Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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ONE will mit Batteriezwilling mehr Reichweite bieten

Mujeeb Ijaz präsentiert die Idee seiner Zwillings-Batterie (Gemini)

Spezieller Range Extender ONE will mit dem Batteriezwilling mehr Reichweite bieten

Reichweite ist das große Thema bei der Elektromobilität. Das US-Unternehmen ONE baut eine zweite Batterie als Range Extender für bis zu 1.000 Kilometer ins E-Auto. BMW ist dabei Entwicklungspartner.

Der Gedanke, zwei Batterien in den Boden des E-Autos einzubauen, klingt verrückt. Kosten als auch Preise sprechen dagegen. Doch Mujeeb Ijaz ist kein träumerischer Jungunternehmer. Der Ingenieur hat 35 Jahre Erfahrung in der Batterieentwicklung. Auf 50 Patenten steht sein Name. Er war für Ford tätig, wechselte zu Apple nach Cupertino, bevor er nach Michigan zurückkehrte und dort 2020 sein Unternehmen Our Next Energy (ONE) gründete.

Drei Jahre nach dem Start beschäftigt er 325 Angestellte, hat 600 Millionen Euro Risikokapital eingesammelt, unter anderem von BMW i Ventures. Der Münchner Autohersteller ist auch ein technischer Entwicklungspartner.

Zwie in einer

Wie es sich für einen Ingenieur gehört, analysierte Ijaz zunächst Daten. Dabei stellte er fest, dass sich mit einer Reichweite von 240 Kilometer (150 Meilen) rund 99 Prozent aller Fahrten im Alltag mit einem E-Auto erreichen lassen. Sein Ziel lautet allerdings 1.000 Kilometer (600 Meilen).

So kam er auf die Idee für Gemini (Zwilling). In die 185 kWh-Batterie packt er Riegel (Blades) mit unterschiedlicher Zell-Chemie. Eine Antriebs-Batterie (LFP) und eine Range-Extender-Batterie (Rx). Sämtliche Riegel stecken im selben Batteriepaket und verzichten auf eine Unterteilung in Module.

Ausschließlich Lithium-Eisenphosphat-Zellen

Dabei setzt Ijaz aus Sicherheits- und Rohstoffgründen ausschließlich auf Lithium-Eisenphosphat-Zellen (LiFePO4). „Dabei geht es in erster Linie darum, im Notfall das thermische Durchgehen zu verhindern", sagt Ijaz. Das ist die Kettenreaktion, wenn eine Zelle sich entzündet, zu gasen beginnt und dann brennt. Dieser Brand greift auf intakte Zellen über und setzt die gesamte Batterie in Brand. Die hohen Temperaturen erschweren Löscharbeiten.

In LFP-Zellen ist zwar der gleiche flüssige, brennbare Elektrolyt im Einsatz, doch Nickel-Kobalt-Mangan-Zellen bieten mit ihrer höheren Energiedichte als auch Sauerstoff in den Zellen dem Feuer mehr Grundlage. Eine LFP-Zelle (LiFePO4) brennt bei niedrigeren Temperaturen, so dass ein Durchgehen unwahrscheinlich ist.

Ein Brand sollte die Ausnahme sein. Wesentlicher Vorteil sind deutlich niedrigere Preise für die Rohstoffe Eisen und Mangan im Vergleich zu Nickel und Kobalt. Einziger Nachteil: Die niedrigeren Rohstoffkosten machen sich auch beim Recycling bemerkbar. Es ist wirtschaftlich nicht so attraktiv LFP-Batterien wieder zu verwerten. „Sie enthalten jedoch alles, was in der Stahlindustrie benötigt wird. Wir verkaufen geschredderte Batterien in Form von Black Mass an Stahlproduzenten", sagt Ijaz.

Zellen ohne Anode

Damit Kosten und Gewicht für 1.000 Kilometer Reichweite möglichst niedrig bleiben, setzt er bei der 185 kWh Batterie auf einen weiteren Unterschied bei der Zellchemie: Der größere Teil der Batteriezellen verzichtet auf eine Anode.

Wie kann eine Batterie auf einen Pol verzichten? Hierbei wird die Kathode in der Produktion mit mehr Lithium gefertigt als üblich. Beim Formatieren, dem ersten Laden der Zelle, setzen sich Lithium-Metallionen auf dem Stromkollektor ab und fungieren als Anode.

Insgesamt ist die Herstellung der so genannten Anode-free Zellen durch den Verzicht auf Graphit weniger komplex als auch günstiger. Einziger Nachteil: Für den Aufbau der Anode gibt die Kathode laufend Lithium-Ionen ab. Die Zahl vollständiger Ladezyklen liegt bei rund 200. „Wir begrenzen die vollständigen Ladezyklen dieser Zellen, da sie ja nur bei Bedarf hoher Reichweiten Energie liefern", sagt Ijaz.

Die Anode-free-Zellen (Rx) sind per DC-DC-Wandler mit den Traktionszellen (LFP) im Batteriepaket verbunden. Beim Laden und Entladen findet die Energie stets ihren Weg durch die Hauptbatterie in die Rx-Zellen. So hat die Gemini-Batterie eine Energiedichte von 1.007 Wh pro Liter. Ausreichend Energie für 1.000 Kilometer.

Eigene Fabrik geplant

Eine vollständige Ladung dauert rund zwei Stunden. Von 10 bis 80 Prozent ist in 15 Minuten am Schnelllader möglich, wobei Jliaz keine Ladeleistung nennt. Sein Ziel für die Produktion ist ein Preis von 50 Dollar pro Kilowattstunde.

Gemini soll 2026 serienreif sein. Für seine Testfahrten nutzt ONE einen BMW iX. „Die Zusammenarbeit mit ONE läuft gut und wir sehen unverändert das Potential der Technologien. Der BMW iX erweist sich als hervorragender Erprobungsträger für das innovative Batteriekonzept - und in einigen Monaten werden wir in größerem Umfang berichten können, wie sich der Reifegrad der neuen Ansätze entwickelt", sagt Jürgen Hildinger, Leiter Hochvoltspeicher im Bereich BMW Group Neue Technologien.

Gründer Ijaz ist von seiner Idee überzeugt. Er plant bereits eine Grundsteinlegung im kommenden Jahr für den Aufbau einer eigenen 20 GWh-Batteriefabrik in Michigan.

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