Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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CES 2019: Überrollt von Autos

Bosch zeigt auf der CES 2019 in Las Vegas eine People Mover Studie

Noch vor der eigentlichen Eröffnung der Elektronikesse CES in Las Vegas haben einige große Unternehmen Medienvertretern ihre Neuheiten präsentiert. Neben dem deutschen Zulieferer Schaeffler gehört auch Byton zu den wenigen Auserwählten. Das chinesische Startup hatte im vergangenen Jahr eine viel beachtete Premiere mit seinem M-Byte-Konzept. Nun zeigen die beiden deutschen Chefs zwölf Monate später die Serienversion des SUV.

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Auch Nvidia gehört zu den ersten Präsentatoren. Doch dem Konzern geht es neben Grafikchips vor allem um sein Fahrsystem Drive, das Autoherstellern eine Datenverarbeitung für Level-2+-Autonomie ermöglicht. Autonomes Fahren ist fast schon ein alter Hut für die Besucher in Las Vegas.

Das gemeinsame Thema aller Autohersteller ist in diesem Jahr das Human Machine Interface (HMI), also die Frage, wie die Insassen ein Auto bedienen. Byton setzt neben Sprache und Gesten noch auf Gesichtserkennung, Touchscreens und einige feste Knöpfe. Nissan hat sein Konzept Invisible to Visible getauft. Funktionen und Daten erscheinen nur, wenn Fahrer oder Insassen sie benötigen.

BMW zeigt seine Vision des iNext. Im Zentrum steht etwas, das Projektmanager Olivier Pitrat "Shy Technology" nennt. "Man soll die Bedienungselemente möglichst gar nicht mehr wahrnehmen, wenn sie nicht gebraucht werden", sagt der BMW-Manager. Er zeichnet mit einem Finger eine Note auf die stoffbezogene Rückbank und die Musikwiedergabe startet. Ein Beamer im Dach projiziert Inhalte auf ein weißes Blatt Papier in den Händen der Passagiere oder auf die Rückseite der Vordersitze.

Trend: autonome People Mover

Während BMW seine eigene Halle auf einem Außengelände aufgebaut hat, belegen die übrigen Mobilitätsanbieter gebündelt die Nordhalle des Kongresszentrums. Ein weiterer Trend sind People Mover, Transportkapseln, die acht bis zehn Passagiere autonom und mit überschaubarer Geschwindigkeit an ihr Ziel bringen. Neben Startups wie Cepton aus dem US-Bundesstaat Kalifornien sind hier vor allem Zulieferer wie ZF, Bosch und Continental vertreten. Letztere bewegen sich auf einem schmalen Grat. Sie müssen sich von den klassischen Autoherstellern lösen, weil das Elektroauto deutlich weniger Bauteile benötigt. Andererseits wollen sie bei der E-Mobilität ihren bisherigen Abnehmern nicht allzu deutlich Konkurrenz machen. ZF und Continental setzen für die Datenverarbeitung beispielsweise auf das eingangs erwähnte Drive-System von Nvidia.

Neben BMW sind auch die deutschen Hersteller Daimler und Audi vertreten. Die Ingolstädter nehmen sehr elegant die Kurve zur Unterhaltungselektronik, dem Ursprung der Messe. In Kooperation mit Marvel zeigen sie ein VR-Spiel, das Fahrdaten des E-Tron in das Spielgeschehen einbindet. So wird den Spielern mit der VR-Brille vor den Augen nicht mehr schwindelig. Auf dem Messestand verwandelt Audi einen A8 in den wohl teuersten Kinosessel. Federung, Klimaanlage, Licht und die Motoren der Massagesitze geben haptisches Feedback zu einem Action-Film, der auf einer Leinwand vor der Limousine zu sehen ist.

Appell an den US-Präsidenten

Auch der oberste Interessenvertreter der deutschen Automobilindustrie ist angereist. Bernard Mattes, Präsident des Verbands der Automobilindustrie, betonte in seiner Rede am Stand von Schaeffler, dass die deutsche Automobilindustrie in 300 US-Werken mehr als 118.000 Angestellte beschäftige. Der Adressat seines Appells für freien und fairen Handel ist klar.

Die Haushaltssperre von Präsident Donald Trump wirkt bis nach Las Vegas: Regierungsvertreter, die auf Podien eingeplant sind, können deswegen nicht anreisen. Ihre Reisebudgets sind eingefroren.

Detroit verliert

Die Mobilitätsanbieter belassen es nicht nur bei ihren Ständen an den drei Messe-Standorten. Der Fahrdienst Lyft bietet in seiner App die Option, ein autonom fahrendes Auto zu bestellen. Zwar sitzt noch ein Fahrer am Steuer, doch der greift nur in den Hotelzufahrten zum Lenkrad. Auf den Straßen links und rechts des Strips übernehmen die Sensoren.

Las Vegas und die CES haben sich zur wichtigsten Auftaktveranstaltung eines Jahres für die Mobilitätsbranche entwickelt. Auf die Frage an Journalistenkollegen sowie Aussteller, ob sie auch auf der eine Woche später beginnenden Detroit Auto Show seien, erntet man meist ein Kopfschütteln. Ein Event-Manager berichtet, für ihn sei es seit 17 Jahren das erste Mal, dass er nicht in die Auto-Stadt reisen werde.

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