Anmelden
Passwort vergessen?

Neu bei torial?

Neu registrieren
Kleingedrucktes
Impressum Hilfe AGB Datenschutz
Kontakt
Newsletter

DE
Deutsch Englisch Französisch
  • Über torial
  • Blog
  • Portfolio
  • Recherche
  • {{{$value}}}

torial

Cristina Plett

Freie Journalistin, Berlin

Kontakt
Abonnieren
Feed Empfehlen
  • Portfolio
  • Profil
1 Abo und 2 Abonnenten
Rezension

Zum Flamenco schlabbert sie die Kamera ab: Rosalía im Velodrom

Die spanische Sängerin Rosalía hat im Velodrom mit Reggaeton und Wahnsinns-Choreografien gezeigt, warum sie in anderen Teilen der Welt längst ein Megastar ist.

Imago/Goncalo Delgado

Drums rattern, die Kick stampft, Rosalía und ihre Tänzer:innen krümmen sich pulsierend auf und ab, das Strobo flackert, „A de alfa, B de brava"; dann verdichten sich die Trommeln zu einem letzten theatralischen großen Bang, und es ist vorbei. Nach rund einer Stunde und 40 Minuten beendet die spanische Sängerin Rosalía ihr Berlin-Konzert nicht mit einem Hit, sondern mit einem der experimentellsten Songs ihres jüngsten Albums, „CUUUUuuuuuute" (unter anderem coproduziert von der argentinischen Underground-Produzentin Tayhana). Es ist trotzdem ein fulminanter Abschluss, der zusammenfasst, was gerade im Velodrom passiert ist: emotionale Balladen, rabiate Stomper, Reggaeton zum Feiern und eine Tanzperformance bei vollem Körpereinsatz. Das Publikum an diesem Sonntagabend in Berlin liebt es.

Es war der 40. Stopp der spanischen Sängerin Rosalía auf der Tour anlässlich ihres dritten Albums „Motomami". Als der Vorverkauf für das Berlin-Konzert im April startete, mochten das Velodrom mit seinen 12.000 Plätzen Kapazität und der Ticketpreis von rund 70 Euro aus deutscher Perspektive noch ziemlich groß gewirkt haben. Aber in anderen Teilen der Welt - ihrer Heimat Spanien und vielen Ländern Lateinamerikas - war Rosalía längst ein Star. Und auch hier im Velodrom stellt Rosalía unter Beweis, warum. Da die Location ein bisschen kleiner ist als die Arenen, in denen sie etwa in Mexiko spielt, ist man sogar etwas näher dran an ihr. Sie ist nicht wie sonst bei Stadionkonzerten nur über den Screen zu sehen.

Für die zwei Bildschirme links und rechts neben der Bühne und große Zuschauermengen ist diese Show allerdings auch konzipiert; mindestens ein Kameramann rotiert die ganze Zeit um Rosalía herum. Er filmt mit einem Handy. Das Resultat ist hochkant. Die Kamera filmt sie mal von unten, mal ruckelt sie, mal schlabbert Rosalía die Linse ab. Das Video wird Teil der Performance; manchmal steht sie sogar kurz mit dem Rücken zum Publikum und fixiert allein die Kamera. Sie nimmt mit auf die Bühne, was ihre Gäste unten eh die ganze Zeit mit ihren Handys machen. Relatability und zugleich mehr Dynamik für den klassischen Videoscreen.

Die Fans haben sich im Rosalía-Style herausgeputzt

Rosalía hat die Aura eines Megastars. Flamenco-Balladen wie „De Plata" (das einzige Lied von ihrem ersten Album an diesem Abend) singt sie mit einer Stimme, die so Studioaufnahmen-perfekt klingt, dass man mehrmals hinhören muss, um festzustellen: Nein, das ist kein Playback. Tanzen tun sie und ihre sieben Tänzer:innen mit beeindruckenden, extrovertierten Choreografien, die den Punch und die Kantigkeit der Lieder auf „Motomami" akzentuieren. Auf effektheischende Outfitwechsel verzichten sie, Rosalía trägt das ganze Konzert über einen blauen Strickpulli, einen ledernen Minirock und schwarze Overknee-Stiefel; ihre Entourage trägt derweil weiße, asymmetrische Tops und schwarze Hosen. Man könnte es fast als schlicht bezeichnen.

Trotz einer gewissen Unnahbarkeit, eben weil alles auf so einem hohen Niveau abläuft, hat Rosalía einen spielerischen Charme. Bei „La Noche de Anoche", einem ihrer Hits, eigentlich gemeinsam mit dem Reggaeton-Star Bad Bunny (im vergangenen Jahr der auf Spotify meistgestreamte Künstler weltweit), geht sie in die erste Reihe des Publikums. Sie nimmt die Handycam und das Mikro mit, und für die Teile, die Bad Bunny eigentlich singt, hält sie einzelnen Fans das Mikro hin. Die Passagen singen sie. Klingt manchmal schief, ist aber ein sympathischer Kniff. Und textsicher sind die Fans in der ersten Reihe sowieso.

Auch sonst ist der Mitsing-Faktor hoch. Schon beim Betreten des Velodroms hat man den Eindruck, dass ein großer Teil des Publikums spanischsprachig ist. Das Publikum hat sich im Rosalía-Style herausgeputzt: Man sieht viele motorradhafte Lederjacken und -hosen, schulmädchenhafte Miniröcke, Zöpfe, große Sonnenbrillen. Statt einer Vorband laufen Latino-Klassiker wie „Obsesión" von Aventura vor Konzertbeginn. Schon da wird kräftig abgejohlt und getanzt. In der zweiten Hälfte fühlt sich das Konzert stellenweise wie eine Party an, als in einem Medley die Reggaeton-Klassiker „Papi Chulo" und „Gasolina" zwischen Rosalías größeren Hits wie „Yo x Ti, Tu x Mi" oder „TKN" zu einem Megamix verarbeitet werden. Rosalía twerkt, der Jubel ist groß.

Den Schmerz, den es bedeutet, fern seiner Heimat zu sein, verarbeitet Rosalía in „G3 N15". Davor macht sie eine der wenigen Pausen, um mit dem Publikum zu sprechen. Sie hat die obligatorischen Sätze Deutsch gelernt, sagt, dass sie sich in einem Vintageladen eine Jacke gekauft hat, dann erzählt sie auf Spanisch weiter: Um „Motomami" zu machen, verbrachte sie zwei Jahre weit weg von den Menschen, die sie liebt. Das sei eine der schwersten Phasen ihres Lebens gewesen. Ein Gefühl, das viele der anwesenden Spanischsprechenden sicherlich kennen.

In dem Moment scheint Rosalía fast ein bisschen verloren, was sicher beabsichtigt ist; trotzdem wirkt es nach und macht das anschließende „G3 N15" zu einem sehr starken Moment inmitten vieler starker Momente. Denn das ist dieses Konzert: eine Ansammlung von Highlights, die zeigen, wie man Pop, Reggaeton, Flamenco und Live-Performance spannend und neu denken kann. Und ein Versprechen: Von Rosalía wird man noch lange was hören.

Zum Original
Original anzeigen

Erstellt am 08.02.2023
Bearbeitet am 08.02.2023

Quelle
https://www.berliner-zeitung.de/kul...

Lizenz
Alle Rechte vorbehalten
Alle Rechte vorbehalten

Themen-Tags
rezension konzert rosalia
Dies ist ein öffentliches Journalisten Portfolio von torial.
Weitere Portfolios und Beiträge in den Themen.
torial