Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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Die Erschaffung eines Luxus-E-Autos

Hyundai deckt mit der Marke Genesis selbstbewusst die Oberklasse ab. Die elektrische Limousine G80 ist gut, benötigt allerdings Updates, um dem Anspruch gerecht zu werden.


Einige denken bei Genesis zuerst an die Band von Phil Collins. Dabei hat der Begriff seinen Ursprung in der Religion. Das erste Buch der Bibel beschreibt die Urgeschichte von Welt und Mensch. Vermutlich hatte Hyundai genau das bei der Namensgebung im Hinterkopf. Die Schaffung der Welt als Sinnbild für eine E-Automarke zeugt von gesundem Selbstbewusstsein. Diesem Anspruch wird Hyundais E-Limousine bislang aber nicht gerecht.

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Zu sehen ist er selbst im Logo: Der Schriftzug wird von zwei Flügeln getragen. Die sieht man auf der Motorhaube, beim Start im Head-up-Display und auch im Dunkeln, wenn das Logo vom Außenspiegel auf den Boden projiziert wird. Die Ähnlichkeit zu Bentley ist sicher kein Zufall - die Koreaner wollen sich in der Luxusklasse positionieren.

Toyota hat dazu Lexus eingeführt, Nissan die Marke Infiniti, die sich jedoch schon wieder aus Europa zurückgezogen hat. Seit Frühjahr 2021 probiert es die Hyundai Motor Group mit Genesis hierzulande.

In der fünf Meter langen Limousine G80 erinnert vieles an die E-GMP-Plattform aus dem Hyundai Ioniq 5 und dem Kia EV 6. Doch die Limousine basiert auf einer Kombi-Plattform, da es den G80 auch als Verbrennerversion gibt. Die E-Version übernimmt jedoch das 800-Volt-Akku-System.


Den 87,2-kWh-Akku soll man laut Broschüre mit bis zu 240 kW Gleichstrom laden. Auch die Vehicle 2 Load-Funktion (V2L), also die Energieabgabe über einen Adapter, ist im Menü vorhanden, auch wenn mein Testwagen ohne Adapter für den Typ-2-Anschluss ausgestattet ist. Somit dürften große Teile der Software, die mit der E-GMP-Plattform kommt, auch hier zum Einsatz kommen.


Schwache Ladeplanung

Doch damit übernimmt der G80 auch die Schwächen: Ladeplanung und Akkupflege beziehungsweise maximale Ladeleistung. Gibt man ins Navi eine Route ein, für die der Wagen nicht ausreichend Energie hat, muss man manuell Ladestopps auswählen. Zunächst zeigt das System Ladestationen in unmittelbarer Nähe - die meisten davon AC-Anschlüsse.

Doch bei Beginn einer längeren Fahrt ist der Akku in der Regel voll geladen. Man möchte wissen, wo man laden muss, wenn die Anzeige auf 10 Prozent sinkt. Auch der Menüpunkt "Entlang der Route" liefert nicht die gewünschte Antwort. Die angezeigten Ladepunkte liegen viel zu nah. Im Menü kann man weder nach Ladeleistung noch nach bestimmten Anbietern filtern. Hier wird dem Nutzer noch zu viel Arbeit zugemutet.


Die zweite Enttäuschung ist die Akkupflege, die direkten Einfluss auf die Ladeleistung hat. Der Bildschirm in der Mitte zeigt den Energieverbrauch fürs Fahren, Klimatisierung und weitere Elektronik an. Die vierte Rubrik heißt Akkupflege. Sie zeigt den Energiebedarf für die Vorkonditionierung an. Bevor man am Schnelllader hält, wird der Akku auf Temperatur gebracht, was bei einstelligen herbstlichen Celsius-Graden notwendig ist.

Doch bei insgesamt vier Anläufen mit aktivierter Routenführung zu den Schnellladern bleibt die Anzeige bei 0 Watt stehen. Das Ergebnis ist jedes Mal eine Ladeleistung im Bereich von 70 bis 80 kW, die sich nur langsam hocharbeitet. Hier geht wertvolle Zeit verloren. In meinem zweiwöchigen Testzeitraum sind 183 kW bei 64 Prozent Ladezustand das Maximum der Ladeleistung. Das sind 76 Prozent des Broschürenwerts. Wären Käufer hiervon enttäuscht, wäre das verständlich.

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