Unser Autor lernt Surfen für Reisen nach der Pandemie, in den winzigen Wellen von Rostock-Warnemünde.
Die eisgrauen Wellen rauschen nicht in meinen Ohren, sie klirren. Der Strand von Rostock-Warnemünde liegt in fahlem Licht, die drei Leuchttürme wie unter Milchglas. Es ist Ende Februar, und ich will ein Gefühl bekommen für die Ostsee. Meine Füße laufen nach den ersten Schritten im drei Grad kalten Wasser rot an. Das Kreischen der Möwen klingt gehässig, als riefen sie: "Na, und du Idiot willst hier morgen surfen lernen?"
Es war nicht meine Idee. Meine Chefin hatte das vorgeschlagen, halb im Spaß, als es noch schneite. Doch mir gefiel der Gedanke, im deutschen Winter Wellenreiten zu lernen: schon mal zu trainieren für postpandemische Strandurlaube in Kalifornien oder so, zu testen, ob die Kraft unserer Meere überhaupt ausreicht dafür. Und weil mir gerade alles fantastisch vorkam, was nichts mit Videocalls, Spaziergängen oder Jens Spahn zu tun hatte, war ich begeistert.
Die Antworten auf meine ersten Anfragen an Surfschulen waren ernüchternd. Ich probierte es in St. Peter-Ording, wo meine Freunde vor dem letzten Lockdown Kite-Surferinnen durch die Wellen fliegen sahen. Das Wassersportcenter schrieb: "Die Nordsee ist derzeit viel zu kalt. Vielleicht verschiebt ihr euern Bericht :-)" Ich versuchte es auf Sylt, wo 1966 der erste deutsche Surfclub gegründet wurde. Ein Surflehrer antwortete: "Sehr sportlich bei den aktuellen Temperaturen. Aber ich habe einen verrückten Kollegen, der immer noch rausgeht." Der verrückte Kollege war nicht zu erreichen.
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