Die Pfützen, die der Regen der letzten Nacht hinterlassen hat, sind längst vom zähen Lehmboden verschwunden, nur in den größeren Schlaglöchern steht noch Wasser. Noch, denn die Mittagssonne brennt senkrecht auf das ghanaische Dorf Tuba herab. Garba Bagobiri stehen die Schweißperlen auf der Stirn. „Es ist ein sehr heißer Tag", sagt er - und das will etwas heißen.
Ein wenig abseits von der Straße steht eine Schule: Ein mehrstöckiges Hauptgebäude und Seitentrakte säumen einen sandigen Hof. Aus den Klassenräumen dringen Stimmen, die sich nach fleißigem Lernen anhören. „Das ist die Günter-Frey-Schule", deutet Garba auf die großen blauen Lettern an der Wand. Garba arbeitet mit Kindern und Jugendlichen zusammen; seine Arbeitgeber sitzen in Münster/Hessen.
Es gäbe noch viel mehr zu tun „Nima e.V." ermöglicht an zwei Standorten in Ghana armen Kindern eine Schulbildung. Seit seiner Gründung vor acht Jahren ist der Verein gewachsen - nicht zuletzt dank der unermüdlichen Anstrengungen vieler Freiwilliger. Doch Herzblut alleine hilft nur bis zu einem gewissen Punkt: Der Nima-Verein steht finanziell auf solidem Boden. Es gäbe jedoch in Ghana noch so viel mehr zu tun, Ideen sind genug vorhanden. Ghana hat gerade mit einer hohen Inflationsrate zu kämpfen, an Investitionen ist dort kaum zu denken. Vereinsgründerin Anna Zaaki sagt: „Wir hätten gerne mal einen großen Partner an der Hand, der uns bei den laufenden Kosten unterstützt."
Unverzichtbar ist die Arbeit von Freiwilligen. Seit 2009 haben mehr als 40 junge Menschen in Nima und Tuba mitgeholfen. Aktuell sind vier Freiwillige vor Ort. Mayely Müller aus Münster ist gerade für ein Dreivierteljahr in Nima: „Ich habe mir nie gedacht, ich wäre besser nicht gefahren", sagt sie. Sozialarbeiter Garba lobt die Freiwilligen: „Wir haben hier immer wieder neue Leute mit neuen Ideen. Das ist gut."
Dass es den Nima-Verein überhaupt gibt, ist Anna und Amin „Lion" Zaaki aus Münster zu verdanken. Nima ist eines der ärmsten Viertel in Ghanas Hauptstadt Accra. Lion ist hier aufgewachsen, die Zaakis haben hier schon immer Kindern geholfen, etwa indem sie ihre Schulgebühren übernommen haben. 2007 gaben sie dieser Hilfe im „Junior Program" eine Struktur. Bislang wurden so mehr als 50 Kinder unterstützt, aktuell sind 32 Kinder Teil des Programms.
Die Warteliste ist lang, weiß der im „Junior Program" beschäftigte Sozialarbeiter Souljah: „Jeder will im Programm sein, weil jeder weiß, dass Bildung hier der Schlüssel ist." Souljah, der eigentlich Danda Ganam heißt, betreut gemeinsam mit Garba und - zur Zeit - Mayely Kinder, die Schulen in Accra besuchen. Sie stellen Schulbücher, lassen Schuluniformen schneidern und halten Rücksprache mit Lehrern über ihre Schützlinge.
Marion wird vom Nima-Verein unterstützt. Die Siebzehnjährige besucht die Nima II Primary & Junior High School, eine große Schule am Rand von Nima. An diesem Morgen sind Garba, Souljah und Mayely gekommen, um nach dem Rechten zu sehen und mit dem Schulleiter zu reden. Marion erzählt, dass sie fleißig lernt und dass sie dankbar für die Unterstützung des Vereins ist: „Sie kümmern sich um mich. Sie helfen mir, Probleme zu lösen."
In Ghana herrscht Einigkeit darüber, wie eng Bildung und Erfolg zusammenhängen. An die Wand der Günter-Frey-Schule ist hat jemand gepinselt: „Wenn du über ein Jahr in die Zukunft planst, pflanze Reis. Wenn du über ein Jahrzehnt planst, pflanze einen Baum. Wenn du über ein Leben planst, bringe deinem Kind etwas bei."
Etwa 500 Schüler besuchen die Privatschule in Tuba, etwa eine halbe Stunde westlich von der Hauptstadt Accra entfernt. Das Schulgebäude wurde 2006 unter großem Einsatz von Anna Zaakis Vater Günter Frey erbaut. Zuvor unterrichtete Schulleiter Mudasiru Abdel Kadir, den hier alle nur „Muda" nennen, unter einem Mangobaum. Neben den Pflichtfächern stehen hier auch Deutsch und Französisch auf dem Lehrplan. Den Deutschunterricht übernehmen Freiwillige, zur Zeit sind Laura und Vivian für den Verein vor Ort.
Neben der Günter-Frey-Schule hat der Nima-Verein ein Waisenhaus erbaut. „Es heißt ,One Love Children's Home' und nicht Waisenhaus, damit die Kinder sich wohler fühlen", erklärt Muda. „Der Platz ist da, wir könnten noch mehr Kinder unterstützen", sagt die zweite Vorsitzende Heidi Adena. Dazu brauche man allerdings mehr Geld. Aktuell beherbergt das Heim 27 Kinder. Dort kümmert sich unter anderem Stella Ahunu um sie. Das Zusammenleben sei harmonisch: „Wir sind aus verschiedenen Stämmen und haben verschiedene Religionen. Aber wir machen keine Unterschiede."
Tuba ist die ältere der beiden Wirkungsstätten des Vereins. Gründer Lion Zaaki wünscht sich für die Arbeit seines Vereins, „dass wir mit Stolz sagen können, dieses Waisenkind haben wir auf eigene Füße gestellt."
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