit Blick auf den Atlantik gehe ich um das E-Auto herum. Der Countryman SE All4 ist inzwischen 4,43 m lang. Die erste Generation brachte es auf 4,10 m.

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