Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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Mit Ladesäulen verdient man kein Geld

Fastned Ladesäulen am Ladepark am Autobahnkreuz Hilden

Das Neanderthal-Museum ist nur fünf Kilometer entfernt. Ansonsten ist das Autobahnkreuz Hilden in Nordrhein-Westfalen kein attraktives Reiseziel. Doch am Schnittpunkt der A46 und A3 manifestiert sich die Zukunft der Mobilität. Unter mehreren Holzkonstruktionen mit Solarzellen auf den Dächern stehen Schnellladesäulen für Elektroautos. An diesem Donnerstag öffnet Deutschlands größter Ladepark, ein gemeinsames Projekt des Elektrowagenherstellers Tesla, der Café-Bistro-Bäckerei Seed & Greet des deutschen Bäckers und E-Auto-Fans Roland Schüren und des niederländischen Anbieters von Schnelllade-Infrastruktur Fastned.

Tesla bietet seinen Kunden zunächst zwanzig Schnelllader. Hilden ist einer der ersten Standorte mit der dritten Generation Supercharger. Mit bis zu 250 Kilowatt fließt Strom etwa in die aktuell verfügbaren Model 3. In fünf Minuten sind 120 km Reichweite nachgeladen. In einem weiteren Bauabschnitt verdoppelt Tesla die Zahl der Supercharger auf 40.

Das niederländische Unternehmen Fastned startet mit weiteren 300 Kilowatt starken Schnellladern. So viel kann zwar derzeit noch kein Elektroauto auf dem Markt nutzen, doch hier wird für morgen gebaut. Aus den aktuell acht Ladeplätzen kann Fastned schnell 22 machen. "Das ist wie im Supermarkt, wenn bei Bedarf mehr Kassen öffnen", sagt Michiel Langezaal, CEO und Mitgründer von Fastned. Zum Angebot der Schnelllader kommen noch etliche Standard-Ladesäulen hinzu, die mit Wechselstrom betrieben werden. Die lässt der Initiator des Ladeparks für die Mieterinnen und Mieter eines geplanten Bürogebäudes installieren. Während der Arbeitszeit ist die längere Ladezeit kein Problem.

Immer noch zu wenig Nutzer

Der Initiator des Ladeparks ist der Bäcker Roland Schüren. Er betreibt 20 Filialen in der Region. Mit dem Thema Laden hat er viel Erfahrung. An seiner Backstube, die nur drei Kilometer entfernt ist, betreibt er den bislang größten Ladepark mit 21 Säulen. Sein Bäckerei-Fuhrpark fährt elektrisch, die Energie erzeugen Solarzellen.

Auch am neuen Ladepark an der Autobahn sind Fotovoltaikzellen im Einsatz. Hinzu kommen zwei Klein-Windkraftanlagen. Allerdings muss der Großteil des benötigten Ökostroms zugekauft werden. Hier beginnt das Dilemma der Ladesäulenbetreiber: Niemand verdient mit dem Verkauf von Ladestrom Geld. Das Gegenteil ist nämlich der Fall, bisher ist das Ganze ein Verlustgeschäft. Dabei legen die E-Auto-Zulassungen laut Kraftfahrtbundesamt kräftig zu. Im September wurden rund 21.200 Elektroautos angemeldet. Ein neuer Rekord und 260 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Bei den Plug-in-Hybriden ist es ein Plus von 464 Prozent. Insgesamt sind in Deutschland rund 423.000 Autos beider Antriebsarten zugelassen. Die öffentliche Ladeinfrastruktur ist laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) auf 440.000 Fahrzeuge ausgelegt. Es muss also weiter investiert werden.

Kilowattstunde müsste über einen Euro kosten

Tesla muss die Kosten für seine Supercharger über den Fahrzeugverkauf decken. Ein Grund, warum das US-Unternehmen so lange rote Zahlen schrieb. Das börsennotierte Unternehmen Fastned mag keine genauen Zahlen nennen, nur so viel: Die Kilowattstunde läge aktuell deutlich über einem Euro, um die Kosten zu decken. Die Kunden zahlen aber nur 0,54 Euro pro Kilowattstunde und sogar nur 0,34 Euro, wenn sie eine monatliche Grundgebühr von rund 11,70 Euro entrichten. Fastned betreibt 124 Standorte, davon 17 in Deutschland. Das Ziel sind 1.000 Standorte im Zentrum Europas. "Wir sind das erste Unternehmen der Welt, das zeigen will, dass Schnellladen ein Geschäft ist", sagt Langezaal selbstbewusst. Mit einem Partner hat er das Unternehmen 2012 gegründet und beschäftigt heute rund 65 Mitarbeiter. Derzeit liegt die Auslastung der Ladepunkte bei rund zehn Prozent.

Stromkonzerne dominieren

Mit dem Geschäftszweck Schnellladen ist Fastned ein Exot im Markt. In Deutschland werden drei Viertel der öffentlichen Ladeinfrastruktur von Unternehmen der Energiewirtschaft gestellt. Es sind vor allem Stadtwerke, aber auch die großen Energiekonzerne wie E.ON und EnBW. Lediglich Ionity, ein Tochterunternehmen mehrerer Autohersteller, ist in Deutschland reiner Ladeanbieter. Die Firma veränderte bereits vor einigen Monaten den Preis: Wer keine vergünstigte Ladekarte eines der Gesellschafter besitzt, zahlt 0,77 Euro pro Kilowattstunde. Ein mutiger Schritt, denn laut BDEW finden 85 Prozent aller Ladevorgänge zu Hause oder am Arbeitsplatz statt. Das sind in der Regel langsame Wechselstromanschlüsse, doch die Kilowattstunde kostet hier nur rund 0,30 Euro.

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