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Steuerfreies Kapital

Österreichs Finanzminister Brunner will die Kapitalertragssteuer (KESt) abschaffen. Um dafür zu sein, muss er seine eigene ökosoziale Steuerreform genauso ignorieren wie die Vorschläge von Experten und der Finanzbranche.

- Magnus Brunner (ÖVP) will die KESt abschaffen.
- Nach bestimmter Haltedauer keine Steuern mehr auf Gewinne.
- Eine Geschichte für Arbeit und Wirtschaft.

Wer seine Aktien länger hält, soll auf mögliche Erträge keine Steuern mehr bezahlen müssen, sagt Österreichs Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Etwa ein Jahr soll die Frist belaufen. Experten sind aus mehreren Gründen irritiert. Denn zum einen hat Brunner im Rahmen der ökosozialen Steuerreform gerade erst die KESt für Kryptowährungen eingeführt und selbst die Finanzbranche spricht sich gegen die Pläne aus. Die würde die KESt erst nach fünf Jahren Haltefrist abschaffen, um damit diejenigen zu entlasten, die auf ihre Pension sparen.


Um wie viel Geld es bei dieser Steuer geht, ist außerdem unklar. In den Jahren 2014 bis 2016 kamen insgesamt 453 Millionen Euro durch KESt auf Kursgewinne und Derivate in die österreichische Staatskasse. Das Problem ist aber, dass es sich hierbei nicht um alle KESt-Beträge handelt. Die Zahlungen können nämlich auf diverse Budgetposten gebucht werden, da es für sie keinen eigenen gibt.


In Zeiten, in denen finanziell schlechter gestellte Haushalte Schwierigkeiten haben, die Heizkosten zu tragen, muss sich Brunner außerdem die Frage gefallen lassen, wem diese Steuersenkung zugutekommt. Die ärmsten 50 Prozent der Bürger:innen besitzen überhaupt kein nennenswertes Sparvermögen. Nur 13 Prozent der Österreicher:innen über 16 Jahre hat überhaupt Aktien und Fondsanteile.


Dazu kommt, dass der Faktor Kapital im Vergleich zur Arbeit stark unterbesteuert ist. Wer arbeitet, muss bis zu 55 Prozent seines Verdienstes abgeben. Wer sein „Geld arbeiten lässt" zahlt nicht einmal die Hälfte. Nur 20 Prozent der Steuereinnahmen Österreichs stammen von der Kapitalseite. Den Luxus, keine Steuern zahlen zu müssen, muss man sich in Österreich allerdings leisten können.


Die ganze Geschichte „ Dividende vom Staat: Verwirrspiel um Kapitalertragsteuer" gibt es wie immer bei Arbeit und Wirtschaft zu lesen. Interessant in diesem Kontext ist sicherlich auch, wie sich der Wohlstand in Österreich entwickelt hat und wie das Vermögen dort verteilt ist.

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