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Dividende, Macht, mehr Lohn

Der Kollektivvertrag der Metaller ist richtungsweisend. Weil die Beschäftigten gut bezahlte Industrie-Jobs haben und es um 200.000 Menschen geht. Jetzt ist der Abschluss da. Es gibt 8,9 Prozent mehr.

- KV-Verhandlungen der Metaller 2022 sehr mühsam.
- Es gibt im Schnitt 8,9 Prozent mehr.
- Eine Geschichte für Arbeit&Wirtschaft.


Pünktlich zu Beginn der KV-Verhandlungen der Metaller 2022 hatten die Vertreter:innen der Arbeitgeber:innen in den Angriffsmodus geschaltet. „Der Wohlstand, der in zwei Generationen aufgebaut wurde, ist nicht über Work-Life-Balance entstanden", polterte beispielsweise Stefan Pierer. Der Satz könnte aus einem Stand-up-Programm kommen, fiel aber auf einer Pressekonferenz. Manchmal ist das schwer auseinanderzuhalten.

Österreich, das Förderparadies für Unternehmen

Hintergrund war, dass die Industriellenvereinigung ein Dossier namens „Leistung muss sich (wieder) lohnen" präsentiert hatte. Wie sich Leistung lohnen kann, zeigte in den vergangenen Jahren eben zitierter Pierer mit Pierer Mobility (u.a. KTM). Das Unternehmen machte während der Krise Rekordgewinne. Erhielt aber­ zwischen 2019 und 2021 dennoch insgesamt 45 Millionen Euro an Staatszuschüssen. Darunter auch Coronahilfen. Im Jahr 2022 gab es dann 11 Millionen Euro Dividende und um 30 Prozent höhere Bezüge für den Vorstand.

Für die Beschäftigten fiel das erste Angebot der des Fachverbands Metalltechnische Industrie (FMTI) nicht ganz so üppig aus. Um 4,1 Prozent wollen sie die Löhne anheben. Trotz Rekordgewinnen und zweistelliger Inflation allein im September. Aber selbst das hätte es nur gegeben, wenn die Beschäftigten dafür mehr 12-Stunden-Tage, mehr 60-Stunden-Wochen und mehr Wochenendarbeit leisten würden. Christian Knill, Obmann des FMTI, kommentierte die Verhandlungen mit den Worten: „Es ist enttäuschend, dass die Gewerkschaften nicht an sachlichen Lösungen interessiert sind." Was angesichts der Äußerungen von Pierer eine lustige Pointe ist.

Übersicht: Abschluss der KV-Verhandlungen der Metaller 2022

Nachdem sich die beteiligten Gewerkschaften daraufhin eine Streikfreigabe geholt hatte, ging es plötzlich doch noch ganz schnell. Die untersten Einkommensgruppen bekommen um 8,9 Prozent mehr Lohn. Im Durchschnitt beträgt das Plus 7,44 Prozent mehr. In Summe haben die Gewerkschaften folgendes ausgehandelt:

- Anhebung aller Löhne und Gehälter um 5,4 Prozent
- Anhebung aller Löhne und Gehälter um zusätzlich 75 Euro
- Erhöhung der KV-Mindestlöhne um 7 Prozent
- Aufwandsentschädigungen steigen um 7 Prozent
- Erhöhung der Zulagen um 7 Prozent
- Steigerung der Lehrlingseinkommen in Etappen bis 2024 auf 1.050 Euro (1. Lehrjahr), 1.270 Euro (2.), 1.625 Euro (3.) und 2.110 Euro (4. Lehrjahr)


Ein Ergebnis, das zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer ist. Denn in Österreich täten die Arbeitnehmer:innen gut daran, die Machtfrage zu stellen. Während viele Unternehmen enorm von der Krise profitierten und Rekordgewinne einfuhren, wussten viele Menschen nicht mehr, wie sie sich die Heizung oder das Benzin leisten sollen. Für die Beschäftigten in den mobilen Diensten der Pflege lohnt es sich bis heute noch nicht, überhaupt zu arbeiten. Dennoch bekommen Unternehmen Steuersenkungen geschenkt. Und während viele Länder Europas eine Abgabe auf Übergewinne längst eingeführt haben, wird sie in Österreich nicht einmal diskutiert.

Verteilungsgerechtigkeit

Dass Österreich Probleme mit seiner Steuergerechtigkeit hat, ist längst bekannt. Während dort der Wohlstand der Gesellschaft sinkt, verzichtet der Staat auf 15 Milliarden Euro Steuereinnahmen. Gleichzeitig wissen viele Menschen trotz 60-Stunden-Woche nicht, wie sie ihre Wohnung bezahlen können. Der Sozialstaat - als Vermögen der Vielen - ist außerdem von privaten Investoren bedroht.

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