Dagmar Fritz

Journalistin und Online-Redakteurin, Icking

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Schwerbehinderung: Das müssen Sie wissen

Schwerbehindertenausweis: Wer bekommt ihn?

Wenn eine Schwerbehinderung, also ein GdB von 50 oder höher, vorliegt, können Betroffene einen Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis stellen. Voraussetzung: Der Antragsteller muss seinen Wohnsitz in Deutschland haben oder zumindest hierzulande arbeiten oder sich für gewöhnlich aufhalten.

Den Antrag für einen Schwerbehindertenausweis stellt man in der Regel beim zuständigen Versorgungsamt. Je nach Landesrecht kann die Zuständigkeit in den einzelnen Bundesländern aber auch bei den Landratsämtern oder beim Landesamt für Soziales liegen. Am besten bei der Stadtverwaltung, der örtlichen Gemeindeverwaltung oder beim Landratsamt nachfragen. Dort erhält man die Adresse des zuständigen Amtes. Formlos kann man beim zuständigen Amt die Zusendung eines Antragsformulars anfordern. Manche Versorgungsämter bieten auf ihrer Internetseite auch die Möglichkeit, den Antrag online auszufüllen und abzuschicken.

Der Schwerbehindertenausweis muss bei offiziellen Stellen wie Behörden, Sozialleistungsträgern, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auch beim Arbeitgeber gezeigt werden, um Leistungsansprüche geltend zu machen. Der aktuelle Schwerbehindertenausweis ist grün und so groß wie eine Scheckkarte. Bei Anspruch auf unentgeltliche Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln ist er halbseitig orangefarben.

Nachteilsausgleiche: Vorteile eines Schwerbehindertenausweises

In vielen Bereichen gibt es einen gesetzlich geregelten Nachteilsausgleich für schwerbehinderte Menschen. Allerdings kann nicht jeder Mensch mit Schwerbehinderung jeden Nachteilsausgleich in Anspruch nehmen. Viele Ausgleichsleistungen sind an die Höhe des GdB und die Zuteilung von Merkzeichen gebunden.

Die wichtigsten Vorteile im Überblick:

Medizinische Leistungen und Hilfsmittel, eine Haushaltshilfe oder Kinderbetreuungskosten können vom Versorgungsamt übernommen werden. Unterstützung zur Erhaltung oder Erlangung eines behindertengerechten Arbeitsplatzes, zum Beispiel technische Hilfen oder Lohnkostenzuschüsse. Sowie Übernahme von Reise-, Wohn-, Prüfungs- oder Lehrgangskosten, wenn diese für die Teilhabe am Arbeitsleben notwendig sind. Steuererleichterungen wie beispielsweise ein zusätzlicher Pauschbetrag bei der Einkommens- und Lohnsteuer. Anspruch auf bezahlten Zusatzurlaub und auf Wunsch Freistellung von Mehrarbeit. Vorzeitige Altersrente, wenn man mindestens 35 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat. Allerdings muss dazu ein Mindestalter erreicht sein. Für Schwerbehinderte gelten besondere Regelungen bezüglich der Regelaltersgrenze. Hierzu sollte man sich individuell beraten lassen. Am besten einen Termin bei einer Rentenberatungsstelle vereinbaren. Besonderer Kündigungsschutz - nur mit der Zustimmung des Integrationsamtes kann Schwerbehinderten gekündigt werden. Vergünstigungen bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und öffentlicher Einrichtungen, wie Bäder, Museen und Theater. Die Familienversicherung greift auch für behinderte Kinder jenseits der Altersgrenzen, die nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Dabei muss die Schwerbehinderung bereits vor dem 23. bzw. in Ausbildung vor dem 25. Lebensjahr eingetreten sein. Bundesländer gewähren zinsfreie Baudarlehen für behindertengerechten Umbau oder Neubau. Ermäßigte Rundfunkbeiträge werden sehbehinderten Menschen gewährt, wenn das Merkzeichen RF im Schwerbehindertenausweis eingetragen ist. Dazu muss jedoch ein Antrag gestellt werden, den man bei der Gemeinde- oder Stadtverwaltung erhält. Höhere Einkommensfreibeträge für Schwerbehinderte, wenn es um Wohngeld und einen Wohnberechtigungsschein geht. Auf der Seite www.behindertenbeauftragte.de finden Sie die Nachteilsausgleiche im Überblick.

Außerdem gewähren viele Vereine, Verbände und Unternehmen auf freiwilliger Basis bei Vorlage eines Schwerbehindertenausweises Vergünstigungen.

Ein häufiger Irrtum in Verbindung mit dem Schwerbehindertenausweis: Inhaber dürfen nicht automatisch Behindertenparkplätze nutzen. Dazu benötigen sie einen speziellen blauen Parkausweis, den sie bei der Gemeinde- oder Stadtverwaltung beantragen können. Voraussetzung ist allerdings, dass das Merkzeichen aG (außergewöhnlich gehbehindert) oder Bl (blind) im Ausweis eingetragen ist.

An die Verlängerung denken

Ein Schwerbehindertenausweis ist teilweise nur fünf Jahre gültig, manchmal auch unbefristet. Danach kann er beim zuständigen Amt zweimal verlängert werden. Ist das bereits zweimal der Fall gewesen, muss ein neuer Schwerbehindertenausweis beantragt werden. Ist beim Antragsteller eine wesentliche gesundheitliche Änderung nicht zu erwarten, wird der Ausweis in manchen Fällen auch unbefristet ausgestellt.

Etwa drei Monate bevor der Schwerbehindertenausweis abläuft, sollte man sich um die Verlängerung kümmern. Auch wenn sich der Gesundheitszustand wesentlich verbessert oder verschlechtert, müssen Ausweisinhaber dies dem Versorgungsamt mitteilen, damit ein neuer GdB festgesetzt werden kann. Lassen Sie sich davor beraten, es wird immer der komplette Gesundheitszustand bzw. GdB geprüft, nicht nur die Verschlechterung. Somit ist es möglich, dass man die Schwerbehinderung wieder verliert.

Hat ein Schwerbehindertenausweis auch Nachteile?

Manche Arbeitgeber scheuen den besonderen Kündigungsschutz und zögern daher, Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung einzustellen. Gerade jungen Erwachsenen, die auf der Suche nach einem Ausbildungs- oder einem Arbeitsplatz sind, kann der Schwerbehindertenstatus daher die Suche erschweren.

Menschen mit Schwerbehinderung sind nicht unkündbar. Eine Kündigung ist jedoch erst dann wirksam, wenn die Zustimmung des Integrationsamtes vorliegt. Deshalb verschweigen manche Arbeitnehmer ihren wahren Status. In manchen Fällen kann es für den Arbeitnehmer auch besser sein, erst nach dem Eintritt in die neue Firma einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen.

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