Christian Orth

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Endlosloop statt Smiley: Gifs sind das neue Emoji | BR.de

Quelle: BR/Simon Heimbuchner

John Travoltas Schauspielkarriere lief definitiv schon mal besser, trotzdem ist er für viele Internetnutzer heute präsenter als je zuvor. Grund dafür ist diese Szene aus dem Kultfilm Pulp Fiction, in der er sich mit geöffneten Händen ziemlich verwirrt umdreht - und das immer und immer wieder. Zu verdanken hat er seinen neuerlichen Ruhm einem Dateityp, der im Moment eine kometenhafte Renaissance erlebt: das Graphics Interchange Format, kurz GIF.

Das GIF ist in Internetjahren ein Dinosaurier, nächstes Jahr wird es schon 30 Jahre alt. Warum ist es dann gerade jetzt so erfolgreich? Wissenschaftlich ist das schwer zu beantworten. Dr. Daniela Wentz von der Universität Weimar ist eine der wenigen Forscherinnen in Deutschland, die sich mit dieser Frage beschäftigen:


"Was man vielleicht feststellen kann, ist, dass es tatsächlich ein Bedürfnis danach gibt, computervermittelte textbasierte Kommunikation wieder zu ergänzen, durch das Mimische, das Gestische, das Nonverbale, eben durch das Bild."


GIFs drücken unsere Emotionen präziser aus


Die Besonderheit beim GIF ist, dass es in verschiedenen Kontexten funktioniert und so auch mehrere Aussagen transportieren kann. Die ständige Wiederholung verstärkt diese Kontextoffenheit, findet Medienwissenschaftlerin Wentz. Und natürlich eignen sich die kleinen Animationen auch gut, um Emotionen auszudrücken. Gegenüber Emoticons oder Emojis haben GIFs ihrer Meinung nach einen wesentlichen Vorteil: 


"Wenn ich durch ein Emoticon oder Emoji Traurigkeit zum Ausdruck bringen will, dann hab ich vielleicht die Auswahl zwischen einem Smiley mit einer Träne oder mit zwei, aber wenn ich traurig als Hashtag bei GIPHY suche, dann finde ich unendlich viele GIFS, die treffend das zum Ausdruck bringen, was ich sagen oder zeigen möchte."


GIFS befreien uns vom Zwang zur Authentizität

Dr. Wentz nennt diese Eigenschaft "Distinktionskraft" - trotzdem glaubt sie nicht, dass GIFs Emoticons ersetzen werden, sondern eher ergänzen. Weil GIFs so ironisch verwendet werden, "entlasten sie uns auch vom Authentizitätszwang, der uns bei Facebook zum Beispiel durch die Klarnamenpflicht auferlegt wird", sagt Wentz. Über sich selbst lachen statt sich selbst zu inszenieren, lautet die Devise. Fakt ist, dass Nutzer bei GIFs deutlich mehr Mitwirkungsmöglichkeiten haben, denn neue GIFs kann man im Gegensatz zu neuen Emojis auch ganz einfach selbst machen - so wie der Student Ron Stoklas aus München zum Beispiel:


"Ich habe eine Sequenz aus Star Trek rausgeschnitten und für einen Vergleich beim American Football genutzt. Das hat super funktioniert. Es ging einfach darum, dass ein Spieler den Ball nicht gefangen hat. Auf den ganz ganz großen GIF Erfolg warte ich irgendwie immer noch, ist aber auch nicht schlimm, es geht ja auch um die Freude, die man dabei hat."


GIFs sind Produkte der Community

Für seine GIFs verwendet Ron Bildbearbeitungsprogramme wie GIMP, Photoshop oder diverse GIF-Erstellungs-Programme online. Um ein weltweites Publikum zu erreichen, bietet es sich an, seine selbst erstellten GIFs auf einer Plattform wie GIPHY.com hochzuladen. Die sammelt tausende davon und hat mittlerweile 150 Millionen Besucher pro Monat. Für den Gründer Alex Chung liegt der Erfolg des Dateiformats vor allem in der Kürze:


"Wir wissen, dass die Kids auf Snapchat sich genau drei Sekunden lang damit beschäftigen - also versuchen wir GIFs in drei Sekunden Länge hinzubekommen. Fast wie ein Beat, der Beat deiner Gedanken."


Es gibt also eine Menge Gründe, warum GIFs derzeit so verdammt angesagt sind. Aber warum geht dann ausgerechnet gerade das John Travolta-GIF so viral?


"Gerade diese verwirrte Geste, die durch John Travolta dargestellt wird, eignet sich für ganz vieles. In ganz vielen Alltagssituationen denken wir uns einfach: What? Und das bringt es zum Ausdruck."


Und deshalb werden uns GIFs wohl noch gaaanz lange beschäftigen. Wobei... so ein John Travolta Emoji wär schon auch cool.

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