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Agatha Christies Theaterstück wird in London seit 60 Jahren aufgeführt

London In Agatha Christies Krimiwelt ist jeder verdächtig. Jeder hat ein Geheimnis, jeder könnte der Mörder sein. So ist es auch in der "Mausefalle", dem Bühnenstück, das in London seit 60 Jahren ohne Unterbrechung gezeigt wird. Was einmal für sechs Wochen Spielzeit geplant war, ist mittlerweile das am längsten kontinuierlich gespielte Theaterstück der Welt.

Premiere war am 25. November 1952. Seitdem wurde "Die Mausefalle" allein in London 25 000 Mal aufgeführt, erst im New Ambassadors Theatre, seit 1974 im St. Martins Theatre, einem plüschigen Haus mit dickem Teppichboden und roten Samtvorhängen.

Die Mausefalle ist ein klassisches "Wer wars?"-Stück: Mollie und ihr Mann Giles eröffnen in einem alten Anwesen ein Gästehaus und hören im Radio von einem Mord. Das ganze Stück spielt in einem Raum, einem typischen Nachkriegs-Wohnzimmer mit Sofa, Mahagoni-Tisch und Holz-Kommode. Die Pension ist schon am Eröffnungstag ausgebucht. Das Wetter verschlechtert sich dramatisch, ein Durchreisender bittet nach einem Unfall im Schneesturm um Unterkunft, ein weiterer Mann kommt auf Skiern an. Die Straßen sind nicht mehr befahrbar, auch das Telefon funktioniert bald nicht mehr, und dann wird eine alte Dame ermordet im Wohnzimmer gefunden.

Ursprünglich wurde "Die Mausefalle" nicht als Theaterstück, sondern als Radiohörspiel zu Ehren der damaligen Königinmutter geschrieben. Als Queen Mary (1867-1953) in einem Interview gefragt wurde, was sie sich zum Geburtstag wünsche, sagte sie: "Ein Stück von Agatha Christie." Die Krimiautorin schrieb daraufhin "Drei blinde Mäuse", das die BBC zum 80. Geburtstag von Queen Mary 1947 ausstrahlte.

Aus dem Hörspiel machte Christie später das zweiaktige Bühnenstück "Die Mausefalle"- ein Theaterstück mit dem Namen "Drei blinde Mäuse" gab es bereits. Die Rechte an dem Stück schenkte sie ihrem Enkel Mathew Prichard, der damals noch ein Kind war. Er hat sie bis heute inne und setzt die Erlöse für wohltätige Zwecke ein.

Mehr als 400 Schauspieler und 200 Ersatzschauspieler haben das Stück gespielt. Seit September ist die "Mausefalle" aus Anlass des Jubiläums zudem auf Tour und wird 60 Wochen lang im ganzen Land sowie in Irland gespielt. Außerdem erhielten 60 Produktionen weltweit die Lizenz, das Stück im Jubiläumsjahr aufzuführen. Die "Mausefalle" ist in mehr als 50 Sprachen übersetzt worden und läuft unter anderem in Australien, China, Kanada, den USA, Kanada und Deutschland.

Vielleicht ist der Erfolg des Stücks auch auf sein überraschendes Ende zurückzuführen. Zwar soll Premierminister Winston Churchill bereits in der Pause erraten haben, wer der Täter ist. Für die meisten Zuschauer kommt die Auflösung jedoch recht überraschend.

Wer der Mörder ist, sollen die Zuschauer für sich behalten: Traditionell bittet einer der Schauspieler am Ende der Aufführung die Zuschauer, das Ende des Stücks niemandem zu verraten, sondern das Wissen im Herzen zu behalten, damit der Krimi auch für die künftigen Besucher noch interessant bleibt. Und daran hält sich selbst die ansonsten wenig diskrete britische Presse - nicht aber Wikipedia.

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