Alexandra Maria Lara gehört zu den begehrtesten deutschen Schauspielerinnen. Sie hat bereits in mehr als 40 Filmen mitgespielt, unter anderem in "Der Baader-Meinhof-Komplex", "Der Vorleser" oder im Oscar-prämierten Drama "Der Untergang". Von nächstem Donnerstag an ist sie an der Seite Gérard Depardieus in der Verfilmung des Martin-Suter-Romans "Small World" im Kino zu sehen. Wir sprachen mit ihr.
In Ihrem neuen Film spielen Sie eine Frau, die in eine sehr patriarchalisch organisierte Familie einheiratet und von ihrem Mann betrogen wird. Widerstrebt es Ihnen als moderne Frau nicht, solche Charaktere zu spielen?
Das würde mir als Lebensmodell widerstreben, als Rolle ist das für mich hingegen sehr reizvoll. Ich fand es spannend, wie meine Figur Simone durch die Heirat plötzlich mit einer Realität konfrontiert wird, die sie nicht erwartet hat. Man merkt ja bereits am Anfang des Films, dass sie ihren Platz in der Familie nicht findet und deshalb eine Freundschaft zu einem anderen Außenseiter aus dem Familienverbund aufbaut. Dadurch blüht sie plötzlich auf und entdeckt auch ihre Leichtigkeit wieder. Dieser leise ausgetragene Kampf zwischen schüchterner Unbekümmertheit und dem Gefangensein in familiären Strukturen, das war für mich spannend.
Die angesprochene Freundschaft bauen Sie mit Konrad alias Gérard Depardieu auf. Sie kannten sich bereits von den Dreharbeiten zum TV-Vierteiler "Napoléon". Wie war es dieses Mal?
Es ist natürlich immer ein Traum, mit einem Schauspieler wie ihm zusammenarbeiten zu dürfen. Er ist ein so charmanter, großzügiger Mann mit einer unglaublich starken Aura. Ein absoluter Freigeist und ganz sicher einer der beeindruckendsten Schauspieler, mit denen ich je zusammengearbeitet habe.
"Small World" ist ein französischer Film und wurde auf Französisch gedreht. Ist Ihnen das Drehen in anderen Sprachen bereits in Fleisch und Blut übergegangen?
Es macht für mich immer noch einen großen Unterschied, ob ich einen Film auf deutsch oder in einer anderen Sprache drehe. Im Deutschen bin ich nun mal zuhause. Klar, mein Englisch hat sich durch meinen Mann Sam sehr verbessert, aber zum Französischen hatte ich vor Drehbeginn von "Small World" bereits eine kleine Distanz aufgebaut, obwohl ich auf ein französisches Gymnasium gegangen bin. Aber genau darin lag für mich die große Herausforderung: Als junge deutsche Schauspielerin auch sprachlich neben einem so starken Schauspieler wie Gérard Depardieu zu bestehen.
Als Sie als 16-Jährige in der TV-Serie "Mensch, Pia!" mitgespielt haben, wurden Sie von Ihren Mitschülern ausgegrenzt. Als Schauspielerin wird man ständig kritisiert. Haben Sie es geschafft, einen Schutzwall um sich herum zu errichten?
Leider gelingt mir das nur manchmal, aber das ist wahrscheinlich auch ganz normal. Mir ist klar, dass manche Leute gut finden, was man macht, und andere Leute eben nicht. Geschmäcker sind nun mal verschieden.
So etwas nimmt Sie also immer noch mit?
Ja, das kann vorkommen. Zum Beispiel, wenn man merkt, dass jemand mit einer Gehässigkeit zu Werke geht, die den normalen Rahmen einer Kritik sprengt. Das finde ich häufig unangebracht und frage mich dann, was das soll.
Können Sie sich noch an ein verletzendes Beispiel der letzten Zeit erinnern?
Nicht wirklich verletzend, aber Mitte des Jahres hat irgendein gewitzter Journalist mich im Zuge der Verfilmung des Comic-Klassikers "Vertraute Fremde" nicht als rehäugig, sondern kuhäugig beschrieben - als kuhäugige Kittelschürzenschönheit. Als ich das gelesen habe, war ich einen kurzen Moment perplex und habe mich gefragt, wie jemand so etwas über mich schreiben kann. Ich habe das dann meinem Mann vorgelesen, der darüber laut gelacht hat und es bemerkenswert fand, dass sich jemand im Zusammenhang mit meinen Augen mal ein anderes Tier überlegt hat als das berühmt-berüchtigte Reh. Und als er das so gesagt hat, konnte ich dann auch darüber lachen.
Jetzt würde mich mal interessieren, wie Sie "kuhäugige Kittelschürze" Ihrem englischen Mann übersetzt haben. "Cow-eyed ...
... apron". Das ist das Wort für Kittelschürze. Aber ich wusste das vorher auch nicht.
Sie sind gebürtige Rumänin. Zusammen mit Ihrem Vater haben Sie ein Buch über die Geschichte Ihrer Familie unter dem Ceausescu-Regime geschrieben. Haben Sie Ihre eigene Geschichte durch die Erinnerungen Ihres Vaters noch mal neu entdeckt?
Ja, klar. Das war für mich wie eine Reise. Natürlich gibt es auch Geschichten in diesem Buch, die ich schon häufig gehört habe, aber andere waren mir noch unbekannt und haben mich sehr berührt. Ich finde es sowieso verrückt, wie die Erinnerung an die eigene Kindheit mit dem Älterwerden noch mal einen vollkommen anderen Stellenwert bekommt. Insofern stelle ich mir heute deutlich mehr Fragen über meine Vergangenheit als noch vor fünf Jahren.
Konnten Sie mit dem Buch Fragen auflösen oder sind eher neue hinzugekommen?
Sowohl als auch, würde ich sagen. Es hat vor allem bewirkt, dass ich noch mal eine andere Sicht auf die damaligen Geschehnisse bekommen habe und die Entschlossenheit meiner Eltern heute noch mehr zu schätzen weiß.