40 Grad unterm Sonnenschirm. Die drückt. Wie eine Dosensardine liegt man im Sand, umdrehen unmöglich, denn da beginnt schon das Handtuch des nächsten Urlaubers. Früher war der Strand mal größer, jeder hatte Platz, aber das Meer ist in den letzten Jahrzehnten immer weiter landeinwärts vorgedrungen. Bei Flut schwappen die Wellen fast bis zur Küstenstraße.
Das Schlimmste: Ein Bad im Meer erfrischt kaum, so warm ist das Wasser. Für den nächsten Tag ist wieder Hitze angesagt, eine Abkühlung nicht in Sicht. Und im Hotel kann man sich auch nicht so richtig abkühlen: Aus der Dusche kommt nur ein fader Wasserstrahl ohne Druck. Der Pool ist trocken, nur in den ganz teuren Ressorts soll man darin noch baden können. Denn das Wasser ist knapp, und inzwischen muss auch die Hotellerie sparen. Man fragt sich: Warum bin ich bloß wieder nach gefahren? Schwitzen könnte man auch zu Hause in Deutschland. Sommerferien im August 2050.
Das soeben beschriebene Gesamtszenario ist fiktiv. Die Einzelheiten aber könnten real werden, sind es zum Teil sogar schon: Das Rinnsal aus dem Wasserhahn tröpfelt in der Provinz Córdoba in Südspanien. Die 40 Grad wurden während der bis dato längsten Hitzewelle Mallorcas im Juli gemessen. Schrumpfende Strände gibt es zum Beispiel in Barcelona und Griechenland.
Die aktuellen Hitzewellen passen in einen eindeutigen Trend, sagt Dr. Peter Hoffmann, Meteorologe und Klimaforscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: "In den vergangenen 60 Jahren haben sich die Tage über 30 Grad in Deutschland verdoppelt." In anderen Regionen sei das ähnlich. Und das ist erst der Anfang: Hitzewellen werden in Zukunft häufiger, länger und intensiver werden, sagt Hoffmann. Auch Regen wird stellenweise zunehmen, aber nicht über das Jahr verteilt: "Hitze und Regen, beides tritt in Zukunft in Extremen auf. Es gibt nicht mehr dieses Dazwischen." In Stockholm könnte es zum Beispiel in 50 Jahren ein ähnliches Klima wie in Wawern in der Eifel geben.
Wie sieht die Zukunft des Sommerurlaubs in einem derart aufgeheizten aus? Fahren alle an die Ostsee statt ans Mittelmeer, nach Schweden statt Spanien?
Überall ein paar Grad mehr - das ist zwar eine Folge des Klimawandels, aber ganz so einfach ist es nicht. "Man kann das nicht nur mit 'Alles wird wärmer' erklären. Die Dynamik von Wettersystemen spielt da immer stärker eine Rolle", sagt Hoffmann. Die steigenden Temperaturen haben also vielfältige Auswirkungen. Kontinente heizten sich etwa stärker auf als Ozeane. So kann es zu einem Gegensatz zwischen Nordatlantik und Europa kommen, der dazu führt, dass Wetterlagen sich über Westeuropa verfestigen und länger andauern, wie eben Hitzewellen. Es könnte sogar noch schlimmer kommen: Wenn sich zum Beispiel der Golfstrom verlangsamt, weil Süßwasser aus den schmelzenden Polkappen das Salzwasser im Meer verdünnt - dann könnte das Atlantikwasser vor Europa sogar kühler werden und der Unterschied zum aufgeheizten Kontinent noch größer. Die Folgen wenn der Golfstrom ganz abreißt - unabsehbar. "Da sind noch viele Sachen offen, aber auch viele unkalkulierbar", sagt Hoffmann. Tropenstürme zum Beispiel könnten bis nach Portugal ziehen. Eins aber ist sicher: Hitzewellen werden zunehmen, in Westeuropa mehr als im Rest der Welt.
Spanien und Portugal erleben aktuell bereits die größte Trockenheit in 1200 Jahren. Gerade in touristischen Regionen ist Trockenheit wegen der daraus resultierenden Wasserknappheit ein besonders großes Problem. Wenn neben Anwohnerinnen auch Touristen Wasser verbrauchen, verschärft das die Konkurrenz um ein Gut, das bei Trockenheit weniger da ist und mehr gebraucht wird.
Auf Mallorca spüren die Bewohnerinnen schon jetzt die Auswirkungen von Erwärmung und Trockenheit. Jeden Sommer aufs Neue ist die Wasserknappheit ein Problem. Man bereitet unter hohem Energieaufwand Meerwasser auf, um es zumindest zum Gießen tauglich zu machen.
In Zukunft könnte sich das Problem verschärfen, sagt der Generaldirektor für Energie und Klimawandel der Balearen, Pep Malagrava: "Gerade der Tourismus braucht viel Wasser und viel Energie. Deswegen muss man der Zahl an Touristen, die kommen können, eine echte Begrenzung setzen." Diesen Ansatz verfolgt die Regionalregierung der Balearen schon seit Jahren. Weniger Massentourismus, Kurzzeiturlauberinnen und Junggesellenabschiede, stattdessen Familien und Leute, die länger bleiben. Schon vor der Pandemie habe sich gezeigt, dass weniger Gäste nicht automatisch weniger Umsatz bedeuteten, sagt Malagrava: "2018 und 2019 kamen weniger Touristen als in den Vorjahren. Trotzdem haben die Ausgaben pro Person pro Tag zugenommen." Was das Wasser angeht, müsse man in Zukunft über Restriktionen nachdenken. Malagrava wirft im Gespräch Ideen in den Raum: Wasser und Strom in Hotels nach Verbrauch der Gäste abrechnen, um sie zum Sparen zu animieren, oder in einem Hotel mit fünf Pools nicht alle nutzen. Weil Mallorca eine Insel ist, darf der Grundwasserspiegel nicht zu stark sinken. Sonst versalzt das Wasser, weil das Meerwasser von außen reindrückt. Und ist das einmal passiert, ist es kaum rückgängig zu machen.