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Eine fast perfekte WM für Kristina Vogel

Kristina Vogel hält eine Deutschlandfahne und lässt sich feiern. Mit elf WM-Titeln hat die Radsportlerin in der ewigen Bestenliste zur führenden Australierin Anna Meares aufgeschlossen. FOTO: Peter Dejong / dpa

Ihre Auslaufrunde fuhr Kristina Vogel mit hängenden Schultern, erstmals in Apeldoorn gab es nichts zu feiern. Die Bahnrad-Olympiasiegerin verpasste zum Abschluss ihr drittes Gold dieser Weltmeisterschaften und ihr zwölftes insgesamt. Doch schon zuvor hatte Vogel ihr persönliches Ziel in den Niederlanden erreicht.

„Drei Medaillen" wollte die 27-Jährige gewinnen, „davon vielleicht eine goldene". Nach Platz sechs im Keirin-Rennen gestern waren es zwar „nur" zwei Medaillen, durch die Siege im Teamsprint und Sprint allerdings zwei der höchsten Kategorie. Zudem schloss sie mit insgesamt elf WM-Titeln zur Australierin Anna Meares an der Spitze der „ewigen" Bestenliste auf.

Trotz des Ruhetages zuvor schien Vogel im Keirin-Finale der letzte Punch zu fehlen. Nach den überlegenen Siegen in den ersten beiden Runden kam sie im entscheidenden Rennen nicht nach vorne. „Jede will mich fallen sehen. Es wird von Wettbewerb zu Wettbewerb schwieriger", hatte sie gesagt: „Die Kunst ist, immer unberechenbar zu bleiben." Das gelang ihr gestern nicht.

Dabei hätten die diesjährigen Weltmeisterschaften so dominant werden können wie 2014 im kolumbianischen Cali, als Vogel und ihre Teamsprint-Dauerpartnerin Miriam Welte aus Kaiserslautern alle vier Kurzzeit-Rennen für sich entschieden hatten. „Kristina hat's nach dem Teamsprint zur Sprache gebracht", sagte Welte: „So ein Ding wie in Cali, das wäre geil. Und als sie am Freitag wirklich Sprint-Weltmeisterin geworden ist, habe ich nur gedacht: Mist, jetzt bist du unter Zugzwang, jetzt musst du die 500 gewinnen."

Gesagt, getan. Welte lieferte und gewann am Samstag das 500-Meter-Zeitfahren. Nur Vogel blieb der letzte Streich verwehrt. Dennoch zog Bundestrainer Detlef Uibel ein positives WM-Fazit: „Wir haben drei Frauen, die Weltspitze sind."

Denn neben Vogel und Welte hat Uibel noch ein weiteres Ass auf der Bahn: Pauline Grabosch. Vogels erst 20 Jahre alte Teamkollegin aus Erfurt bestritt am Mittwoch mit Welte die Qualifikation im Teamsprint und sicherte sich damit ihr erstes WM-Gold. Bei Vogels Sprint-Sieg gewann sie mit Bronze zudem ihre erste Einzelmedaille. „Pauline hat in relativ kurzer Zeit eine sehr, sehr große Entwicklung gemacht. Sie ist sicherlich eine der größten Perspektiven in Richtung Olympische Spiele in Tokio", sagte Uibel zu seinem Schützling: „Aber sie braucht Wettkampfhärte, da liegt ihr größtes Potenzial."

Auch Vogel weiß das und brachte die Verbesserungsmöglichkeiten ungeschminkt auf den Punkt: „Darf ich sagen, ihr fehlen ein bisschen die Eier?" Bis zu den Spielen in Japan sind es aber noch zweieinhalb Jahre. Für Grabosch genug Zeit, sich weiterzuentwickeln. Für Vogel und Welte bleibt die Herausforderung, ihre Ausnahmestellung in der Welt zu festigen.

Die Situation bei den Männern betrachtet Bundestrainer Uibel hingegen „kritisch" - trotz der Goldmedaille von Roger Kluge und Theo Reinhardt zum Abschluss der Titelkämpfe im Zweier-Mannschaftsfahren sowie Keirin-Bronze und Platz vier im Sprint jeweils durch Maximilian Levy. Auch hier bleiben noch zweieinhalb Jahre, um alle Männer für „den ganz großen Höhepunkt" fit und in Form zu bringen.

Bei Rekordfrau Kristina Vogel muss er sich da keine Sorgen machen. Sie scheint auf dem Weg nach Tokio und auch dort kaum zu schlagen zu sein. Wenn man das Keirin-Rennen mal außen vor lässt.

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