Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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Volvo EX30: Der Kleine ist ein Großer

Mit dem Volvo EX30 in Hamburg unterwegs

In der Allradversion bietet der Volvo EX30 alles, was man sich an Komfort- und Assistenzfunktionen wünschen kann. Der Verbrauch lag bei unserer Probefahrt jedoch recht hoch.


Volvos CEO Jim Rowan hat bei der Präsentation des EX30 im Sommer 2023 durchgehend mit dem Thema Größe gespielt. Mitunter fragte man sich, ob der Ex-Dyson-Chef da ein Spielzeugauto vorstellt. Doch der Eindruck vom Kleinwagen täuschte. Mit 4,23 m Länge und einem Einstiegspreis von rund 37.000 Euro ist das ein Kompakt-SUV. Von den so dringend erwarteten, elektrischen Kleinwagen ist der EX30 weit entfernt. Es ist eben nur Volvos Kleinster.


Doch die Erwartungen der Schweden an ihr Modell sind hoch. Im vergangenen Jahr war der XC60 der meistverkaufte Volvo – in Deutschland und weltweit. Im kommenden Jahr soll der EX30 auf Platz eins stehen. Dazu müssten in Deutschland rund 17.000 Stück verkauft werden. Nicht unrealistisch, denn bei der schwedischen Marke, die zur Geely Holding gehört, läuft es gut. Im vergangenen Jahr wurde in der 97-jährigen Unternehmensgeschichte ein Rekordergebnis erzielt. Der Umsatz mit 709.000 verkauften Autos lag bei 35,5 Milliarden Euro. Der E-Auto-Anteil beträgt 16 Prozent, in Deutschland sogar 19 Prozent. Weltweit soll er 2025 die Hälfte ausmachen.


Drei Varianten vom EX30

Um es den Kaufinteressenten einfacher zu machen, vereinheitlicht Volvo seine Namensgebung. Beim EX30 (klein) und EX90 (groß) steht das E für E-Auto. Nun wird aus dem XC40 ein EX40 und aus der Coupé-Version C40 ein EC40 (mittel).

Der EX30 kommt in drei Varianten zu den Händlern: Die Einstiegsvariante (36.590 Euro) nutzt eine Lithium-Eisenphosphat-Batterie (LFP) mit 51 kWh für eine Reichweite von 344 km. In 26 Minuten ist sie von 10 bis 80 Prozent geladen, wobei die Ladeleistung bei maximal 134 kW Gleichstrom und 11 kW Wechselstrom liegt.

Mit identischem Heckantrieb (200 kW) kommt die Extended-Range-Variante (41.790 Euro) auf den Markt. Hier liegt die Reichweite bei 462 km. Die NMC-Lithium-Batterie (Nickel-Mangan-Kobalt) bietet 69 kWh und lädt mit bis zu 153 kW in 26,5 Minuten von 10 auf 80 Prozent. Eine Wärmepumpe sorgt für mehr gefahrene Kilometer bei niedrigen Temperaturen. Für das Laden mit Wechselstrom gibt es neben den 11 kW die Option für einen 22-kW-Onboard-Charger.

Das gilt auch für die Variante mit Allradantrieb (48.490 Euro), mit identischer Batterie. Hier arbeitet ein permanenterregter Synchronmotor (PSM) mit 115 kW in der Front. Er kann über eine Kupplung von der Achse getrennt werden, um bei Inaktivität Schleppverluste zu vermeiden. Im Heck ist ebenfalls der PSM-Motor mit 200 kW verbaut, so dass diese Version in 3,6 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigt.

Bei gleicher Batterie (69 kWh) liegt die Reichweite bei 445 km. Ein Wechselrichter mit Siliziumkarbid-Chips sorgt für höhere Energieeffizienz bei der Umwandlung von Gleich- zu Wechselstrom. Alle drei Varianten sind Volvo-typisch bei 180 km/h abgeregelt.


Umfassendes Assistenzpaket

Mit dem Fahrassistenten Pilot Assist ist allerdings schon bei 130 km/h Schluss. Der Testwagen ist eine gelbe Allradvariante mit sämtlichen Ausstattungsoptionen und 20-Zoll-Reifen. In einem Auto dieser Größe erwartet man keine beheizten Sitze, Glaspanoramadach, Harman/Kardon-Soundsystem sowie eine elektrisch öffnende Heckklappe. Doch das spiegelt sich im Preis von 55.465 Euro wider. Der Umfang des Assistenzpakets ist ebenfalls beeindruckend: Der Wagen hält die Spur und den Abstand zum Vorausfahrenden. Der Abstandsregeltempomat nutzt die Verkehrsschilderkennung sowie Google-Maps-Daten, um unter dem Tempolimit zu bleiben. Sobald man zu schnell unterwegs ist, warnt einen ein Piepton.


Nervige Warntöne gesetzlich vorgeschrieben

Eine Warnung ertönt auch, wenn die Augen zu lange von der Straße genommen werden. Dazu sitzt hinter dem Lenkrad eine Infrarotkamera, die den Fahrer beobachtet. Das Temposystem schreibt der Gesetzgeber vor (Intelligent Speed Assistance) und sogenannte Driver Monitoring Systeme sorgen für mehr Sterne bei der Testorganisation Euro NCAP.

Der Nachteil: Die akustischen Warnungen nerven. Man kann die Töne über eine Lenkradtaste oder im Menü deaktivieren, doch bei der nächsten Fahrt sind sie wieder eingeschaltet.

Der EX30 verfügt sogar über einen Spurwechselassistenten und warnt beim Parken, wenn sich von hinten ein Radfahrer nähert. Es gibt ein 360-Grad-Kamerabild sowie einen Einparkassistenten. Neu ist die Truck-Abstands-Funktion.

Überholt man mit Pilot Assist einen Lkw, lässt das Auto 30 cm mehr Platz auf der rechten Seite. Im fließenden Verkehr auf der Autobahn benötige ich diesen Extraraum nicht, in einer Baustelle schon. Aber ich frage mich, woher der EX30 den Platz auf der Seite des Fahrbahntrenners nimmt?

(...)

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