Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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Hyundai Kona E: Digital mit vielen Knöpfen

Testfahrt Hyundai Kona E: Digital mit vielen Knöpfen

Die koreanische Automarke macht die zweite Kona-Generation größer und moderner. Dazu gehören Energieabgabe, Digitalschlüssel und eine verbesserte Software, doch von den vielen Knöpfen mag sich der Hersteller nicht trennen.

„Ich habe mal gelernt, 15 Zentimeter sind ein halbes Segment", sagt Jürgen Keller, Geschäftsführer Hyundai Deutschland, über das Wachstum des neuen Kona E bei der Präsentation auf einem Weingut. Die Neuauflage des E-SUV wächst in Länge (150 mm), Breite (25 mm), Höhe (10 mm) und Radstand (60 mm). „Der Kona befindet sich damit nun zwischen dem B- und C-Segment", sagt Keller.

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Den Zuwachs spüren die Insassen auf ihren Plätzen als auch beim Stauraum. Mit 466 Litern bzw. 1.300 Litern mit umgeklappter Rückbank wächst das Ladevolumen um 40 Prozent. Unter der Fronthaube befindet sich eine Plastikwanne mit Deckel, die noch mal 27 Liter fasst, was für das Typ 2-Ladekabel ausreicht.

Vorsicht bei der Ladeleistung

Damit liegt das Kabel in der Nähe zum Ladeanschluss, der sich nach wie vor in der Front befindet. Für die Anfahrt an Schnellladesäulen ist es eine praktische Position. Die Ladegeschwindigkeit liegt bei der kleinen Batterie (48,4 kWh) bei 74 kW und bei der großen (65,4 kWh) bei 102 kW. Hier lassen die koreanischen Ingenieure Vorsicht walten, um die achtjährige Batteriegarantie nicht zu gefährden.

Etliche Hersteller gehen bei der Ladeleistung bis zum Faktor zwei der Batteriegröße. Beim Kona E wären das bei der großen Batterie rund 130 kW. Jetzt dauert der Ladevorgang bei beiden Batteriegrößen 41 Minuten von 10 auf 80 Prozent. Die zweite Generation bietet eine automatische sowie eine manuelle Batterie-Vorkonditionierung für maximale Ladeleistung in der kalten Jahreszeit. Die Reichweiten werden mit bis zu 377 bzw. 514 km angegeben. Der Verbrauch liegt laut Broschüre bei 14,6 bzw. 16,6 kWh auf 100 km.

Bei meiner Runde entlang diverser Weingüter in Rheinhessen verbraucht der Wagen 17,9 kWh. Die Landschaft ist hügelig und ich bewege den Kona E im Sportmodus. Die Energieauswertung im zentralen Bildschirm (12,25 Zoll) zeigt mir, dass 87 Prozent der Energie fürs Fahren verwendet wurden. Die restlichen 13 Prozent benötigten Elektronik und Klimaanlage. Der größere Frontmotor (3.000 Euro) in meinem Testfahrzeug leistet 160 kW sowie eine Höchstgeschwindigkeit von 172 km/h. Bei der Standardversion mit 150 kW sind es maximal 162 km/h.

Von verspielt zu nüchtern

Die Designer haben das Äußere des Wagens modernisiert. Das fällt am deutlichsten in der Front ins Auge. Sie ist komplett geschlossen und hat mit der durchgehenden Pixel-LED-Leiste einen futuristischen Look bekommen.

Im Inneren dominieren matte Oberflächen. Die Zeit von Klavierlack ist vorbei. Eine geräumige Mittelkonsole bietet Platz für zwei Flaschen. Darüber befinden sich zwei USB-C-Anschlüsse sowie eine Ablage, die kabellos das Smartphone lädt. Wer nur mit der Schlüsselkarte den Kona E öffnet, legt die Karte hier ab, um den Wagen zu starten. Auch die Anzeigen passen in der zweiten Generation besser zu einem E-Auto. Die Kombination aus analogem und digitalem Tacho wurde ersetzt. Fahrer- und Zentralbildschirm sind inhaltlich getrennt, stecken aber in einem Bauelement, was den Übergang fließend macht. Beide Bildschirme haben jeweils eine Diagonale von 12,25 Zoll. Auch das Verspielte aus dem Ioniq 5-Bildschirm wurde zugunsten einer nüchternen Darstellung der Fahr- und Navigationsdaten fallengelassen.

Wer das Head-up-Display wählt, muss keine Projektionsscheibe mehr ausfahren. Die Fahrdaten erscheinen direkt in der Windschutzscheibe bzw. schweben optisch über der Motorhaube. Größter Entwicklungssprung: Es gibt eine brauchbare Routen- und Ladeplanung. Für eine Fahrt von Rheinhessen nach Hamburg werden automatisch zwei HPC-Ladestopps vorgeschlagen. Allerdings geht das System davon aus, dass ich beide Mal bis 100 Prozent laden möchte. Die Option für die Auswahl nach Ladeleistung (AC, DC, HPC) sowie einzelner Anbieter ist deutlich einfacher geworden.

Es piept

Bei aller Digitalisierung in dem E-Auto überrascht die Vielzahl der Knöpfe im Cockpit. Ich zähle 32 im Armaturenbrett sowie der Mittelkonsole. Hinzu kommen acht Knöpfe, zwei Wippen und zwei Räder im Lenkrad. Am Lenkrad gibt es drei Stöcker für Blinker, Scheibenwischer sowie Gangwahl. Nicht zu vergessen die zwei Wippen auf der Lenkradrückseite für die Rekuperationsleistung.

Sicherlich eine Gewöhnungsfrage, doch an das Piepen würde ich mich nie gewöhnen. Schon bei einem km/h über dem Tempolimit, piept der Kona E. Das lässt sich abstellen, doch muss man die richtige Einstellung im Menü erwischen, ansonsten verschwindet die Verkehrsschilderkennung und damit die Tempolimit-Anzeige aus dem Head-up-Display. Außerdem muss man nach jedem Neustart die Hinweistöne deaktivieren. Hyundai erfüllt hier Vorgaben der Euro NCAP-Testorganisation und zielt mit dem System auf volle Punktzahl.

Mit einer Schlüsselkarte sowie digitalen Schlüsseln auf bis zu drei Smartphones gibt sich der überarbeitete Kona E ebenfalls zeitgemäßer. Trotz eines 400 Volt-Batteriesystems integrieren die Koreaner ihre Vehicle to Load-Funktion. Über einen Adapter im Ladeanschluss gibt der Kona E Wechselstrom an andere Geräte ab. Das gilt auch für die 230 Volt-Steckdose auf der Rückseite der Mittelkonsole, die von der Rückbank gut erreichbar ist.

Der Sprachassistent wurde verbessert. Auf der Testrunde ließ er sich allerdings nur über die Taste am Lenkrad aktivieren. Das Ausparken des Kona E mit dem Funkschlüssel während man daneben steht, kennt man bereits. Das gilt auch für den teilautomatisierten Fahrassistenten (Level 2) mit Spurwechselfunktion, den Hyundai Autobahnassistent 2.0 nennt. Aus den Modellen Hyundai Ioniq 5 und 6 wurde das Kamerabild im Fahrerdisplay beim Aktivieren des Blinkers übernommen. Die Anzeige sorgt für eine gutes Gefühl beim Abbiegen sowie Überholen. Zum Sicherheitsangebot zählt nun auch eine haptische Rückmeldung im Lenkrad, falls beim Zurücksetzen der Sensor Querverkehr entdeckt.

Höherer Einstiegspreis

Der Kona E ist für Hyundai ein wichtiges Modell. Von 2018 bis September 2023 wurden laut Kraftfahrbundesamt knapp 62.000 Stück zugelassen. Der überarbeitete Kona wird auch als Hybrid- und Benziner-Version angeboten. Doch Keller schätzt, dass sich 59 Prozent der Kunden für die elektrische Version entscheiden werden. Die Mehrheit davon wählt die größere Batterie. Bei Flottenzulassungen macht der E-Antrieb beim Kona sogar 88 Prozent aus.

Der neue Kona E ist nicht nur größer, sondern auch teurer geworden. Der Einstiegspreis steigt von 34.600 Euro auf 41.990 Euro (+ 21 Prozent). Motorleistung (+ 15 kW) und Batteriegröße (+ 9,2 kWh) sind leicht gestiegen. Zudem argumentiert Keller mit einer umfangreichen Grundausstattung zu der er Autobahnassistent, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Navi und Over the Air-Updates zählt. Wer die vollständige Ausstattung möchte, muss noch das Trend-Paket (2.200 Euro) als auch das Prime-Paket (5.700 Euro) wählen.

Mit einer Schätzung der Absatzzahlen hält sich Keller zurück. Unsicherheit über die Entwicklung des Wirtschaftsklimas und die Senkung der staatlichen E-Auto-Förderung, erschweren die Einschätzung des Kundenverhaltens. „Ich halte das Zurückfahren der Förderung für unglücklich", sagt Keller, „E-Autos sind im Vergleich noch teurer und Käufer brauchen einen Anreiz für den Umstieg." Hyundai garantiert Kunden für dieses Jahr die volle BAFA-Prämie in Höhe von 4.500 Euro, wenn die Unterschrift unter Kauf- oder Leasingvertrag gesetzt ist, die Zulassung aber erst 2024 erfolgt.

Hyundai rechnet für das Jahr 2024 mit rund 21.000 Leasing-Rückläufern. Da 82 Prozent der E-Auto-Kunden sich wieder für ein elektrisches Fahrzeug entscheiden, ist der Importeur beim Absatz neuer E-Autos optimistisch. Die Leasingrate für den neuen Kona E startet bei 249 Euro pro Monat. Die neue Version steht bereits bei den Händlern. Parallel wird der Kona E mit einer großen Werbekampagne im Fernsehen, Radio und Online unterstützt. Auch den virtuellen Showroom, in dem Kunden sich per Smartphone-Kamera sämtliche Details vom Fachmann zeigen lassen können, wird laut Keller für den Kona fortgesetzt: „Wir sehen sogar leicht steigende Zugriffszahlen bei diesem Digitalangebot."

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