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Christoph Borgans

Journalist & Reporter, Johannesburg

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Feature

Amaq - Die Nachrichtenagentur des IS

Keine fünf Stunden, nachdem am Dienstagmorgen in der Normandie zwei Männer in eine Kirche eingedrungen waren und dort einen Priester ermordet hatten, tauchten im Internet kleine Schrifttafeln auf: fünf Zeilen arabische Schrift in weißen Lettern vor einer blauen Weltkarte.

Sie besagten, dass die beiden Männer „Soldaten des Islamischen Staates" gewesen sein und der Angriff „die Länder der Koalition der Kreuzritter" habe treffen sollen. Das Ganze war mit dem arabischen Wort für Eilmeldung versehen und dem Hinweis auf „eine Quelle aus Sicherheitskreisen". Herausgegeben von der Nachrichtenagentur Amaq.

Die Nachricht verbreitete sich schnell auf den Nachrichtenwebseiten der westlichen Welt. Der „Islamische Staat" bekenne sich zu dem Angriff, hieß es. Auch bei früheren Attentaten wie den Bombenanschlägen in Brüssel und den jüngsten Anschlägen in Würzburg und Ansbach wurde der IS auf diese Weise mit den Taten in Verbindung gebracht.

In den Medien wird Amaq dabei oft als „IS-nahe Nachrichtenagentur" bezeichnet. Aber ist Amaq eine Nachrichtenagentur? Wie nah ist sie dem IS? Und wie glaubwürdig ist es, wenn sich der IS auf diesem Wege dazu bekennt?

Amaq bezeichnet sich selbst auf Arabisch mit vollen Namen als „Nachrichtenagentur Amaq", wobei Amaq „Tiefen" bedeutet, was vermutlich auf die Tiefen der Berichterstattung anspielt: ganz tief aus dem Herrschaftsgebiet des IS. Es handelt sich dabei allerdings nicht um einen Dienst mit Korrespondenten und Redakteuren, der von einem Büro aus Nachrichten an Redaktionen verschickt - so wie es bei herkömmlichen Agenturen der Fall wäre. Vielmehr verbreitet Amaq die kurzen Meldungen als Bild-Schnipsel unter anderem in einschlägigen IS-Kanälen der verschlüsselten Chat-App Telegram sowie in Blogs, von wo aus sie auf Twitter und in die Mainstream-Medien gelangen.

Im August 2012, als der „Islamische Staat" die kurdische Stadt Kobane in Syrien belagerte, waren im Internet zum ersten Mal Informationen zu aktuellen Entwicklungen aufgetaucht, die mit dem Schlagwort „Amaq" versehen waren. Nach dem Anschlag von amerikanischen San Bernadino im Dezember vorigen Jahres berichte Amaq zum ersten Mal über einen Zusammenhang der Taten mit dem IS, bevor dieser am Tag darauf ein offizielles Statement veröffentlichte. Zunehmend ersetzen die von Amaq verbreiteten „Eilmeldungen" und Videos Bekenntnisse auf anderem Wege.

„Amaq ist ein klarer Medienableger des IS", sagt Nico Prucha, der am „International Centre for the Study of Radicalisation" in London zu islamistischem Terrorismus in sozialen Netzwerken forscht. „Da wird nichts veröffentlicht, was nicht von der IS-Führung abgezeichnet sein dürfte." Amaq ist laut Prucha und anderen Experten nicht bloß IS-nah, sondern so wie das monatliche Fanzine „Dabiq" und das Radio „Al-Bayan" ein Teil des professionellen Medienapparates des IS.

Jeder Teil hat dabei sein eigenes Publikum und seine eigene Sprache. Das Hochglanzheft „Dabiq" etwa nimmt Bezug auf die Attentate, indem es die Taktik analysiert und die Täter in reißerischer Sprache als Märtyrer preist. Es ist in Englisch geschrieben und dient zur Radikalisierung von Nicht-Arabern.

Amaq hingegen wird wie der größte Teil der IS-Propaganda auf Arabisch publiziert. Erst nach der Veröffentlichung der Nachrichten tauchen tröpfchenweise Übersetzungen in andere Sprachen wie Englisch, Französisch und Deutsch auf. Es ist nicht so sehr ein Verlautbarungsorgan wie ein Medium zur Information der Muslime im Herrschaftsgebiet des IS und den muslimischen Sympathisanten, die sich aus Sicht des IS in der Diaspora befinden. „Es ist ein Mittel im Kampf um die Köpfe und Herzen", sagt Prucha.

Neben den „Eilmeldungen" produziert Amaq auch Infografiken, etwa zu den Opferzahlen der IS-Anschläge in Amerika und Europa, sowie Videos von militärischen Operationen des IS wie etwa der Eroberung der syrischen Ruinenstadt Palmyra. Vor allem aber seien es kurze Videos aus dem Alltag des IS-Herrschaftsgebiets, sagt Dschihadismusforscher Prucha: Die Feuerwehr von Mossul löscht einen Brand, Bombenschäden werden beseitigt, Almosen an Bedürftige ausgezahlt. „Sie sollen die positiven Seiten des Kalifats zeigen: Wie der Staat sich im Krieg um seine Bürger kümmert."

In der Sprache gleichen die Statements von Amaq Nachrichtenmeldungen. Sie berufen sich auf Quellen aus „Sicherheitskreisen" oder „Insider-Quellen" und sind mit Schlagwörtern wie „Eilmeldung" oder „Exklusiv" versehen. Es sei ein Versuch ,„Staatlichkeit durch Sachlichkeit" zu fördern, sagt der Politologe Asiem El-Difraoui. Weil der IS als Staat gesehen werden möchte, braucht er auch staatliche Medien.

Doch welche Beweiskraft haben die Meldungen von Amaq? Wäre es nicht möglich, dass sich der IS über die Agentur zu Taten bekennt, die gar keinen islamistischen Hintergrund hatten?

Experte: Der IS bekennt sich nicht einfach so

„Einfach eine Tat zu behaupten, das widerspricht klar der Medienstrategie des IS", sagt Prucha. Sollte der Schwindel später auffliegen, würde das die Glaubwürdigkeit unterspülen, und gerade die Glaubwürdigkeit werde in dschihadistischen Kreisen als Stärke von Amaq wahrgenommen. „Beispielsweise wurde nach dem Absturz der Egyptair-Maschine im Mai gemutmaßt, dass der IS dahinter steckte. Da wäre es ein Leichtes gewesen, das für sich in Anspruch zu nehmen." Auch nach dem Amoklauf von München hatte es in islamistischen Chats zunächst Jubel über die Tat gegeben, der aber nicht von offiziellen Amaq-Kanälen bestätigt wurde.

Auch wenn Amaq kein primäres Instrument des IS zur Radikalisierung ist, wirkt es sich dennoch auch darauf aus. Denn der Attentäter kann sicher sein, dass er nach einer Würdigung in Amaq in dschihadstischen Kreisen als „Soldat des Islamischen Staates" anerkannt wird.

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Erstellt am 28.07.2016
Bearbeitet am 28.07.2016

Quelle
http://www.faz.net/aktuell/politik/...

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