Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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Artikel

10 Argumente gegen Elektroautos – oder doch noch?

Schnelladen an einer öffentlichen Ladesäule an der Autobahn

Natürlich geht es mir NICHT um eine Argumentation gegen Elektroautos. Die Überschrift ist purer Clickbait, denn ich möchte mit den zehn Argumenten Menschen erreichen, die Elektromobilität kritisch gegenüberstehen. Darum habe ich die zehn beliebtesten Totschlag-Argumente zusammengestellt, die mir immer wieder in Kommentaren meines YouTube-Kanals begegnen.

Ich will Bedenken gegen neue Antriebsform gar nicht vom Tisch wischen. Es sind teilweise begründete Sorgen und man sollte sachlich darüber diskutieren. Für die meisten Probleme sehe ich Lösungsansätze. Und man sollte nicht vergessen: Kein Bereich der Industrie entwickelt sich derzeit so rasant wie der Mobilitätssektor. Innerhalb weniger Jahre werden wir bei Batteriefertigung, Ladetechnik als auch Energiegewinnung enorme technische Sprünge erleben. Beim Rest gilt mein vereinfachender Lieblingssätze: „ Die Lösung liegt in ein paar Zeilen Code!"

Noch ein Wort zur Begrifflichkeit: Natürlich nutzen Elektroautos Akkumulatoren (Akkus) als Energiespeicher und keine Batterien. Doch im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich die Batterie nun mal durchgesetzt. Es ist eben wie mit Schraubenziehern und Schraubendrehern, Glühbirnen und Glühlampen.


1. Wenn alle gleichzeitig laden, geht bei mir in der Straße das Licht aus

Die Lösung steckt in Software und nennt sich Lade- und Energiemanagement. Dabei kommunizieren Auto- und Ladeanschluss (Wallbox) miteinander. Die im Haus zur Verfügung stehende Energiemenge wird gleichmäßig über alle Fahrzeug und die Zeit - vor allem die Nachtstunden verteilt. Man kann aber auch einzelne Fahrzeugen Priorität bei Laden einräumen, wenn die früher wieder auf die Straße müssen. Mit einem Lademanagement vermeidet man Lastspitzen, also das plötzliche Ansteigen der Stromabnahme aus dem Netz. Es gibt bereits erste Modellversuche bei denen Netzbetreiber Elektromobilisten für ihre Flexibilität bezahlen, weil es den notwendigem Netzausbau reduziert. Wie so ein Lade- und Energiemanagement bei einer Fahrzeugflotte funktioniert, habe ich mal am Beispiel des ASB München gefilmt.


2. Die Rohstoffe für die Batterien verursachen Umweltschäden und werden von Kindern abgebaut

BMW wirbt damit, dass keine Seltenen Erden in Elektromotoren verbaut werden. Warum schreibe ich das beim Punkt über Batterien? Weil ich immer wieder lese, Batterien enthalten Seltene Erden. Doch das stimmt nicht. Kritisch in Batterien ist beispielsweise Kobalt. Große Mengen stammen aus dem Kongo und werden dort unter z.T. menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut. Tesla hat im Laufe der Zeit den Kobalt-Anteil in seinen Batterien auf 2,8 Prozent reduziert (minus 60 Prozent). Mittelfristig wollen Tesla und Panasonic komplett auf Kobalt verzichten.


Verzicht ist nicht die Lösung

Doch der Verzicht auf dieses Metall ist nicht die Lösung. Es geht um soziale, humanitäre und wirtschaftliche Lösungen. Angenommen niemand bezieht mehr Kobalt aus den umstrittenen Minen im Kongo. Was hilft das den dort beschäftigten Menschen, die z.T. noch im Kindesalter sind? Gehen sie dann morgen zur Schule, weil die Mine geschlossen wird? Vermutlich nicht.


Menschenwürdige Bedingungen schaffen

Handel hilft beiden Seiten. Natürlich darf man diese Rohstoffe abbauen. Wichtig ist nur, dass es unter menschenwürdigen Bedingungen erfolgt und dass Sicherheits-, Arbeits- und Umweltschutzvorschriften - wie wir sie kennen - eingehalten werden. Das funktioniert aber nur über wirtschaftlichen bzw. politischen Druck. Die Besitzer der Minen müssen angehalten werden, Steuern an den Staat abzuführen, der damit wiederum Schulen finanziert. Doch ist das in einem Land schwierig, das sich zwar Demokratische Republik Kongo nennt, aber auf dem Demokratieindex der britischen Zeitschrift The Economist (2016) Platz 143 von 167 Ländern belegt. Hier ist die Politik bzw. Entwicklungshilfe gefragt.

Die Autohersteller zeigen nicht einfach nur mit dem Finger auf Politiker. Es gibt etliche Beispiele, bei denen Hersteller mit humanitären Projekten die Lebens- und Arbeitsbedingungen im Kongo verbessern.


Lithiumabbau ökologisch gestalten

Natürlich werden auch beim Abbau von Lithiumkarbonat in Südamerika Umweltschäden verursacht. Aber es gibt Lösungsansätze: Das deutsche Unternehmen K-Utec will in Chile statt kostbarem Grundwasser auf Meerwasser aus dem Pazifik setzen. Solarthermie soll Strom für die Verarbeitung der Rohstoffe liefern. Mit ihrem Ingenieur-Wissen aus dem deutschen Bergbau soll mittelfristig ein ökologischer Lithiumabbau in den südamerikanischen Ländern aufgebaut werden.


3. Ein Diesel-Auto stößt weniger CO2 aus als ein Elektroauto

Diese Überschrift verwendeten Tageszeitungen von Flensburg bis Garmisch, um über die Ergebnisse einer Studie des renomierten ifo Instituts zu berichten. Die Journalisten übernahmen die Agenturmeldung gern, da der ehemalige ifo Präsident Hans-Werner Sinn als Absender fungierte. Der Ökonom mit dem markanten Bart war schon Gast in jeder deutschen Talkshow, quasi ein anerkannter Experte. Aber vermutlich hat der emeritiere Professor nur wenig zur Studie beigetragen. Physik-Professor Christoph Buchal und Energieforscher Hans-Dieter Karl dürften die Fakten aus unterschiedlichen Quellen zusammengetragen haben. Dabei sind ihnen einige Fehler unterlaufen, die ihnen hier, hier und hier medialen Gegenwind einbrachten. Schade ist, dass bei der Mehrheit der Deutschen die oben genannte Schlagzeile hängen bleibt. Und nur die. Die Widerlegung und die detaillierte Auseinandersetzung mit den zitierten Zahlen ist eben mühsam. Aber wagen wir es...


Kraftstoff mit einem Bauteil vergleichen

Im direkten Vergleich zwischen dem Model 3 von Tesla und dem Mercedes C 220d berechnen die Forscher den CO2-Ausstoß beim Fahren mit dem Verbrenner als auch den Wert vom Bohrloch bis in den Tank. So weit, so seriös. Doch beim Elektroauto berechnen sie noch die CO2-Werte für die Batterieherstellung dazu. Hier beginnt der Apfel-Birnen-Vergleich, da hier Kraftstoff mit Kraftstoff plus Bauteil verglichen wird. Dann müssen beim Mercedes noch die CO2-Werte für die Herstellung von Motor samt Abgasanlage noch hinzuaddiert werden.

Gleiches gilt beim Flottenverbrauch. Bei den EU-Vorgaben von durchschnittlich 59 Gramm CO2 pro Kilomater ab 2030 soll bei E-Autos der CO2-Wert für die Batterieherstellung eingerechnet werden. Kann man machen. Aber dann muss auch der CO2-Wert für Bauteile beim Verbrenner eingerechnet werden. Außerdem ignorieren die Autoren, dass eine Elektroautobatterie ein „zweites Leben" als stationärer Energiespeicher vor sich hat, nach dem sie aus dem Elektroauto ausgebaut wurde. Eigentlich haben Batterien sogar drei Leben. Nach der Zeit als Energiespeicher gehen sie ins Recycling (siehe Punkt 5). Bei fünfstelligen Euro-Preisen für eine Tonne Kobalt oder Nickel ist die Wiederverwertung nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch überaus sinnvoll.


Die Schweden-Studie herangezogen

Die Autoren der ifo-Studie beziehen sich u.a. auf die Arbeit von Mia Romare und Lisbeth Dahllöf aus dem Jahr 2017. Deren Arbeit hat in den Medien als „ Schweden-Studie" traurige Berühmtheit erlangt, weil Journalisten die Berichterstattung mit der Aussage versahen: Die Herstellung einer Elektroauto-Batterie verursache den Ausstoß von 17 Tonnen Kohlendioxid (CO2). Diese Zahl taucht in der Meta-Studie an keiner Stelle auf. Es ist eine Studie, die wiederrum andere Studien auswertet. Das führt dazu, dass die Angaben zum Strommix und Energieverbrauch in der Batterieherstellung veraltet sind. Zudem gehen die Autor von Worst-Case-Szenarien aus. In einem sich schnell weiter entwickelnden Umfeld, hat eine derartige Meta-Studie eben auch ein „Haltbarkeitsdatum". Sich immer wieder auf diese veralteten Zahlen zu berufen, hilft nicht weiter. Die Kollegen von Edison haben den Fall gut aufgedröselt.


Ökostrom zählt nicht

Wer bei sich zuhause einen Ökostrom-Tarif für seinen Strom abgeschlossen hat, ist für den Austoss von 0,55 Kilogramm CO2 pro kWh verantwortlich. Eben auch, wenn er nur Strom aus Wind, Wasser, Sonne oder Biomasse bezieht. So sehen das jedenfalls die Autoren der ifo-Studie.

Man müsse beim Fahren eines Elektroautos den deutschen Durchschnitt von eben 0,55 kg CO2 ansetzen. Da werden sich die Menschen mit einem Ökostrom-Tarif in der Garage oder einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach freuen. Auch alle mir bekannten Betreiber von öffentlichen Ladesäulen werben mit grünem Strom. Das werden sie über Zertifikate abgesichert haben. Es mag zwar physikalisch so sein, dass beim Laden der Batterie Kohlestrom fließt, doch der Ladesäulenbetreiber hat dafür bezahlt, dass an anderer Stelle die gleiche Menge aus erneuerbarer Energie erzeugt wird. Ergo: Je mehr Elektroautos fahren und an öffentlichen Ladesäulen laden, desto mehr Ökostrom wird produziert. Es steigt der Druck auf die Energiewirtschaft. Außerdem hat ein Elektroauto mit Kohlestrom ökologisch immer noch Vorteile gegenüber der gleichen Anzahl Autos mit Verbrennungsmotor (siehe Punkt 6).


Lieferkette und Produktion CO2-frei gestalten

Das Thema CO2 in der Herstellung haben auch die Autofirmen erkannt. Volkswagen geht so weit, die gesamte Lieferkette und Produktion CO2-frei zu gestalten. Dabei werden sie auch entsprechenden Druck auf Zulieferer ausüben. Das gilt also für den Rohstoff-Einkauf der Batterien (siehe Punkt 2) und die Herstellung der Energiespeicher.

Auf die Lebenszeit berechnet, ist ein Elektroauto (BEV) bei CO2-Emissionen im Vorteil (c) VW

45 versus 95 Prozent Wirkungsgrad

Lösen wir uns für einen Moment von Grammwerten pro Kilometer und betrachten die Kraftstoffe. Im Verbrenner muss flüssiger Diesel oder Benzin in einem gasförmigen Luft-Gemisch zur Explosion gebracht werden. Aus Wärmeenergie wird Bewegungsenergie - ganz schön umständlich. Das macht sich auch im Wirkungsgrad bemerkbar: Der liegt beim Ottomotor bei maximal 35 Prozent und beim Diesel-Motor bei maximal 45 Prozent (Tank-to-Wheel). Im Elektroauto, in dem elektrische Energie direkt den Elektromotor antreibt, liegt der Wirkungsgrad bei rund 95 Prozent (Well-to-Wheel).


Verbrennung erzeugt immer CO2

Die Quintessenz lautet doch: Benzin und Diesel werden immer - vom Bohrloch bis zum Verbrennen im Motor - für klimaschädliche Emissionen verantwortlich sein. Das Ausgangsprodukt Öl können wir nicht herstellen. Strom können wir herstellen und es spricht auch nichts dagegen, dies ausschließlich aus erneuerbaren Quellen zu tun.

Keine Studie ohne Gegen-Studie: Darum empfehle ich die Klimabilanz von Elektroautos. Die Untersuchung stammt vom Think-Tank Agora Verkehrswende sowie dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH (ifeu). In der Zusammenfassung heißt es: „ In allen untersuchten Fällen hat das Elektroauto einen Klimavorteil gegenüber dem Verbrenner „.

4. Wir haben nicht genug Strom, damit alle elektrisch fahren können

Würden alle 47,1 Millionen zugelassenen Pkw in Deutschland elektrisch fahren, würde die produzierte Strommenge nicht ausreichen, lautet ein beliebtes Vorurteil. Doch rechnen wir das mal durch:

Bei 47,1 Millionen zugelassenen Pkws, die durchschnittlich 14.000 km pro Jahr fahren (Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes) und einem Verbrauch von 20 Kilowattstunden pro 100 km, ergibt sich folgender Strombedarf, bei dem ich Ladeverluste einmal außer acht lasse:

47,1 Mio. Fahrzeuge * 0,2 kWh/km * 14.000 km = 131,9 Terawattstunden Terawattsunde (TWh) = eine Billion Wattstunden

Unser Exportsaldo, also der Überschuss aus Strom-Exporten minus Importen, beträgt 52,4 TWh (2017). Wenn wir diesen Strom nicht exportieren, müssen nur noch 79,5 der 131,9 benötigten TWh zusätzlich erzeugen. Das ist eine Steigerung von 15 Prozent, bezogen auf die heutige Stromerzeugung in Höhe von 541 TWh (siehe Punkt 6). Die große Frage lautet: In welcher Zeit wollen wir das schaffen? Bis alle Pkw in Deutschland elektrisch fahren, dürften schätzungsweise 20 bis 25 Jahre vergehen.

Im Zeitraum von 1990 bis 2017 haben wir in Deutschland eine Steigerung der produzierten Strommenge von 19 Prozent geschafft - ohne große Not. Das ist also machbar. Und das sagen selbst die Netzbetreiber: Eon beispielsweise sieht kein Problem für sein Stromnetz. Die Kosten seien kalkulierbar und bis 2045 sei eine komplette Umstellung auf Elektroautos möglich.


Mehr Elektroautos - weniger Stromverbrauch

Je mehr Elektroautos auf den Straßen unterwegs sind, desto weniger Strom benötigt die „alte" Autoindustrie: Öl-Förderung als auch Raffinieren benötigen Strom. Hier ist oft die Rede vom „grauen Strom". Jeder Liter Diesel verbraucht vom Bohrloch über die Raffinerie bis zur Tankstelle sieben Kilowattstunden Strom. Auch für die Herstellung von Nebenprodukten wie Schmieröl oder AdBlue wird Strom benötigt. Hinzu kommen Autowerkstätten und Tankstellen. Noch gibt es 14.000 klassische Tankstellen in Deutschland. Jede verbraucht pro Jahr durchschnittlich 200.000 kWh Strom. Außerdem wird der technische Fortschritt den Durchschnittsverbrauch von Elektroautos zukünftig sinken lassen.

Können wir genug Strom für Elektroautos produzieren? (c) Dirk Kunde

Ökostrom ist preislich konkurrenzfähig

Deutschland hat in Europa den höchsten Strompreis. Als Grund wird immer der Strom aus erneuerbaren Quellen genannt. Doch die sind längst wirtschaftlich konkurrenzfähig. Was den Strom so teuer macht, ist nicht die Herstellung, sondern Nebenkosten wie Durchleitungsentgelte und regulatorische Abgaben (EEG).

Neu errichtete Photovoltaik-Anlagen und Onshore-Windenergieanlagen an günstigen Standorten sind bereits heute günstiger als fossile Kraftwerke. Dr. Christoph Kost, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

Laut dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme werden bis zum Jahr 2035 Photovoltaik-Freiflächenanlagen in Süddeutschland sowie Windenergieanlagen an windreichen Standorten (Onshore) die durchschnittlichen Stromkosten aller fossilen Kraftwerke deutlich unterbieten. Laut den Forschern fallen ab 2030 die Herstellungskosten bei PV-Anlagen unter 4,7 Cent für eine Kilowattstunde für Aufdachanlagen und 2,41 Cent pro kWh für Freiflächenanlagen. Windkraftanlagen im Meer (Offshore) haben ein noch stärkeres Kostenreduktionspotenzial durch technischen Fortschritt sowie einer Steigerung der Volllaststunden. Bis 2035 werden sie je nach Standort und Windangebot mit 5,67 bis 10,07 Cent/kWh zu konkurrenzfähigen Preisen produzieren.

Bis zum Jahr 2050 könnten Wind, Sonne und andere erneuerbare Quellen bis zu 86 Prozent des weltweiten Energiebedarfs decken, so eine Untersuchung der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (Irena). Das gelte auch, wenn im gleichen Zeitraum die Stromnachfrage deutlich steige, etwa durch eine höhere Verbreitung von Elektroautos.

Windräder in den Niederlanden (c) Dirk Kunde

5. Wo sollen die vielen Lithium-Ionen-Batterien später hin?

Eine Lithium-Ionen-Batterie versieht im Idealfall acht bis zehn Jahre ihren Dienst im Elektroauto. Geht sie vorher kaputt oder sinkt unter eine bestimmt Ladekapazität (meist 85 Prozent), kann sie der Autohersteller austauschen. Das ist in der Regel ein Garantiefall. Aber auch außerhalb von Garantiezeiten kann man den Energiespeicher eines E-Autos tauschen. Das Auto ist nicht wertlos, wenn die Batterie schlapp macht.


Ein zweites Leben als Energiespeicher

Die ausgebauten Batterien erwartet ein zweites Leben (Second Life). Ihre Kapazität ist immer noch ausreichend für die sehr gleichmäßigen Ladezyklen in stationären Energiespeichern. Sie speichern beispielsweise tagsüber die Energie aus Photovoltaik-Zellen auf dem Dach und geben nach Sonnenuntergang den Strom ab, um Herd, Waschmaschine, Fernseher und Licht zu betreiben. Das funktioniert in Privathäusern als auch großen Gewerbegebäuden (zum Beispiel in der Amsterdam Arena, wo Batterien aus Nissan Leafs im Einsatz sind). Zu den Anbietern stationärer Energiespeicher zählen unter anderem Tesla, Sonnen als auch Powervault, die Batterien aus dem Renault Zoe nutzen.

Recycling von Batterien

Nach dem Einsatz als stationäre Energiespeicher werden Lithium-Ionen-Batterien an ihrem „Lebensende" recycelt. In den Elektroden stecken wertvolle Rohstoffe wie Nickel und Kobalt. Aber auch die übrigen Materialien Aluminium, Mangan, Kupfer, Lithium, Graphit und der flüssige Elektrolyt können wieder verwendet werden. In der Politik gibt es Überlegungen, einen Mindestanteil an Rezyklat, also aufbereiteten Rohstoffen, bei der Batterieherstellung vorzuschreiben (Seite 4, Punkt 7).


Das Video zeigt meinen Besuch bei Duesenfeld in Wendeburg bei Braunschweig. Das Unternehmen hat ein neues Recycling-Verfahren entwickelt, bei dem die Module dort geschreddert, wo sie gesammelt werden. Damit entfallen Gefahrguttransporte, bei denen sich der Elektrolyt entzünden könnte. Gründer Christian Hanisch geht davon aus, dass bei Verwendung recyclter Rohstoffe der CO2-Fußabdruck einer neuen E-Auto-Batterie um bis zu 40 Prozent gesenkt werden könnte. In seinem Betrieb werden 96 Prozent eines Batterie-Moduls stofflich wiederverwertet.

Batterie-Recycling bei Duesenfeld in Wendeburg (c) Duesenfeld / Wolfram Schroll

6. Der Auspuff eines Elektroautos steht nur woanders

Das klimaschädliche CO2 entweicht beim Elektroauto nicht am Auspuff, sondern aus den Schornsteinen der Kohlekraftwerke. Ja, da ist etwas dran. Und dennoch bietet das Elektroauto selbst mit Kohlestrom Vorteile: In Wohnvierteln und in Innenstädten ist die Luft durch E-Autos besser. Es gibt weniger Abgase- als auch Lärmbelästigung in dicht besiedelten Gebieten.


Ein großer Filter versus Hundertausende

Ein Kohlekraftwerk mit einem großen stationären Filter im Schornstein und einer effektiven Nutzung der anfallenden Wärme (Kraft-Wärme-Kopplung), ist allemal effizienter als die vielen kleinen Filter (Katalysatoren) in Autos mit Verbrennungsmotor. Beim Diesel ist die Beigabe von AdBlue bekanntermaßen bei etlichen Herstellern zu gering kalkuliert und die Abgasreinigung schaltet sich alle Nase lang aus (Ausgangspunkt des VW-Dieselskandals). Zudem verpufft die Wärme eines Verbrennungsmotors weitestgehend ungenutzt - bis auf die Heizleistung in kalten Monaten.


Kohlestrom ist klimaneutral

Rein faktisch ist das Fahren mit Kohlestrom sogar klimaneutral. Hört sich verrückt an, ist aber Dank EUA so. Das steht für European Emission Allowances. Betreiber von Kohlekraftwerken müssen Verschmutzungszertifiktate für CO2 (EUA) innerhalb der EU kaufen. Die Menge der erlaubten CO2-Menge ist gedeckelt und wird im Laufe der Zeit von der EU reduziert. Für jedes zusätzliches Kilowatt aus Kohle muss der Betreiber also Zertifikate kaufen. Bedeutet: Beim Verkäufer der Zertifikate wird die gleiche Menge CO2 eingespart. Also: klimaneutral. Oder: Der Preise für die Zertifikate steigt durch die Nachfrage so sehr, dass es wirtschaftlich für den Kraftwerksbetreiber lohnt, in alternative Produktionsmethoden (Wind, Sonne, Biomasse, Wasser) zu investieren. Dafür benötigt er auch keine Zertifikate.

Somit fahren Elektroautos mit Kohlestrom umweltschonender als Benzin- und Diesel-Verbrenner. Zum einen weil eine zentrale Emissions-Reinigung effizienter funktioniert. Zum anderen weil die Hersteller von Benzin und Diesel nicht am CO2-Zertifikat-Handel teilnehmen und somit jedes zusätzliche Verbrennerfahrzeug auch zusätzliche Mengen CO2 ausstößt. Doch das Thema Kohlestrom sollte endlich sein, da wir uns in Deutschland für den Kohleausstieg entschieden haben.


53,5 Prozent CO2-freier Strom in Deutschland

In Deutschland liegt der Stromanteil aus erneuerbaren Quellen im Jahr 2018 bei 40,2 Prozent. Für eine Industrienation wie Deutschland finde ich das eine beeindruckende Quote. Rechnet man noch die CO2-freie Kernenergie hinzu, werden 53,5 Prozent unseres Stroms ohne Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) produziert. Gut, die Kernenergie fällt in Deutschland nach dem Atomausstieg weg. Darum heißt es im aktuellen Koalitionsvertrag: „...streben wir einen Anteil von etwa 65 Prozent Erneuerbarer Energien bis 2030 an."

Strommix in Deutschland im Jahr 2018: 53,3 % entstehen CO2-frei

Und natürlich kann man für das Laden zu Hause einen Ökostrom-Tarif abschließen. Die Betreiber der öffentlichen Ladesäulen kaufen in der Regel ebenfalls TÜV-zertifizierten Strom aus regenerativen Quellen ein. Somit fahren schon heute viele Elektroautos komplett emissionsfrei.


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