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Moka: Das Männchen

Lange gesucht und endlich gefunden: In der Serie "Ode an ein Ding" feiern wir jede Woche völlig subjektiv ein Produkt. Dieser Artikel ist Teil von ZEIT am Wochenende, Ausgabe 06/2023.

Es ist natürlich zu früh, um über meinen Tod zu sprechen. Aber seit ich weiß, dass Renato Bialetti sich in einer Urne in der Form einer Moka beerdigen ließ und damit viele, die das hörten, zum Schmunzeln brachte, denke ich, dass es genau das Richtige ist. Für ihn. Aber vielleicht ja auch für mich. Ich liebe die Moka. Er liebte die Moka, werden die Trauergäste dann sagen, schmunzeln und mehr will ich gar nicht.

Zzzz. Pffffupfup. Krrrrrrrr. Mein Geist fährt morgens mit ihr hoch. In den knapp sechs Minuten, in denen ich vor dem Gasherd auf sie warte, stehe ich da und mache gar nichts. Ich starre sie nur an und versuche klarzukommen. Bis Kaffeetropfen das obere Kannenteil füllen, zischend, trommelnd, dampfend. Eine Melodie, die mich milde stimmt. Na gut, versuchen wir diesen Tag. Ich bin noch nicht bei mir, kann aber einschenken.

Wenn nichts auf der Welt eine Form hätte und alles neu zu bestimmen wäre, würde ein perfektes Gerät, aus dem Kaffee kommt, trotzdem aussehen wie eine Moka Express. Achteckig, schlicht, spektakulär. Benutzt noch schöner. Alfonso Bialetti soll sie 1933 eingefallen sein, ihr Name bezieht sich auf die jemenitische Hafenstadt Mokka, aus der eine besonders gute Kaffeesorte kommen soll. Heute steht die Moka im MoMA in New York und auf meinem Frühstückstisch.

Alle anderen Arten der Kaffeezubereitung sehe ich kritisch. Kaffee kommt aus der Moka. Basta! Seit meinem Studium begleitet sie mich. In italienischen WGs wird Menschen, die ihren Kaffee weiß Gott wie zubereiten, immer zuerst erklärt, dass die Moka kein Spüli verträgt. Einmal, ich lebte in Rom in einer WG, hatte ich es eilig, setzte ich sie auf und ging ausnahmsweise duschen. Als ich gerade das Haus verlassen wollte und mich wieder an sie erinnerte, war sie unten schwarz und am Griff geschmolzen. Schlimmer als Spüli. Ansonsten ist sie quasi unzerstörbar, Ersatzteile findet man in Italien in jedem Dorf.

Wenn ich Zeit habe, mache ich eine Crema. Mein Vater brachte es mir bei. Er (...)


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