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Zombie zurück im Giftschrank

Auf Arte lief Ende Januar ein in Deutschland verbotener Zombiefilm. Nun entfernte der Sender die Untoten aus der Mediathek, man bedauere den Vorfall.

BERLIN taz | Für Horrorfilmfans war es ein kleines Wunder. Am 28. Januar zeigte der deutsch-französische Kultursender Arte um 0.20 Uhr den Klassiker „Zombie 2 - Das letzte Kapitel" (Originaltitel „Day of the Dead") in Frankreich und Deutschland in seiner ungeschnittenen Form. Einen Tag zuvor war er bereits über die Arte-Mediathek abrufbar.

Im Zombiefilm des Regisseurs George A. Romero („Night of the Living Dead", „Dawn of the Dead") von 1985 wurde die Welt von einer Seuche dahingerafft und ein Großteil der Menschheit wandelt als lebende Tote durch verwüstete Städte. Militärs und Wissenschaftler haben sich in einem unterirdischen Bunker in Florida verschanzt, letztere wollen mit Experimenten einen Ausweg aus der Katastrophe finden. Besonders das angespannte Verhältnis zwischen den Überlebenden, das letztlich in die eigene Katastrophe mündet, wird von Fans als Gesellschaftskritik verstanden.

Eine düstere Atmosphäre und explizite Gewaltdarstellungen - die Make-up-Effekte stammen von Genre-Legende Tom Savini - wurden dem Film in Deutschland zum Verhängnis. Seit 1988 ist er hierzulande indiziert, darf also nicht beworben werden. Doch der Film erfüllt laut den Behörden sogar einen Straftatbestand. Seit 1990 ist der Film bundesweit beschlagnahmt.

Laut dem Portal „schnittberichte.com" wurde die Version erstmals auf Videokassette 1990 vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten beschlagnahmt, weil der Film gewaltverherrlichend sei und gegen den §131 des Strafgesetzbuches verstoße. Mehrere Indizierungen und Beschlagnahmen anderer Versionen folgten.

Strenges Werbe- und Verbreitungsverbot

Filme, die in Deutschland beschlagnahmt sind, unterliegen einem strengen Werbe- und Verbreitungsverbot. Wer den Film trotzdem der Öffentlichkeit zugänglich macht oder verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft oder muss eine Geldstrafe zahlen.

Viele Fans von „Day of the Dead" fragten sich deshalb zu Recht: Wieso strahlt Arte ihn trotzdem aus und bietet ihn in der Mediathek an? Lediglich eine um mehrere Minuten geschnittene Fassung existiert offiziell in Deutschland, die „ab 16 Jahren" eingestuft wurde. Im September 2007 hatte Arte „Day of the Dead" schon einmal ausgestrahlt in jener geschnittenen Fassung. Diesmal schwang leise die Hoffnung mit, dass das Verbot womöglich mittlerweile aufgehoben worden war.

Auf Nachfrage beim Sender antwortete eine Sprecherin, dass der Film nicht mehr indiziert sei, weil er von der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) ein „Ab-18-Logo" erhalten habe, wie es auch auf einer im Netz angebotenen DVD zu sehen sei. Allerdings hat die FSK niemals ein „Ab-18-Logo" für den Film vergeben.

Keine Zombies in der Mediathek

Bei der im Netz auf DVD angebotenen Fassung handele sich um eine Fehlkennzeichnung, teilte eine FSK-Sprecherin auf Anfrage der taz mit. Die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (die frühere Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien), die für Indizierungen zuständig ist, erklärte auf Nachfrage, dass „Day of the Dead" sehr wohl noch indiziert und beschlagnahmt sei. Arte hat sich mit dem Senden des Films sowie der Verbreitung in der Mediathek also strafbar gemacht.

Normalerweise ergreift die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) Maßnahmen gegen Anbieter, wenn sie gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag verstoßen. Bei den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten gestaltet es sich jedoch anders - die jeweiligen Aufsichtsgremien sind dann verantwortlich, sagte eine KJM-Sprecherin der taz. Man wolle jedoch mit dem Sender in Kontakt treten.

Seit Mittwoch, 2. Februar, ist „Day of the Dead" nicht mehr in der deutschen Mediathek zu finden, zuvor war nur noch ein Ausschnitt des Films zu sehen. Nach einer erneuten Anfrage bei Arte sagte eine Sprecherin, dass es „nach eingehender Recherche zur Ausstrahlung des Films aufgrund der komplexen unterschiedlichen Rechtelage in Frankreich und Deutschland zu einer Ausstrahlung einer nur in Frankreich, aber leider nicht in Deutschland freigegebenen Version des Films kam".

Daraufhin habe Arte den Film aus der Mediathek genommen. Man bedauere diesen seltenen Vorfall und werde alle nötigen Maßnahmen ergreifen, damit er sich in Zukunft nicht wiederhole. Auch die KJM bestätigt, dass in der Arte-Mediathek „diesbezüglich nachgebessert wurde".

Schon „Suspiria" lief auf Arte

Arte hatte sich in der Vergangenheit bei Horrorfans bereits beliebt gemacht. 2008 hatte der Sender etwa den indizierten Splatterfilm „Street Trash" gezeigt. Zuvor kam Dario Argentos damals noch indizierter Horrorklassiker „Suspiria", der allerdings nur in Frankreich ungeschnitten gesendet wurde. Sondergenehmigungen für indizierte Filmfassungen gibt es in Einzelfällen.

Vielleicht nimmt sich ja bald ein Filmlabel des Klassikers „Day of the Dead" an, um ihn aus dem Giftschrank zu holen. So hat etwa das Label Turbine Medien 2008 die deutschsprachigen Rechte des Horrorfilms „The Texas Chainsaw Massacre" erworben, der seit 1985 beschlagnahmt war. Dagegen legte Turbine offiziell Beschwerde ein. Mithilfe mehrerer Gutachten und Juristen sprach das Landgericht Frankfurt am Main den Film vom Vorwurf der Gewaltverherrlichung 2011 frei.

Mithilfe eines Labels könnte „Day of the Dead" dann wieder legal in Mediatheken laufen. Überfällig wäre es.

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