Anmelden
Passwort vergessen?

Neu bei torial?

Neu registrieren
Kleingedrucktes
Impressum Hilfe AGB Datenschutz
Kontakt
Newsletter

DE
Deutsch Englisch Französisch
  • Über torial
  • Blog
  • Portfolio
  • Recherche
  • {{{$value}}}

torial

Clara Hellner

Journalistin, Berlin

Kontakt
Abonnieren
Feed Empfehlen
  • Portfolio
  • Profil
1 Abo und 1 Abonnent

Rügen: Großmutters geliebte Insel

Nonna sagen italienische Kinder zu ihren Großmüttern, ich nenne meine auch so: Weil sie das eleganter findet als Oma. Nonna mag schicke Schuhe und Handtaschen, antike Möbel und altes Porzellan. Als Kinder hat sie uns zum Golfspielen mitgenommen, uns ermahnt, Rosenbeet und Marmorbüsten im Garten beim Fußballspielen zu verschonen, und uns die Goldfische im Teich füttern lassen.

Heute wohnt meine Großmutter in Hannover - dort, wo auch meine Mutter und später ich selbst aufgewachsen bin. Aber geboren und aufgewachsen ist sie auf . Das fällt mir ein, während meine Mitbewohner um mich herum Fahrradtaschen, Isomatten und Schlafsäcke zusammensuchen. Am nächsten Morgen wollen sie mit mir zum Campen nach Rügen aufbrechen.

Am Abend zuvor rufe ich meine Großmutter an, um sie nach Ausflugstipps zu fragen. Sie ist gerührt. "Wie schön, dass ihr meine Insel anschaut!", ruft sie am Telefon. Mich überrascht das, denn das Inselleben meiner Großmutter endete vor mehr als einem halben Jahrhundert. Kurz vor dem Bau der Mauer ging sie mit meinem Großvater nach Westdeutschland. Die Geschichte ihrer Flucht nach Hannover ist eine oft erzählte in meiner Familie. Ostdeutschland kommt darin vor allem als bedrückender Ort vor, den hinter sich gelassen zu haben, sie froh waren. Nicht als einer, den man vermisst.

Sie leitet mich aus der Ferne

Auf Rügen übernachten meine Mitbewohner und ich im nördlich gelegenen Nationalpark Jasmund, umgeben von den berühmten Buchenwäldern. Tagsüber erkunden wir die weißen Kreidefelsen und die steinigen Strände. Ich mache Fotos und schicke sie Nonna. Als wir, zurück in Berlin, noch einmal telefonieren, beginnt sie zu erzählen: Wie sie früher selbst mit Freunden an der Ostsee übernachtete, im alten, Leukoplast-geflickten Zelt ihres Vaters. Mir wird klar, wie wenig ich über ihre Jugend in der weiß. Wir haben immer mal darüber gesprochen, als Großfamilie nach Rügen zu fahren. Aber jetzt, in der Corona-Krise, ist Verreisen für meine Großeltern nicht drin. Also beschließe ich, diese Erkundungsreise alleine zu machen - geleitet von Nonna aus der Ferne.

Nonna ist begeistert von meiner Idee. Unsere Vorstellungen einer gelungenen Reiseplanung gehen allerdings auseinander, wie wir bald feststellen. Ich will nur bis zum ersten Bahnhof auf Rügen den Zug nehmen und die restlichen Kilometer mit dem Fahrrad zurücklegen, sie sorgt sich wegen der vielen Hügel auf der Insel. Und auch mein Plan, dem Ganzen zwei Tage Windsurfen im Nordwesten der Insel, im Dorf Dranske, voranzustellen, findet sie so mittel. Dranske sei so abgelegen, warnt sie: "Mein Vater hatte dort sogar eine kleine Außenstelle seiner Zahnarztpraxis, weil die Menschen da kaum weggekommen sind!"

Eine Viertel-Rüganerin

Meine Hoffnung war, beim Windsurfen vielleicht ein paar Inselbewohner kennenzulernen, die ich ein wenig über ihre Heimat ausfragen kann. Aber die Surflehrer sind alle nicht von hier, und die Kurse für die locals sind wann anders. Dafür spricht mich ein Dauercamper von seinem Gartenstuhl aus an, als ich mein Rad durch den Sand schiebe: Ob diese Rennradfelgen nicht viel zu dünn für so viel Gepäck seien? Wir kommen ins Gespräch, ich erkläre ihm den Grund meiner Reise. Ah, eine Viertel-Rüganerin, ruft er.

Nach dem Windsurfen sitze ich auf dem Steg, die Mücken zerstechen mir die Beine, ich trinke ein Störtebecker-Bier und frage mich, ob es das damals auch schon gab. Ich frage meine Großmutter bei Whatsapp, ob sie nostalgische Erinnerungen an Lebensmittel oder Getränke von früher hat? Sie schickt mir eine Sprachnachricht zurück: Was wir in der DDR zu essen und zu trinken hatten, habe ich nie wirklich vermisst. Abends telefonieren wir. "Wie schön, dass du so viel Sonne hast", sagt sie: Sie hat sich den Wetterbericht von Rügen angeschaut. Zusammen gehen wir den Weg ab, den ich mit dem Fahrrad nach Dranske gefahren bin, sie auf der Karte, ich bei Google Maps.

Zum Original
Original anzeigen

Erstellt am 21.10.2020
Bearbeitet am 21.10.2020

Quelle
https://www.zeit.de/entdecken/reise...

Lizenz
Alle Rechte vorbehalten
Alle Rechte vorbehalten

Themen-Tags
rügen ostsee ostdeutschland entdecken ddr
Dies ist ein öffentliches Journalisten Portfolio von torial.
Weitere Portfolios und Beiträge in den Themen.
torial