Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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Tesla ist noch lange nicht tot

"Elon Musk ist tot. Er ist bei einer Batterieexplosion im Tesla-Werk im kalifornischen Fremont ums Leben gekommen." Diese Falschmeldung machte vergangenen Freitag die Runde und schickte den Börsenkurs auf Talfahrt. Elf Prozent verlor der Aktienkurs des wertvollsten Autoherstellers. Als Dementi twitterte der CEO lediglich einen nachdenklichen Smiley an seine 48,6 Millionen Follower.

Doch schaut man auf den Kursverlauf seit Jahresbeginn, scheint die Party bei Tesla tatsächlich vorbei zu sein. In etwas mehr als zwei Monaten fiel die Aktie von 880 auf unter 600 US-Dollar. 270 Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung lösten sich in Luft auf. Dabei macht Tesla nichts falsch. Die anderen werden einfach immer besser.

Doch Todesnachrichten wären für Tesla genauso verfrüht wie für seinen Chef. Tesla hat starke Argumente auf seiner Seite. Vieles kann Tesla gefährlich werden, doch die Hauptgefahr ist nicht die Konkurrenz, sondern die eigenen Führungsstrukturen.


Konkurrenz aus Ost und West

Im Februar schrumpfte Teslas Marktanteil in den USA bei neu zugelassenen Elektroautos auf 69 Prozent. Im Vorjahr waren es laut Morgan Stanley US Auto Sales Report noch 81 Prozent. Die Prozente habe sich vor allem Ford mit seinem Mustang Mach E geholt, schreiben die Analysten. Bis 2022 werde der Anteil unter 50 Prozent fallen, spekuliert das Fachblog Electrek.


Neben den Großen wächst mit Lucid, Rivian und mittelfristig auch Apple die heimische Konkurrenz. In China legten die Verkaufszahlen von Nio, XPeng und Li Auto im Januar zwischen 350 und 470 Prozent im Jahresvergleich zu. An die Namen muss man sich erst gewöhnen und es kommen noch weitere hinzu: Aiways, MG, BYD und Geely werden zu Teslas Konkurrenten auf dem Weltmarkt.

Gleiches gilt für den ID4 von Volkswagen. Daimler legt mit dem EQA nach. Porsche und Audi bieten attraktive elektrische Sportwagen. Bei Tesla warten wir noch bis 2022 auf den neuen Roadster, während die Absatzzahlen beim Model S und X einbrechen. Dabei liegen die hohen Gewinnmargen bei den teuren Modellen. Von den knapp 500.000 im Jahr 2020 ausgelieferten Fahrzeugen machten S und X nur elf Prozent aus. Nun ruht die Hoffnung auf dem Model Y, das hoffentlich ab Sommer 2021 auch in der Gigafactory Berlin-Brandenburg vom Band läuft.


Luftnummer CO2-Zertifikate

Ausbau, Erhalt und Modernisierung des Ladenetzwerks ist ein weiterer Kostenpunkt, der durch Autoverkäufe gedeckt werden muss. Tesla-Fahrer hoffen, dass möglichst viele der über 20.000 Supercharger auf die aktuelle Generation (V3) mit bis zu 250 kW Ladeleistung umgerüstet werden. Bei zunehmender Konkurrenz wird man hierfür die Preise der Fahrzeuge nicht anheben können.

Langfristig bricht Tesla eine wichtige Einnahmequelle weg: CO2-Zertifikate. In den USA und Europa zahlen Hersteller dafür, dass nicht vorhandene Emissionen bei ihnen angerechnet werden. Das geht nicht mehr lange gut. Entweder steigern die übrigen Hersteller ihren E-Auto-Anteil oder werden vom Markt verschwinden.

Das Wort "ganzheitlich" ist arg strapaziert und deswegen mag ich es nicht. Aber im Fall von Tesla trifft es zu und dürfte der Grund dafür sein, dass das Unternehmen eine Zukunft hat. Das Angebot der Elektroautos vom Sportwagen bis zur Zugmaschine (Semi), das Ladenetzwerk, die stationären Speicher (Powerwall, Powerpack) sowie die Solarzellen fürs Dach bilden ein rundes Paket. Es schließt den Kreislauf nachhaltiger Mobilität. In dieser Form bietet das kein Konkurrent an.


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