1 Abo und 0 Abonnenten
Artikel

Neapel: Ein Wunder steht bevor

Brennende Autos, Vermummte mit Baseballschlägern und Pyrotechnik gegen Polizisten mit Tränengas - so kann man sich die Szenen in Neapels Straßen vor gut zwei Wochen ungefähr vorstellen, die Italiens Corriere dello Sport am Tag nach der Champions-League-Niederlage von Eintracht Frankfurt gegen den SSC Neapel einen "Guerillakrieg" nannte. Bürgermeister verurteilte die "verrückten und inakzeptablen Verwüstungen", bei denen mindestens sechs Polizisten verletzt wurden. Die deutsche Innenministerin twitterte, fast routiniert: "Gewalttäter und Chaoten machen den Sport kaputt."


Neapel, dachte ich, als ich die Krawallbilder sah, ausgerechnet Neapel. Das passt mal wieder zum Image der Stadt, die im nördlicheren Italien noch immer als derb, chaotisch, kriminell gilt. Pass auf, hatten mich selbst italienische Bekannte gewarnt, als ich ein paar Wochen vor den Attacken der Eintracht- und Napoli-Fans aufeinander und gegen die Polizei nach Neapel gereist war, um eine andere Fußballgeschichte zu erzählen, eine vom Erfolg. Denn genauso wie Neapel eigentlich längst keine gefährliche Stadt mehr ist, so machte auch der innig geliebte SSC in letzter Zeit sonst eigentlich bloß mit seiner überraschenden Siegesserie Schlagzeilen.


Ja, an dieser Stelle muss es etwas pathetisch werden: In Neapel steht ein Wunder bevor – der scudetto, die Meisterschaft für den Fußballverein, der auf Italienisch heißt wie die Stadt, Napoli. Fast 20 Punkte Vorsprung haben die Neapolitaner auf den Tabellenzweiten, Lazio Rom. Ein Sieg wäre eine Sensation, nach Jahrzehnten der Dominanz des wohlhabenderen Nordens: Mal gewann Turin, mal Mailand, selten Rom.


Wie hat die Liebe zu einem Verein, der nie gewinnen konnte, die Stadt geprägt? Und was macht es mit ihr, wenn er doch auf einmal siegt? Um das herauszufinden, bin ich hingereist.

Zum Original