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Daniel Schieferdecker

Journalist & Autor, Berlin

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Interview

Das Rap-Ding im Blut

Kool Savas ist seit rund 25 Jahren im Deutschrap aktiv, er gilt als einer der einflussreichsten Protagonisten des Genres. Als vulgär provozierender Battlerapper hat er sich einst einen Namen gemacht. Inzwischen schlägt der 46-Jährige etwas bedachtere Töne an. Am 19. Februar erscheint sein neues Album "Aghori". Wir trafen ihn auf Zoom zum Gespräch.

ZEIT ONLINE: Savaş, als Sie Mitte der Neunzigerjahre mit anfingen, war deutschsprachiger Rap noch ein Novum. Sie haben ihn mit einer explizit harten Sprache geprägt. Damals haben Sie einige Grenzen verschoben. Welche möchten Sie heute überwinden?

Kool Savas: Nur meine eigenen. Damals war es Zeit für eine Revolution, und ich hatte die Mittel dazu, die voranzutreiben. Weil die Szene damals noch recht klein war, hat auch jeder sofort mitbekommen, wenn da einer aus der Reihe getanzt ist. Diesen Impact könnte man heute gar nicht mehr generieren, da Rapper bereits in alle erdenklichen Richtungen gegangen sind. Meiner Ansicht nach ist eine Revolution heute nicht mehr möglich. Nur noch Evolution.

ZEIT ONLINE: Sie haben früher Worte wie "schwul" und "behindert" als Schimpfworte benutzt. Inzwischen gibt es ein stärkeres gesellschaftliches Bewusstsein für verbale Diskriminierung. Wäre es heute noch möglich, solche Songs wie damals zu veröffentlichen?

Kool Savas: Wahrscheinlich nicht, und das ist auch gut so. Ich habe vor vielen Jahren schon begriffen, dass man bestimmte Worte nicht nutzen kann und darf - nicht, weil ich Angst vor einem Shitstorm hatte, sondern weil ich weiß, dass man Leute durch Sprache verletzen kann. Gleichzeitig denke ich aber, ganz generell gesprochen, dass in der Kunst vieles nicht funktionieren würde, wenn man nicht bewusst ab und an auch mal Grenzen überschreiten würde.

ZEIT ONLINE: Haben Sie ein Beispiel?

Kool Savas: Nehmen Sie jemanden wie Quentin Tarantino: Der benutzt in seinen Filmen häufig das Stilmittel extremer Gewalt. Ich persönlich finde das aber okay, weil sie zum großen Ganzen beiträgt. Es kann gewalttätig, explizit, asozial und grenzüberschreitend zugehen, aber es muss ein Bewusstsein dahinterstecken - und Kontext! Genauso wichtig finde ich aber auch, dass jegliche Form der Kritik angemessen geäußert werden muss.

ZEIT ONLINE: Wie meinen Sie das?

Kool Savas: Man darf einzelne Sätze nicht aus dem Kontext herausreißen, weil sie dadurch bisweilen eine vollkommen andere Bedeutung bekommen. Künstler dafür dann an den Pranger zu stellen, halte ich für extrem fragwürdig und oft unfair.

ZEIT ONLINE: Sie benutzen in Ihren Texten nach wie vor Fäkalsprache und Beleidigungen. Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, was Sie sagen und was nicht?

Kool Savas: Wenn es für mich nicht essenziell ist, ersetze ich politisch unkorrekte Worte durch andere. Manchmal muss man sich aber auch für ein Wort entscheiden, bei dem man weiß, dass man dafür nicht von allen Seiten Applaus bekommt.

ZEIT ONLINE: Als Sie mit Rap anfingen, gab es noch keine sozialen Medien, in denen sich Kritik und laute Meinung ins Unendliche vervielfältigen konnten. War Hip-Hop demnach freier?

Kool Savas: Nein, im Gegenteil. Der gesamte mind state im Hip-Hop war früher viel eingeschränkter. Schon über Gefühle zu sprechen, war total verpönt. Inhaltlich vermisse ich heute zwar ein bisschen die kulturelle Komponente ...

ZEIT ONLINE: ... den Rückbezug auf Breakdance, DJing und Graffiti ...

Kool Savas: Ja. Ansonsten sind wir im Hip-Hop heute viel offener, freier und weiter als noch vor 20 Jahren.

ZEIT ONLINE: Sie haben einmal gesagt: "Wenn man an die Spitze will, muss man erst mal die angreifen, die an der Spitze sind." Sie gelten schon seit vielen Jahren, in Anlehnung an Ihren gleichnamigen Song, als deutscher King of Rap. Wurden Sie auch schon von Konkurrenten angegriffen?

Kool Savas: Natürlich. Ich hatte immer mal wieder kleinere Auseinandersetzungen mit Rappern wie Snaga & Pillath. Bushido hat mich in seinen Texten regelmäßig mit ein paar Seitenhieben erwähnt. Weil ich Bushido lyrisch aber nie auf meiner Ebene gesehen habe, da darübergestanden und nie darauf reagiert habe, habe ich dieses Battle in meinen Augen gewonnen. Dass ich mal in einer Songzeile angegriffen werde, passiert immer mal wieder und ich freue mich darüber - das zeigt doch nur meine Relevanz. Mein einziger großer Beef war 2005 der mit Eko Fresh, der dann in resultierte. Ich kann nur mit jemandem richtig Streit haben, den ich vorher in irgendeiner Form geliebt habe. Bei Eko war das der Fall. Bei Bushido nicht.

ZEIT ONLINE: Sie sind nun schon fast 25 Jahre im Rapgeschäft. Welche Zeit war am schönsten?

Kool Savas: Kurioserweise die, in der ich am erfolglosesten war - das war 2009/2010, als ich mein MixtapeJohn Bello Story III aufnahm. Damals hatte ich 200.000 Euro Steuerschulden, aber bereits vier Autos vor der Tür und ein Haus in Heidelberg, für das ich jeden Monat 1.600 Euro Miete zahlen musste. Ich habe damals mit vielen anderen Rappern wie Olli Banjo, MoTrip, Moe Mitchell und Franky Kubrick zusammengearbeitet, die ständig bei mir waren, aber manchmal hatten wir wirklich alle keine Kohle mehr. Trotzdem hatten wir wahnsinnig viel Spaß bei den Sessions. Ich habe damals viel fürs Leben gelernt.

ZEIT ONLINE: Was denn?

Kool Savas: Mir ist bewusst geworden, worum es mir geht. Nicht darum, überall das Maximum an Geld herauszuholen, sondern eine möglichst gute Zeit zu haben. Und: dass man mir all meinen Besitz wegnehmen könnte, ich meine Kreativität und mein Können aber jederzeit in Geld umwandeln kann. Aus diesem Gefühl heraus ist auch der SongJedes Wort ist Gold wert entstanden, den ich 2017 mit Sido für unser gemeinsames Album aufgenommen habe.

ZEIT ONLINE: Erinnern Sie sich an einen Moment Ihrer Karriere, der Ihnen besonders viel bedeutet?

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Erstellt am 16.02.2021
Bearbeitet am 16.02.2021

Quelle
https://www.zeit.de/kultur/musik/20...

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Alle Rechte vorbehalten
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Themen-Tags
pop hiphop rap tabak musik kultur kool savas hip-hop album
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