Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

7 Abos und 1 Abonnent
Artikel

Hyundai: Ein Besuch im tschechischen Grünheide

Mit dem Kona Elektro ins Werk nach Nosovice

Zwei Hyundai-Mitarbeiter lehnen entspannt am Geländer ihrer Arbeitsplattform drei Meter über dem Hallenboden. An einer Schiene hängend ziehen Autos mit Verbrennungsmotoren an ihnen vorbei. Sobald aber ein Kona Elektro an der Reihe ist, setzen sich die beiden in Bewegung. Von unten drückt eine Hebebühne den 450 Kilogramm schweren Akku in den Fahrzeugboden. Jetzt haben die Männer 105 Sekunden Zeit, um ein Dutzend Schrauben mit ihren hydraulischen Werkzeugen zu fixieren und den Akku anzuschließen. Da dieser bereits zur Hälfte mit Energie geladen ist, tragen die Männer speziell isolierte Handschuhe.

Während andere große Automarken ihre Produktion in Europa wegen der Ausbreitung des Corona-Virus pausieren, läuft die Fertigung in Nosovice noch. "Ändert sich die Lage im Land, werden wir spontan reagieren", sagt eine Hyundai-Sprecherin.

In dem Werk werden sämtliche Fahrzeuge auf einer Fertigungslinie gebaut. Das sind vor allem der SUV Tucson sowie diverse i30-Varianten. Seit Anfang März läuft auch der Kona Elektro vom Band. Dazu wurde die Fertigungsstraße um 15 Meter erweitert, im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Montagebühne für die Akkus. Da 85 Prozent der Kunden den großen Energiespeicher (64 Kilowattstunden, kWh) mit dem stärkeren Motor (150 Kilowatt, kW) bestellen, wird ausschließlich diese Variante in Tschechien gefertigt. Bestellen europäische Kunden den kleinen Akku (39,2 kWh), kommt der Wagen weiterhin aus dem koreanischen Werk in Ulsan.

Kürzere Lieferzeiten und kleinerer CO2-Fußabdruck

"Mit diesem Schritt wollen wir die Lieferzeit deutlich verkürzen", sagte Jürgen Keller, Geschäftsführer von Hyundai Motor Deutschland im Gespräch mit Golem.de. Mit der Fertigung in Europa verdreifacht Hyundai die Produktionskapazität für den Kona Elektro. Zusätzlich senkt es den CO2-Fußabdruck, mit dem das Auto in den Markt startet. Innerhalb Europas sind es kurze Transportwege zwischen Zulieferern, Fertigung und Kunden.

Das Hyundai-Werk in Nosovice ist seit zwölf Jahren in Betrieb und ist somit eine der modernsten Autofabriken in Europa. (Bild: Dirk Kunde)

Evangelisch-Lutherisches Landeskirchenamt Sachsens, Dresden über experteer GmbH, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart

Während in Südkorea die Batteriezellen von LG Chem stammen, setzt man in Europa auf SK Innovation. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz ebenfalls in Korea. Doch die Zellen liefert es aus dem 300 Kilometer entfernten Werk im ungarischen Komárom nach Nosovice. Auf dem 200 Hektar großen Gelände von Hyundai Motor Manufacturing Czech (HMMC) hat auch der Zulieferer Mobis seinen Sitz. Die Hyundai-Tochter montiert die Zellen zusammen mit einem Kühlsystem in Module beziehungsweise Batterie-Packs. Die fertigen Akkus lagern in speziellen Gestellen in einer Hyundai-Halle. Wärmebild-Kameras überwachen diesen Raum. Autonome Transportfahrzeuge holen die Energiespeicher ab und bringen sie zur Montagelinie.

Von der Presse über den Karosseriebau bis zur Lackiererei sind die meisten Arbeitsschritte automatisiert. Rund 350 Roboter heben, kleben und schweißen Teile in den Werkshallen. Die meisten der 3.300 Angestellten arbeiten in der Endmontage. Gefertigt wird im Drei-Schicht-Betrieb von Montag bis Freitag. Das Wochenende ist für Reinigung und Instandhaltung reserviert. HMMC ist die einzige Hyundai-Fertigung innerhalb der Europäischen Union. Nosovice ist lediglich ein Dorf. Der nächste größere Ort heißt Frýdek-Místek und hat rund 55.000 Einwohner. Aus den Kantinenfenstern des Werks hat man einen beeindruckenden Blick auf die Berge. Von hier ist es nicht weit bis zur polnischen sowie zur slowakischen Grenze.

Zum Original