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In-Dach-Solaranlagen und Solarziegel: Elegante Alternativen zur klassischen Aufdach-Solaranlage

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Die meisten auf dem Markt verfügbaren Solar-Dachziegel bestehen wie die Produkte von Autarq aus klassischen Siliziumzellen. Das bedeutet, sie haben pro Flächeninhalt die gleiche Leistung wie konventionelle kristalline Module in Gestellsystemen.

Die Produkte haben jeweils eine garantierte Haltbarkeit, die von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich sein kann. Autarq gewährt für seine Solar-Dachziegel zum Beispiel eine Leistungsgarantie über 25 Jahre.

Zum Vergleich: Creaton gibt auf seine Tondachziegel und Dachsteine 30 Jahre Gewährleistung. Natürlich können die Ziegel gegebenenfalls noch Jahre und Jahrzehnte länger auf dem Dach liegen. Einen echten Vergleich beziehungsweise Beweis, dass Solardachziegel und Solardächer wirklich ähnlich lange halten, gibt es noch nicht. Sie sind noch ein sehr junges Produkt.

„Die Industrie ist erwachsen geworden. Inzwischen gibt es für die meisten Wünsche sehr viele flexible Produkte in den unterschiedlichsten Farben. Der Fantasie ist wirklich keine Grenze gesetzt", sagt Björn Rau, Technology Manager beim Kompetenzzentrum Photovoltaik Berlin am Helmholtz-Zentrum Berlin, der Architekten und Verbraucher zu Fragen rund um die gebäudeintegrierte Solarenergie berät.

Noch sind solche Dächer eher eine Seltenheit, obwohl die sogenannte bauwerkintegrierte Photovoltaik (BIPV) keineswegs ein neues Konzept ist. Ein großes Hindernis sei, dass das Wissen darum zu wenig verbreitet sei, sagt Rau.

Um dieser Form der Solarenergienutzung den Weg zu ebnen, müssten viele Vorbehalte und Ängste abgebaut werden. „Als Bauprodukt zugelassene Solarmodule ermöglichen eine sichere und brandschutzkonforme Installation. Auch bei der Dichtigkeit, also als Schutz gegen Regen, funktionieren Solardachziegel zuverlässig", sagt Rau.

Was eher gegen den Einsatz von Dachziegeln sprechen könnte, ist die vergleichsweise aufwändige Verkabelung. Durch ihre Architektonik gibt es aber sinnvolle Einsatzfelder, etwa auf zerklüfteten Dächern, oder wenn eine bestehende Gebäudeästhetik nicht beeinträchtigt werden soll. Das kann zum Beispiel bei denkmalgeschützten Häusern der Fall sein, bei denen baurechtliche Auflagen konventionelle Aufdachanlagen verhindern.

Für die Anwendung im Eigenheimbereich hält Solarexperte Rau Varianten für praktikabler, bei denen mehrere Ziegel - häufig sechs oder acht in einer Reihe - zu einem Modul verbunden sind, die dann ebenfalls wie Dachziegel in das Dach eingebaut werden können.

„Dabei muss nicht jeder Ziegel einzeln verkabelt werden", sagt Rau. Weniger Steckverbindungen reduzieren nicht nur die Fehleranfälligkeit. Eine solche Montage ist auch weniger zeitaufwändig und damit kostengünstiger als kleinteiligere Lösungen.

Bei sogenannten Indach-Lösungen ersetzen Solarmodule flächig die Eindeckung mit Dachziegeln und bilden eine homogene Dachhaut. Die Dachhaut ist der Teil eines Daches, der vor Niederschlag, Wind und Sonne schützt, was nun von den Modulen übernommen wird. Die großflächigen Paneele benötigen untereinander weniger Verbindungen als Solardachziegel und sind somit weniger komplex.

Indach-Module ersetzen die Dacheindeckung

Wer sich für Alternativen zu Aufdachanlagen interessiert, muss sich nach spezialisierten Planern, Architekten und Herstellern umsehen. Mediale Aufmerksamkeit erregen zum Beispiel die Solardachziegel sowie das Solardach des US-Elektroautoherstellers Tesla, die bislang aber nur in den USA erhältlich sind.

Nachfragen, wann die Produkte mit baurechtlicher Zulassung auf den deutschen Markt kommen und was sie kosten werden, ließ Tesla unbeantwortet. In jüngster Zeit hatte das Unternehmen immer wieder negative Berichterstattung bekommen: Bei seinen Schindeln löschte das Unternehmen kürzlich das Versprechen von der US-Webseite, dass diese dreimal stärker als Standardschindeln seien. In der deutschen Version ist dies nach wie vor zu lesen. Auch die Verkaufspreise in den USA seien kürzlich deutlich gestiegen, wird berichtet.

Doch Interessierte müssen nicht auf Tesla warten. Hierzulande gibt es bereits mehrere Anbieter wie die Unternehmen Nelskamp, Hanergy, BMI/Braas, Gasser Ceramic oder Tegola Canadese. Der Schweizer Hersteller Meyer Burger hat kürzlich die Entwicklung eines deutschen Ingenieurdienstleisters gekauft, um im kommenden Jahr PV-Dachziegel auf den deutschen Markt zu bringen, wie PV-Magazine berichtet.

Das deutsche Unternehmen Solarwatt bietet seit mehreren Jahren ein Solardachsystem an. Die Easy-In-Module bestehen aus PERC-Hochleistungssolarzellen in einem Glas-Glas-Verbund. Auf das System gibt das Unternehmen eine 30 Jahre Garantie.

Kirche als Solarkraftwerk

Wie sich diese Technologie auch in traditionelle Gebäude stimmig einbinden lässt, zeigte der Architekt Johannes Wunram bei der Sanierung der Wunibaldkirche in Georgensgmünd. Das Bauwerk wurde in den 1960er Jahren im Stil der fränkischen Bauernhäuser vor 250 Jahren errichtet.

Besonderes Merkmal: Ein großflächiges, markant steiles Satteldach, das nun ein Solarkraftwerk ist. Das Easy-In-System des Dresdner Herstellers erfüllte die Vorgaben, die sowohl der Architekt als auch die Kirchenverwaltung an die Solaranlage hatten. Die 280 schwarzen Module haben eine Gesamtleistung von 78 Kilowattpeak (kWp). Durch einen sehr schmalen, kaum sichtbaren Aluminiumrahmen fügen sie sich optisch zu einer homogenen Dachfläche.

Was farblich bei Solaranlagen inzwischen alles möglich ist, zeigt auch der Schweizer Hersteller 3S Solar Plus bei der Sanierung des Daches von „Schutz & Rettung Zürich", unter dem Feuerwehr, Sanität, Zivilschutz, Einsatzleitzentrale und Feuerpolizei der Stadt Zürich beherbergt ist. Statt der ursprünglich geplanten Aufdachanlage entschieden sich die Bauherren für ein Pilotprojekt mit einer farbigen dachintegrierten Solarlösung. So entstand mitten in der Stadt Zürich eines der bislang größten farbigen Solardächer Europas mit einer Leistung von insgesamt 76 kWp.

Das in Thun hergestellte Megaslate Solardach ist eine Indachlösung und besteht aus einer Unterkonstruktion, Wasserablaufrinnen, Haken sowie den Solarmodulen selbst. Nach Unternehmensangaben wurde das Dach bereits über 14.000-mal verbaut und ist auch in Deutschland erhältlich. Für dieses Pilotprojekt wurde das Solardach des Thuner Herstellers 3S Solar Plus erstmalig mit der Farbtechnologie des Startups Solaxess aus Neuenburg kombiniert. „Terracotta Rost" ist aber nur eine von vielen Farb-Möglichkeiten, teilte das Unternehmen mit.

Doch was kosten solche Lösungen - vor allem im Vergleich zu herkömmlichen Solaranlagen? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten.

Zum einen gibt es aktuell keine unabhängige Marktübersicht von Indach-Systemen oder Solarziegeln. Zum anderen machen die Hersteller selten präzise Angaben. Bei 3S Solarplus heißt es auf Nachfrage, man könne keine Preisangaben liefern, da das Unternehmen zwar der Produzent der Module ist, diese jedoch von Fachpartnern vertrieben und installiert werden.

Keine Pauschalaussagen zu den Kosten möglich

Die Planung und Ausführung von Solarsystemen in besonderen Designs und variablen Formaten führen oft zu höheren Systemkosten (Euro/WP) als bei klassischen PV-Aufdachsystemen. „Da das Solardach neben Kraftwerk gleichzeitig die äußere Gebäudehülle ist, die vor Witterung schützt, alle gesetzlichen Vorschriften erfüllt und dabei noch höchste ästhetische Anforderungen erreicht, kann es nicht kostentechnisch mit Standardmodulen verglichen werden", sagt Stephan Karlen, Spezialist Marketing & Kommunikation von 3S Solarplus.

Diese Aussage stützt auch der unabhängige Solarexperte Björn Rau: „Die Module ersetzen herkömmliche Baustoffe wie Dachziegel oder auch Verkleidungsmaterialien. Das sollte man bei der Gesamtbetrachtung berücksichtigen." Im Vergleich mit einem Neubau-Dach, auf das nachträglich eine konventionelle Solaranlage mit Unterkonstruktion installiert wird, könne ein reines Solardach sogar günstiger sein.

„Wir können keine Billigprodukte verwenden, die nach zehn Jahren ausgetauscht werden müssen. Das spiegelt sich im Preis wider", gibt Franz Schweighofer von NET-Neue Energie Technik GmbH, einem Solartechnikanbieter aus Österreich, der sich auf energieautarke Gebäude spezialisiert hat, zu bedenken. Eine allgemeine Antwort nach den Kosten lasse sich nicht geben, schließlich habe jedes Dach andere Anforderungen. Komplexität des Aufbaus, Platzangebot, Verschattung und Montagebedingungen variieren bei jedem Dach stark.

Das Gestaltungspotenzial durch solare Elemente werde viel zu oft weder bei der Planung von Neubauten noch bei der Sanierung von Bestandsgebäuden berücksichtigt, kritisiert der Solarexperte Björn Rau. Ihm ist es wichtig zu betonen, dass es bei der sogenannten gebäudeintegrierten Photovoltaik nicht nur um die Dachfläche geht. „Dort kann auch Begrünung oder Solarthermie hin."

Das Potenzial gebäudeintegrierter Photovoltaik ist riesig

Neben Dachlösungen, bei denen die Solarstromerzeugung mit Witterungsschutz kombiniert wird, gibt es auch solare Fassadenelemente, die gleichzeitig der Wärmedämmung dienen, als Balkonbrüstung oder Sonnenschutz. Die spezifischen Erträge von solchen gebäudeintegrierten Systemen (kWh/kWp) fallen wegen der unterschiedlichen Ausrichtungen oft geringer aus als bei einer ertragsoptimierten Anlage mit Südorientierung. Im Gegenzug weist BIPV ein Erzeugungsprofil auf, dessen maximale Leistung nicht zur Mittagszeit eintritt, sondern sich besser über den ganzen Tag verteilt.

Was die Leistungsdegradation angeht, gilt übrigens, was für „normale" kristalline Module auch gilt: Üblich ist die Annahme von 0,5 Prozent Leistungsverlust pro Jahr. Das würde bedeuten: Nach zehn Jahren verfügen die Module noch über 95 Prozent ihres Wirkungsgrades.

Auch müssen die neuen Anlagen nicht per se häufiger geputzt werden. Abhängig vom Standort und der Dachneigung kann es natürlich passieren, dass Blätter, Staub oder anderes auf dem Dach liegen bleiben. Um die Module nicht zu verschatten, muss dies entfernt werden.

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