Der 1. FC Magdeburg steht nach fünf Spieltagen auf dem Spitzenplatz der dritten Liga - und das liegt nicht nur an den Spielern und dem Trainerteam, sondern an der ganzen Stadt.
Fans des 1. FC Magdeburg haben in den vergangenen Jahren eine ganz besondere Bezeichnung geprägt: Magdeburger Größenwahn.
Daniel George
Der hat am Dienstagabend seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Das Team aus der Landeshauptstadt steht seit dem 2:0-Erfolg gegen den Chemnitzer FC ganz oben im Drittliga-Klassement. Ein Aufsteiger nach fünf Spieltagen auf Platz eins - purer Wahnsinn! Oder eben Größenwahn.
Man muss bedenken: Der 1. FCM hat den zweitkleinsten Etat der dritthöchsten Spielklasse und seine Mannschaft im Vergleich zur Aufstiegssaison kaum verändert. Aufstiegsspieler wie Christian Beck, der in dieser Spielzeit bereits viermal getroffen hat und damit auch nicht aufhören will, oder Lars Fuchs, dem auf Neudeutsch „Emotional Leader" genannten Routinier, arbeiten weiter an ihrem Legendenstatus.
Magdeburg liebt seinen FCM dieser Tage so sehr wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Stadt lebt den Verein. Sie ist stolz. Der Erfolg zieht immer mehr und mehr Anhänger an. In einer Welt ohne Puffer-Zonen, wäre die MDCC-Arena, unkommerziell auch Heinz-Krügel-Stadion genannt, immer bis auf den letzten Platz gefüllt. Denn zum „Klub" zu gehen, ist plötzlich wieder cool.
Das war es lange Zeit nicht. Selbst zu Beginn der vergangenen Regionalliga-Saison unkten Kritiker. Der 1.FC Magdeburg stand für den gescheiterten Versuch eines Ost-Klubs, nach dem Mauerfall endlich in den Profi-Fußball zu gelangen. Das war für den Klub einerseits frustrierend, andererseits identitätsstiftend. Wer mit seinem FCM durch den unspektakulären Regionalliga-Alltag gegangenen ist, fühlt nun, wo es wieder ungleich besser läuft, eine noch tiefere Verbundenheit. Man hat es geschafft. Gemeinsam. Und es scheint, als würde die ganze Region dabei helfen wollen, den Profifußball in der Elbestadt zu etablieren.
Das Gute am Magdeburger Größenwahn ist etwas widersprüchlich: Es ist ein rationaler Größenwahn. Die Fans nehmen dieses Wort mit einem Augenzwinkern in den Mund. Sie wissen - wie auch die Verantwortlichen - genau, um was es geht: den Klassenerhalt.
Um das nicht falsch zu verstehen: Die Tabellenführung macht dem Klub schon Spaß. Und es fällt eindeutig unter die Rubrik „Ironie des Schicksals", dass es die Erzfeinde des Halleschen FC am Mittwochabend beim Zweiten in Dresden in der Hand haben, ob Magdeburg den Spitzenplatz bis zum Wochenende behält und das Genießen weitergeht. Aber der FCM weiß, woher er kommt. Und er weiß, dass er in Liga drei spielerisch zu den Abstiegskandidaten gehört.
Deshalb kämpft das Team. Die Magdeburger Leidenschaft hat bislang sämtliche Ostderbys vor heimischem Publikum gewonnen - 2:1 gegen Erfurt, 2:1 gegen Halle und 2:0 gegen Chemnitz. Die Mannschaft von Trainer Jens Härtel ist in dieser Saison noch ungeschlagen. Manche würden da das Träumen beginnen. Aber: „Die 3. Liga ist kein Traum", sagte Trainer Härtel sofort nach dem Sieg gegen Chemnitz am MDR-Mikrofon. „Wir müssen uns alle Punkte hart erarbeiten."
Elf hat Magdeburg schon. Elf emotional erkämpfte Punkte für den Klassenerhalt. Nur taugt solch ein Satz nicht für ohrenwurmähnliche Fangesänge. Deshalb heißt es lieber: „Oleeeee FCM, du bist mein Verein. Wir folgen dir durch Deutschland, Europa, die ganze Welt!" Ein sympathischer Größenwahn. (mz)