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Sam Stone ist kaputt. Granatsplitter im Knie, Bilder im Kopf. Im Hintergrund rotiert eine Jahrmarkt-Orgel wie ein leeres Karussell, dann singt John Prine den nasalen Euphemismus, der die Tragik des Liedes schon in sich trägt: Sam Stone came home / To his wife and family / After serving in the conflict overseas. Was genau Sam Stone widerfahren ist, was er getan hat und ihm angetan wurde, wird nicht ausgesprochen. Niemand fragt. Sam Stone war nicht im Krieg, er hat gedient. Doch Zeit und Feind haben ihm die Nerven zerbombt. Er kehrt als Wrack zurück zu Frau und Familie. Uncle Sam, sein Namenspatron, dekoriert ihn mit dem Verwundetenorden Purple Heart - und vergisst ihn.
„Sam Stone" ist, was John Prine am besten konnte: Küchentischmusik über unsaubere amerikanische Leben. Am vergangenen Dienstag ist das seine nach 73 Jahren, in denen er unter anderem schlechter Schüler, mittelmäßiger Briefträger, widerwilliger Soldat und hervorragender Musiker war, zu Ende gegangen. Es bleiben unvergessliche Lieder von „Sweet Revenge" bis „Lake Marie", die ernst sind, ohne ernsthaft zu sein. Texte, die einen zum Lachen bringen, ohne dass man froh ist oder einem die Tränen in die Augen treiben, ohne dass man die Hoffnung verliert. Dieser Song, der 1971 auf John Prines Debütalbum erschien, gehört in beide Kategorien. (...)
11. April 2020.
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