Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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Hochdachkombi mit Hipster-Qualitäten

Konzept-Version der elektrischen Hochdachversion von Mercedes-Benz

Mercedes erweitert sein Portfolio 2022 um die T-Klasse. Die Vans sind das Ergebnis einer Kooperation mit Renault. Mit dem EQT wird es eine vollelektrische Variante geben.


Der erste Eindruck ist "London Cab". Das mag an der schwarzen Lackierung des Showcars liegen. Der zweite ist "Renault Kangoo". Letzteres passt besser, aber dazu später mehr. Mercedes-Benz erweitert seine EQ-Serie um die T-Klasse im Segment der Small Vans, auf Deutsch Hochdachkombis.

Den Anfang macht der Citan. Noch im Laufe des Jahres kommt die Version für gewerbliche Zwecke. Der kleine Transporter wird mit allen Antriebsarten angeboten.

2022 folgt die eigentliche T-Klasse - gedacht für private Nutzer. Sie gibt es zunächst mit Verbrennungsmotor, später vollelektrisch als EQT. Zielgruppe für den Siebensitzer sind Familien und aktive Menschen, die häufig ihre Sportausrüstung transportieren.


Den Hochdachkombi lässig präsentieren

Der EQT zeigt seine Zugehörigkeit zur EQ-Reihe durch die geschlossene Front, in der neben einem großen silbernen Stern viele kleine Sterne leuchten. Sie sind Teil des Tagfahrlichts. Sterne findet man auch im Glasdach. Hier leuchten sie allerdings nicht, sondern erinnern die Insassen daran, in was für einem Fahrzeug sie sitzen.

Das gläserne Dach hat die Form einer Flasche, mit dem Hals in Richtung Heck. Das soll Betrachtern in der dritten Sitzreihe einen dynamischen Eindruck vermitteln. Wobei Dynamik und Hochdachkombi eher Gegensätze bilden.

Beim Showcar bemüht sich Mercedes redlich, das Pendel in Richtung Dynamik ausschlagen zu lassen. Der 4,95 m lange EQT steht auf großen Rädern mit 21 Zoll Durchmesser. Das weiße Nappaleder der Sitze sieht elegant aus, dürfte jedoch der Albtraum eines jeden Elternteils mit kleinen Kindern sein.

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Beim Probesitzen auf dem Fahrersitz fällt auf: Stauraum, Stauraum, Stauraum. Neben zwei Getränkehaltern, einer induktiven Smartphone-Ablage sowie einem Behälter unter der Mittelarmlehne gibt es etliche weitere Staufächer. In beide Türen passt jeweils eine 0,7-Liter-Flasche.

Über dem Armaturenbrett ist ein Ablagefach mit Unterteilungen angebracht, so dass nichts verrutscht. Hier können vor allem flache Gegenstände liegen, etwa Dokumente. Für größere Dinge ist über dem Kopf Platz. Der EQT ist so hoch, dass hier Raum für Brillenetuis, Taschentücher und die Wechselschnuller der Kleinen ist.

Das Raumkonzept erinnert an den Renault Kangoo. Der EQT basiert tatsächlich auf dem Hochdachkombi der Franzosen. Es ist die Neuauflage einer Kooperation zwischen Mercedes-Benz und der Renault-Nissan-Allianz. Der erste Anlauf mit Citan und X-Klasse darf als Flop bezeichnet werden. Diesmal soll alles besser werden. Die Stuttgarter Ingenieure sind von Anfang an an der Entwicklung beteiligt. Der EQT soll ein echter Benz werden, der die leuchtenden Sterne in der Front verdient.


Schiebetüren auf beiden Seiten

Da es sich um ein Konzeptfahrzeug handelt, gibt es noch keine technischen Daten. Motorleistung, Batteriekapazität und Reichweite nennt Mercedes-Benz erst später. Der EQT bekommt das Infotainmentsystem Mercedes-Benz User Experience (MBUX).

Damit sind Sprachsteuerung, Echtzeit-Verkehrsdaten, Navigation, Over-the-Air-Updates als auch die Kontrolle des Fahrzeugs via Smartphone-App möglich. Schließlich will man beim Ladestopp aus der Ferne sehen, wann man weiterfahren kann.

Der Ladeanschluss kommt in die Front. Das ist praktisch bei Anfahrten an öffentliche Schnelllader mit kurzem Kabel. An den Seiten bleibt beim EQT wenig Platz dafür, denn er hat Schiebetüren auf beiden Seiten. Die zweite Sitzreihe bietet Platz für bis zu drei Kindersitze.


Elektromobilität: Grundlagen und Praxis

Wer auf die beiden Einzelsitze in der dritten Reihe möchte, muss die vordere Sitzreihe umklappen. Dabei falten sich Sitz- und Rückenteil flach in den Boden. Das erleichtert sowohl den Einstieg als auch den Transport sperriger Gegenstände.

Um Koffer und Kinderwagen mitnehmen zu können, müssen die beiden Einzelsitze allerdings ausgebaut werden. Umklappen dürfte nicht ausreichen. Wer noch mehr Transportbedarf hat, kann auf dem 1,83 m hohen EQT eine Dachbox befestigen.


E-Longboard im Kofferraum

Um bloß kein spießiges Familienauto zu präsentieren, stattet Mercedes-Benz das Showcar mit einem E-Longboard aus. Unter einer aufklappbaren Plexiglasscheibe im Kofferraum ruht ein silberfarbenes Longboard auf einer Ladestation. Helm und Knieschoner hängen an der Rückseite der hinteren Sitzreihe. Gesteuert wird das Board über einen Ring am Finger.

Der lässige Großstadt-Hipster fährt emissionsfrei mit dem EQT aus der Stadt und rollt dann elektrisch über die Promenade. So stellt man sich den Werbespot für den EQT vor, doch die Realität sieht anders aus. Darum wird das E-Longboard nicht zur Serienausstattung gehören. Das machte sich nur gut im Fotostudio.

Mercedes-Benz schließt mit dem EQT eine wichtige Lücke im Angebot der E-Autos. SUV in unterschiedlichen Größen (EQAEQBEQC) sowie Luxusautos (EQS) gibt es viele im Markt. Mit dem EQV bietet das Unternehmen bereits einen geräumigen, aber teuren Kleinbus. Bei bezahlbaren Familienautos mit viel Platz ist die Auswahl gering. Platz bietet der EQT, jetzt muss Mercedes-Benz noch beim Preis überzeugen.

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