Wann immer man über Ressourcen- und Klimaschutz diskutiert, kommt früher oder später der Vorwurf, man würde schlechte Stimmung verbreiten. Die Partei „Die Grünen" wird in gewissen Kreisen nur als moralinsauren Verbotspartei wahrgenommen. Alles was Spaß macht, wollen sie uns wegnehmen, so liest man oft: Fleischessen, SUV, kuschelig gewärmte Wohnungen, überhaupt das ganze Land deindustrialisieren.
Kein Mensch mag erhobene ZeigefingerEin bisschen verständlich ist das natürlich. Kein Mensch mag Typen, die ständig mit dem Zeigefinger wedeln, und anderen erklären: Du darfst dieses und jenes nicht. Andererseits: Der Klimawandel schreitet in atemberaubendem Tempo voran, Plastik ist inzwischen im hinterletzten Winkel der Welt zu finden, und die Artenvielfalt nimmt drastisch ab.
Vermutlich wissen die meisten Menschen, dass hier etwas fundamental schief läuft. Gleichzeitig ist man ja selbst ständig in der Zwickmühle: Warum nicht in den Urlaub fliegen, wenn alles so fein billig ist. Warum nicht den Coffee-to-Becher nehmen, den es halt überall kostenlos gibt. Wozu sich im anstrengenden Alltag auch noch darum bemühen, plastikfrei einzukaufen, auf das Auto zu verzichten oder mehr Geld für Bioprodukte ausgeben? Dafür wird man im besten Fall mit verständnislosen Blicken bedacht oder im schlimmsten Fall als Spaßbremse angefeindet.
Das heißt, wer sich umweltfreundlich verhält, ist doppelt gekniffen. Man verzichtet freiwillig auf gewisse Dinge, die von anderen als selbstverständlich betrachtet werden - und hat noch das Gefühl, dass das Bemühen umsonst ist, weil man in der schieren Masse untergeht.
Fair ist das nicht. Und zielführend auch nicht. Aber wenn wir uns einig sind, dass es so nicht weitergehen kann (und - Achtung Zeigefinger - das sind wir ja wohl?!), wie erreichen wir, dass der Großteil der Gemeinschaft sorgsamer mit unseren Ressourcen umgeht? Zwang, Regeln und Vorschriften sind die eine Seite der Medaille.
Belohnt mich!Aber was wäre, wenn wir anfangen, Menschen dafür zu belohnen, dass sie sich umweltfreundlich verhalten? Schweden ist im vergangenen Jahr mit gutem Beispiel vorangegangen und hat im vergangenen Jahr Steuern auf Reparaturen gesenkt. Dieser Gedanke lässt sich weiterdrehen:
Wer kein eigenes Auto besitzt, also weniger CO2 produziert, keinen Raum für Parkplätze okkupiert und weniger Straßen abnutzt, erhält kostenlosen Zugang zum öffentlichen Nahverkehr. Berufstätige, die zum Pendeln gezwungen sind, und langfristig vom Auto aufs Rad oder E-Bike umsteigen, denen wird das positiv auf die Rentenpunkte angerechnet. Wer für seine Urlaubsreise kein Flugzeug nutzt, bekommt einen Urlaubstag mehr. Müllentsorgung wird nach Gewicht berechnet: Wer seine Abfälle gut sortiert und damit Recycling ermöglicht, produziert außerdem wenig Restmüll - und muss dafür auch weniger bezahlen, als Menschen, die sich diese Mühe nicht machen. Menschen, die weniger Strom und Wärme verbrauchen als der Durchschnittsbürger, bekommen einen Monat gratis Lieferung. Wer sein Haus energetisch saniert, erhält einen Steuerbonus. Wer im Restaurant isst oder seinen Kaffee oder Smoothie an der Bar trinkt, anstatt Wegwerfgeschirr zu nutzen, zahlt weniger für seine Mahlzeit oder das Getränk. Für die Rückgabe stabiler Plastikbehälter wie sie für Beeren und anderes Obst genutzt werden, gibt es Pfand. Leute, die beim Einkauf auf die dünnen Obst- und Gemüsetüten verzichten, bekommen 20 Cent gutgeschrieben. Für Reparaturdienstleistungen wird weniger Mehrwertsteuer verlangt als für neugekaufte Produkte. Second-Hand-Läden, Plastikfrei-Zonen, Bioläden und Biobauernhöfe sowie gemeinwohlzertifizierte Unternehmen müssen weniger Gewerbesteuer bezahlen. Bundesländer, die am wenigsten CO2 emittieren werden beim Länderfinanzausgleich begünstigt.
Klar, ohne Reibung ließe sich nicht einer dieser Gedanken auch nur ansatzweise in die Realität umsetzen. Die Autolobby hat natürlich keine Lust darauf, weniger Autos zu verkaufen. Müllverbrenner wollen gerne weiter ihre teuren Anlagen befeuern. Und ein Belohnungssystem für Nicht-Flugreisende - Lufthansa wäre kaum erfreut. Aber es gäbe auch viele Gewinner: regionale Urlaubsregionen, die Recycling- und Kreislaufwirtschaft, aber auch Sanierungen würden angekurbelt. Vor allem aber würden vielleicht viel mehr Menschen freiwillig und ganz selbstverständlich ihren Alltag umweltfreundlicher organisieren. Denn das richtige tun würde versüßt und nicht bestraft.