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Das Problem mit der Gießkanne

Österreichs Regierung begegnet der Coronapandemie und der Teuerungskrise mit ungeheuren Summen. Die allerdings zu oft wirkungslos verpuffen.


- Überförderung der Unternehmen während Corona.
- Inflationsmaßnahmen nicht zielsicher genug.
- Eine Geschichte für Arbeit&Wirtschaft.


Die Einmalzahlung schwingt sich gerade dazu auf, zu einem Running-Gag zu werden. Österreichs Regierung setzt darauf. Aber auch die Arbeitgeber während der Herbstlohnrunde. Doch Einmalzahlungen haben ein Problem. Ist das Geld erst einmal weg, ist es weg. Die Preise sind dann aber immer noch hoch. Denn allein im Oktober lag die Inflation bei elf Prozent. Es war der zweite Monat mit zweistelliger Preissteigerung hintereinander.

Gießkanne statt nachhaltige Hilfe

Nachhaltig helfen würde eine Anpassung der Sozialleistungen. Die Familienbeihilfe ist das beste Beispiel. Die hat in den vergangenen zwanzig Jahren etwa ein Drittel an Kaufkraft verloren. Neben dem Inflationsausgleich hätte eine Erhöhung der Sozialleistungen den großen Vorteil, dass vor allem die Menschen profitieren würden, die von den Preissteigerungen besonders betroffen sind. Also diejenigen mit geringem Einkommen.

Eine dieser Maßnahmen, die viel Geld kosten, aber nicht ausreichend treffsicher sind, ist die Abschaffung der Kalten Progression. Davon profitieren Menschen mit geringem Einkommen kaum. „Für jeden Euro, der bei den ärmsten Haushalten ankommt, verteilt die Maßnahme über sieben Euro an die reichsten Haushalte", rechnet das Momentum Magazin vor. Die Geschichte „ Inflation erreicht alle, die Antiteuerungsmaßnahmen nicht " habe ich mit einer Liste der Maßnahme und ihre umverteilende Wirkung ausgestattet.

Überförderung in der Coronapandemie

Der gleiche Fehler ist Österreichs Regierung bereits während der Coronapandemie unterlaufen. Kein anderes Land der EU hat so viel Geld für Unternehmenshilfen ausgegeben. Doch viele Firmen haben das Geld vor allem dafür benutzt, um ihre Unternehmensgewinne zu steigern. Eine klassische Überförderung. Eine solche findet statt, wenn die Regierung der Firma mehr Geld gibt, als diese wirtschaftlich betrachtet bräuchte.

In „ Von wegen Treffsicherheit: Überförderung von Unternehmen in der Pandemie " erkläre ich, wie es zu dieser Überförderung kam. Es gab nämlich drei zentrale Schwachstelle bei Österreichs Coronahilfen. Zum einen war der Betrachtungszeitraum zu kurz. Firmen konnten für jeden Monat Ersatz für den Umsatzausfall beantragen. Doch viele Unternehmen - beispielsweise Möbelhäuser - konnten Umsatzeinbrüche im Laufe des Jahres kompensieren.

Der zweite Fehler war, dass die Regierung zwar die Umsatzverluste ausglich, dabei aber nicht berücksichtigte, dass auch die Kosten gesunken waren. Restaurants mussten keine frische Ware mehr kaufen oder Personal bezahlen. Der dritte Fehler war, dass die Regierung auf eine Deckelung beim Fixkostenzuschuss verzichtete.

Transparente Daten dank EU-Gesetz

Zum Glück gibt es die EU. In der EU-Beihilfentransparenzdatenbank muss Österreich alle Zuschüsse eintragen, die 100.000 Euro übersteigen. Das Momentum Institut hat diese Angaben mit den öffentlich einsehbaren Gewinn- und Verlustrechnungen mit Unternehmen abgeglichen. So entstand eine Liste mit den Firmen, die am stärksten überfördert wurden.

Angesichts derart großer Probleme bei der Verteilungsgerechtigkeit ist es kein Wunder, dass die Kollektivvertragsverhandlungen in Österreich branchenübergreifend eher schleppend laufen. Bei den Metallern dauert es lange und auch beim Sicherheitspersonal ist noch keine Lösung in Sicht. Doch Besserungen sind dringend notwendig. Denn der Wohlstand in Österreich sinkt und für viele waren vor allem die Herbstlohnrunden ein Hoffnungsschimmer.

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