Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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Cruijff Arena: Ed Sheeran singt mit Strom aus Nissan-Leaf-Akkus

Ed Sheerans Bühne in der Cruijff-Arena

Der Raum sieht aus wie ein Rechenzentrum. Die Schränke sind auch für Rechner gemacht, doch in den Racks stecken 590 Lithium-Ionen Akkus. Das entspricht umgerechnet 148 Elektroautos vom Typ Nissan Leaf. Für 250 Akkus beginnt in der Amsterdamer Cruijff-Arena ihr zweites Leben. Die restlichen 340 Akkus sind fabrikneu. Insgesamt können sie bis zu 2,8 Megawattstunden Energie speichern. Die stammt von 4.200 Solarzellen auf dem Dach des Stadions.

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Der stellvertretende Bürgermeister von Amsterdam, Udo Kock, drückte Ende Juni den roten Knopf, um das System zu aktivieren. Am Abend spielte der britische Sänger Ed Sheeran in der Arena. Das Speichersystem könnte theoretisch eine Stunde lang den Strombedarf für das Konzert decken. Doch die Batterien sollen vor allem Lastspitzen vermeiden, sogenanntes Peak Shaving betreiben.

Das Stadion mit 54.000 Plätzen hat einen sehr unregelmäßigen Stromverbrauch. Vormittags ist er meist extrem niedrig. Dann werden die Akkus geladen oder es wird Strom an das öffentliche Netz abgegeben. Bei Fußballspielen der Heimmannschaft Ajax steigt der Bedarf sprunghaft an. Doch ist er lange nicht so hoch, wie bei Konzerten von Ed Sheeran oder anderen Künstlern.

Die Akkus speichern Solarstrom

Die Solarzellen liegen bereits seit vier Jahren auf dem Dach. Aber ohne Akkus konnten die Stadionbetreiber den Kohlendioxid-frei produzierten Strom nicht nach Sonnenuntergang nutzen. "Wir ermöglichen der Arena damit auch die Teilnahme am Regelenergiemarkt", sagt Thomas Raffeiner, Chef und Gründer von The Mobility House. Das Münchner Unternehmen hat die Server und Software beigesteuert, die den Energiefluss zwischen Solarzellen, Akkus, Inverter und öffentlichem Stromnetz steuern. Es kümmert sich auch um die Vermarktung der Energie.

Angebot und Nachfrage im öffentlichen Netz müssen sich stets die Waage halten. Ein stabiles Stromnetz bewegt sich in einem Frequenzkorridor um den Sollwert von 50 Hertz. Ist dank Wind und Sonne zu viel Strom im System, werden Anlagen abgeschaltet. Gibt es zu wenig Energie, müssen konventionelle Kraftwerke hochfahren.

Die Anbieter von Primärregelleistung müssen innerhalb von 30 Sekunden reagieren können. Sie werden für ihre Dienste von den Netzbetreibern bezahlt. Der Stadion-Speicher ist ein guter Puffer für Überschüsse sowie sauberer Lieferant bei hoher Nachfrage. "Windräder aus dem Wind zu drehen oder ein zusätzliches Kraftwerk mit fossilen Energieträgern anzuwerfen, ist nicht die Idee der Energiewende", sagt Raffeiner.

Elektroautos werden in das Netz eingebunden

In Amsterdam werden auch Elektroautos in das Speichersystem eingebunden. Der Chademo-Schnellladeanschluss des Nissan Leaf ermöglicht bidirektionales Laden. Entsprechende Ladesäulen können sowohl Energie in die Akkus leiten als auch wieder entnehmen. Zunächst werden 18 bidirektionale Säulen in der Tiefgarage der Arena installiert. Mittelfristig sollen es 200 werden. Geparkte Elektroautos erweitern die Speicherkapazität der Anlage.

Die Johan Crujjf-Arena in Amsterdam hat einen Netzspeicher in Betrieb genommen. (Bild: Dirk Kunde)

Bei Großveranstaltungen könnte diese Energie auch für die Licht- und Soundanlage genutzt werden. Rechtzeitig vor Veranstaltungsende würde ausreichend Energie aus den stationären Akkus zurück in die Elektroautos fließen, so dass die Fahrer damit nach Hause kommen. Die Leaf-Akkus werden jeden Abend zu 50 Prozent entladen, so dass sie bei Sonnenaufgang wieder Energie aus den Solarzellen aufnehmen können.

117.000 Tonnen Kohlendioxid soll das System über seine Lebensdauer einsparen, hat der Amsterdam Klima und Energie Fonds (Akef) errechnet. Der Akef ist Co-Investor bei dem Projekt, das sich innerhalb von zehn Jahren bezahlt machen soll.

"Es ist europaweit das größte Batteriespeichersystem in einer Gewerbeimmobilie", sagt Henk van Raan, IT-Chef der Cruijff Arena. Bei der Einweihung waren auch etliche Vertreter anderer Stadien vertreten. Das Interesse an derartigen Lösungen ist groß. Van Raan geht davon aus, dass im Falle eines Stromausfalls nicht mehr die beiden Diesel-Generatoren angeschmissen werden müssen, sondern die Akkus auch die Aufgabe als Backup-System übernehmen.

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