Dietmar Braun

Fachjournalist, Hochschuldozent, Heilbronn

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Gewerbe-Makler als Risiko-Manager

Maklerinnen und Makler sehen neue Herausforderungen in Deckungen und der Haftung dafür. Da lohnt Finanz- und Geldwissen, aber auch mehr an juristischer Klarheit und Klartext in Bedingungen.


(db finanzwelt 2021-02-24) Seit 2020 steigt die Anzahl der Mischgewerbe als Risiko in der Gewerbe-und Sachversicherung. Das führen Experten auf die Lock-Down-Wellen zurück. Klein- und Einzel-Unternehmer/innen versuchen sich in schwieriger Wirtschaft neue Einkommens-Quellen zu erschließen, um das weggebrochene Geschäft zu kompensieren. So liefert der Schreibwarenladen-Besitzer nun Pakete für Amazon aus oder agiert als Poststelle. Diese Mischgewerbe zu erfassen und abzusichern, ist in diesen neuen Deckungs-Varianten oft eine Herausforderung für die Makler/innen, aber in der Annahmepolitik auch für die Erst-Versicherer und die Rückversicherer der Assekuranz.


Mehrwerte entstehen auch im Risiko-Management, da Muster und Lücken „offen" sichtlich werden. Die größte Herausforderung für Makler/innen ist die Deckung für Unterbrechung oder die Schließung von Unternehmen. Das gilt vor allem für die spezielle Makler-Haftung im Gewerbegeschäft.


Neues Risiko verunsichert

Am meisten ändert sich bei der Betriebsschließungsversicherung. Die Entwicklungen haben zu einem neuen Verständnis in der Assekuranz geführt. Grundsätzlich war die Bedingung einer behördlich angeordneten Betriebsschließung aufgrund eines Erregers, der im Infektionsschutzgesetz vorgesehen ist, in den Tarifwerken nichts Neues. Aus Gastronomie und Hotellerie ist das etwa bei Salmonellen längst bekannt. In diesen Fällen leisteten viele Versicherer auch schon in der Vergangenheit. Neu: Der juristische Streit, ob eine Leistung ausdrücklich ausgeschlossen oder jetzt eingeschlossen sein muss. Da streitet oder ziert sich die Assekuranz-Branche von der Allianz bis zur Zurich von A bis Z.


2020 war zum ersten Mal der bundesweite Lock down mit der flächendeckenden Betriebsschließung von nahezu allen Betriebsarten neu, den hat das neuartige Virus mit verursacht. Dieses Virus wurde nirgendwo, auch nicht im Infektionsschutzgesetz, berücksichtigt. Das führte dazu, dass in der Politik plötzlich zwischen Einzel- und Allgemeinverfügung unterschieden wurde. Begriffe, die in diesem Kontext zuvor für die Versicherer noch nie auftauchten. Die Konsequenz: Versicherer prüfen und überarbeiten ihre Tarifwerke. Sie beobachten gerichtliche Verfahren, mithilfe derer entschieden wird, ob die Versicherungsdeckung nach neuer Rechtssprechung greift oder juristisch eben nicht.


Alte oder neue Deckung?

Mehrere Versicherer passten inzwischen die Bedingungen an. Corona beziehungsweise Pandemien werden in der Betriebs-Schließungs-Deckung oder Betriebs-Unterbrechungsversicherung nun oft ausgeschlossen.


Das hat zwei Folgen: Zum einen macht es eine Betriebsschließungsversicherung nicht mehr ganz so attraktiv für viele Unternehmen. Zum anderen können die aktuell geführten Debatten und Verfahren darüber, ob der bestehende Schutz unter den noch unveränderten Bedingungen gilt, das Vertrauen in das Leistungsversprechen der Versicherung stark beeinträchtigen. Wie es sich on der Praxis insgesamt weiterentwickelt, hängt sicher auch davon ab, wie die Urteile der Gerichte ausfallen werden. Einige Makler/innen warten mit der neuen Deckung ihrer Kunden, ob nicht die bestehenden Deckungen greifen. Das ist nicht nur klug, sondern auch sicher in der Haftung.


Die Zeiten bleiben spannend und es zeigt sich: Finanz- und Geldwissen ist dabei sehr hilfreich.


Dietmar Braun, freier Fachjournalist (DFJV) und Hochschuldozent für Risiko-Management (DHBW)


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