2 Abos und 4 Abonnenten
Artikel

Kristina Vogel dank "Möhren"-Trick auf Rekordkurs

In Apeldoorn sicherte sich Kristina Vogel ihren nächsten WM-Erfolg

Kristina Vogel strebt nach ihrem zehnten WM-Titel einem "ewigen" Rekord entgegen. Geholfen haben ihr dabei ihre Partnerin Miriam Welte und der Gedanke an eine Möhre.

Am Ende wirkte selbst Kristina Vogel überfordert. Ein Strauß orangefarbener Tulpen, ein Paar holländischer Holzschuhe, eine schwarze Schatulle - und das alles in ihren zwei kleinen Händen. Aber das wichtigste Utensil musste die zweimaligen Bahnrad-Olympiasiegerin nicht tragen, das hing ihr um den Hals: ihre zehnte Goldmedaille bei Weltmeisterschaften.

"Man könnte meinen, die Vogel schüttelt das alles hier locker aus der Hand. Aber so ist es nicht", sagte die Erfurterin passend zu ihren vielen Erfolgen und Preisen. Wenige Minuten zuvor hatte Vogel mit ihrer Dauerpartnerin Miriam Welte im Teamsprint in 32,605 Sekunden die niederländischen Lokalmatadorinnen Kyra Lamberink/Shanne Braspennincx (33,124) besiegt und das Omnisport Apeldoorn zum Schweigen gebracht.

Es sah tatsächlich locker aus, wie die London-Olympiasiegerinnen mit ihrer Partnerin Pauline Grabosch, die in der Qualifikation mit Welte gefahren war, die Konkurrenz dominierten. Doch es war "harte Arbeit", und der Lohn rührte Vogel sichtlich.

Bereits auf dem Rad hatte die 27-Jährige feuchte Augen, während der Nationalhymne schmiegte sie sich an Weltes Schulter. "Da waren schon ein paar Glückstränchen dabei". Selbst beim Interviewmarathon waren diese noch nicht getrocknet.

Vogel kann Historisches schaffen

Dabei hatte ihr Triumph zum Auftakt der Weltmeisterschaften noch eine zusätzliche Dimension: Nur noch zwei weitere Erfolge fehlen Vogel, um die Australierin Anna Meares zu übertreffen, die mit elf Titeln die "ewige" Rangliste der Bahnradfahrerinnen anführt.

Diese Erfolge könnte Vogel bereits am Freitag im Sprint sowie am Sonntag im Keirin einfahren, wo sie als Titelverteidigerin startet und auf dem Papier noch bessere Aussichten hat als in der Teamverfolgung.

Doch daran wollte Vogel am Mittwochabend nicht denken. "Ich habe mein Soll erfüllt. Ich habe gesagt, eine Goldmedaille wäre geil. Und der Rest wäre Zugabe", betonte Vogel in ihrem zehnten Regenbogentrikot. Daher beging sie noch am Abend ihr "gewohntes" WM-Ritual: Medaille im Hotelzimmer aufhängen und ein "kleines Bier" mit Partnerin Welte trinken.

Denn auch für Welte erfüllte sich in Apeldoorn ein großes Ziel. Nach ihren drei gemeinsamen Titeln zwischen 2012 und 2014 klappte es im Teamsprint lange nicht mehr mit dem großen Wurf, Vogel feierte ihre Erfolge zunächst alleine.

"In die Möhre gebissen"

"Es war in den letzten Jahren immer so, dass Kristina das Trikot hatte, und ich nicht. Ich war da auch ein bisschen eifersüchtig und neidisch, dass sie im Training immer mit diesen Streifen rumfahren darf", sagte Welte dem "SID".

Um den gemeinsamen Erfolg zu ebnen, nutzte sie einen alten psychologischen Kniff: "Ich habe ihr gesagt: 'Denk dran, 2012, als wir das erste Mal Weltmeister wurden, da hast du die Möhre gejagt, da bist du hinter mir her und hast in die Möhre gebissen. Du musst hier einfach wieder in die Möhre beißen, das muss klappen.'" Es hat geklappt.

Einen nicht geringen Anteil daran hatte auch Grabosch. Die erst 20-Jährige fuhr mit Welte in der Qualifikation die Bestzeit und verschaffte Vogel eine Ruhepause. "Das war heute eine Teamleistung. Das ist in Richtung Tokio auf jeden Fall positiv", sagte Vogel mit Blick auf Olympia 2020: "Es entstehen Möglichkeiten, die wir lange nicht hatten."

Doch zunächst gibt es in Apeldoorn noch zwei Möglichkeiten. Und die muss Vogel dann alleine ergreifen.

Zum Original