Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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Führerschein: Weniger Willkür?

Der Prüfer hat eine elektronisches Prüfprotokoll auf einem Tablet-PC dabei.

"Meine Prüfung war überraschend einfach", schreibt Linnja in einem Onlineforum, "Autobahn wäre vermutlich schon allein von der Zeit nicht gegangen, weil ich als einzige Prüfung hatte und die nächste Autobahn ein Stück weit weg ist. Zum Glück musste ich auch nicht rückwärts parallel zum Bordstein einparken, wovor ich vorher ein bisschen Angst hatte." Gut für Linnja, dass sie ihren Führerschein bereits hat. Denn ab dem 1. Januar 2021 verlängert sich die praktische Fahrerlaubnisprüfung um fünf Minuten. Damit hätte sie es vielleicht bis zur Autobahnauffahrt geschafft.

Statt mit Papier und Klemmbrett sitzt der Prüfer oder die Prüferin nun mit Tablet im Auto. In einem elektronischen Prüfprotokoll arbeitet er acht Fahraufgaben ab und bewertet sie in fünf Beobachtungskategorien. Passt der Prüfling seine Geschwindigkeit im Kreisverkehr korrekt an? Wie ist das Fahrzeug beim Abbiegen auf der Fahrbahn positioniert? Wie gut beobachtet er oder sie beim Überholen den Verkehr? Am Ende ergibt sich eine Bewertung, die über das Bestehen entscheidet. "Das Tablet wird aber nicht zum Maß aller Dinge, sondern der Sachverständige hat letztendlich die Entscheidung in seiner Hand", sagt Dieter Quentin, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände.

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Die methodischen Verbesserungen haben die Technischen Prüfstellen von TÜV und Dekra, das Institut für Prävention und Verkehrssicherheit, die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände sowie die Bundesanstalt für Straßenwesen erarbeitet. Die Aufgaben und Beobachtungskriterien im elektronischen Prüfprotokoll wurden vorab in 9.000 praktischen Fahrprüfungen getestet. Sie sollen möglichst alle Situationen im Straßenverkehr abdecken.

Prüfungen sollen transparenter werden

Aber auch mit den neuen Regeln wird nicht jede Prüfung gleich ablaufen, dazu sind die Umgebungen zu unterschiedlich. "Es gibt ländliche Räume, da schaffen Sie es in der Prüfzeit nicht zu einer Autobahn und zurück. Hier muss der Prüfer eine vergleichbare Verkehrssituation finden", sagt Quentin.

Die Optimierte Praktische Fahrerlaubnisprüfung (OPFEP) soll in erster Linie mehr Transparenz schaffen. Zwar war der Aufgabenkatalog einer Fahrprüfung bereits zuvor bundeseinheitlich geregelt, doch Führerscheinbesitzer berichten - wie Linnja - von sehr unterschiedlichen Erfahrungen. "Die OPFEP gibt den Fahrprüferinnen und -prüfern exakte Kriterien an die Hand, mit denen sie die Ausführung der Fahraufgaben beurteilen können", sagt Dirk Stenkamp, Präsident des TÜV-Verbands und CEO des TÜV Nord. "Mit dem digitalen Prüfprotokoll erleichtern wir den Prüfern die objektive Einschätzung der Fahrleistung und schaffen gleichzeitig mehr Transparenz für die Prüflinge."

Nach der Prüffahrt erhält der Fahrschüler oder die Fahrschülerin eine schriftliche Auswertung. Damit wissen sie, was sie noch üben müssen - sei es nach einer nicht bestandenen Prüfung mit dem Fahrlehrer oder nach Bestehen auf eigene Verantwortung. Quentin sagt, man habe sich dabei der jungen Zielgruppe angepasst, auf einfache Sprache und Visualisierungen statt langer Texte gesetzt. Neu ist auch, dass nach der praktischen Prüfung ein fünfminütiges Feedbackgespräch vorgeschrieben ist. Insgesamt erhöht sich die Dauer einer Prüfung damit von 45 auf 55 Minuten. Die längere Arbeitszeit des Prüfers schlägt sich im neuen Preis nieder. Der steigt von rund 90 Euro auf 117 Euro.

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