Schulklassen und Familien haben eine, Kollegen und Verbündete im Geiste haben sie auch, und natürlich auch die Bundestagsfraktion der AfD: eine Whatsapp-Gruppe. Quasselgruppe heißt sie, und den Journalisten Katja Riedel und Sebastian Pittelkow von WDR und NDR wurden ihre Inhalte zugespielt, 40 000 Nachrichten. In Die Jagd, der Titel spielt auf Alexander Gaulands "Wir werden sie jagen" an, machen sie öffentlich, was im Inneren der AfD, im "digitalen Hinterzimmer", wie es im Podcast heißt, geschrieben wird - zu entscheidenden Momenten der jüngeren Parteigeschichte und im Fraktionsalltag. "Fällt es so schwer, einmal nicht über das Dritte Reich zu reden?", hieß es in der Quasselgruppe etwa im Frühjahr 2020, als der Verfassungsschutz den rechten AfD-Flügel als extremistisch einordnete. Offenbar wird im Chat auch die Banalität des zwischenmenschlichen Austauschs, von Geburtstagsgrüßen bis zum Mobbing der Abgeordneten Joana Cotar mit ihrer früheren Tätigkeit als Feng-Shui-Beraterin. Am bezeichnendsten sind oft die Interviews mit Figuren aus der Quasselgruppe, die Riedel und Pittelkow einschieben. Dort begründet etwa Hansjörg Müller, dass er 2019 bei einer Wahlkampfveranstaltung die erste Strophe des "Deutschlandlieds" mitsang, so: "Ich habe mich dafür entschieden, mich lieber in die rechte Ecke schieben zu lassen, als als Weichei bezeichnet zu werden." Aurelie von Blazekovic
Es erklärt nur sehr bedingt etwas und rechtfertigt gar nichts. Doch wenn in diesem Podcast immer wieder einmal notwendigerweise von Rassismus die Rede ist, dann ist Denis Cuspert nicht ausschließlich ein Täter. Der Berliner hatte selbst lange und oft unter rassistischer Ausgrenzung zu leiden. Die Journalistin Azadê Peşmen erzählt die Geschichte des Mannes, der nach (und während) einer kriminellen Karriere unter dem Namen Deso Dogg als Rapper eine bescheidene Berühmtheit erlangt hatte, ehe er sich in einen salafistischen Prediger verwandelte und schließlich dem Islamischen Staat die Treue schwor. Cuspert hat zu Terroranschlägen in Deutschland aufgerufen und er hat am syrischen Bürgerkrieg teilgenommen, in dem er 2018 umgekommen ist. Peşmen spricht mit Cusperts Bruder, mit früheren Weggefährten, mit Journalisten, einer Psychologin und Verfassungsschützern, um nachvollziehbar zu machen, wie ein Mensch, der in Deutschland geboren und sozialisiert ist, sich derart radikalisiert, dass er zum Terroristen wird. Was nur dann möglich ist, wenn jemand zugleich zu einem extremen Rassisten wird, der Andersdenkende und -lebende kategorisch ablehnt. Stefan Fischer
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