Auf Pornoseiten wie XHamster sind unzählige Bilder zu sehen, die gegen den Willen der Betroffenen hochgeladen wurden. Die Polizei ist weitgehend hilflos, die Plattformen oft gleichgültig. Jetzt werden Betroffene selbst politisch aktiv. Für diesen Podcast haben wir mit der Gründerin von Anna Nackt gesprochen und mit weiteren Expert:innen diskutiert, wie die Branche besser reguliert werden kann.
https://netzpolitik.org/wp-upload/2021/02/NPP223-Ungewollt-nackt-im-netz.mp3
Hier gibt es ein Transkript dieser Folge.„Können Sie mir helfen, die Bilder offline zu nehmen?" Mit dieser Frage wendet sich Anna, Ende Zwanzig, an die Polizei, nachdem sie Nacktbilder von sich auf einer Pornoplattform entdeckt. Die Bilder wurden gegen ihren Willen dort hochgeladen, zusammen mit ihrem Namen. Sie ist panisch. „Nicht wirklich", lautet die lapidare Antwort, „Sie wissen ja: Sachen, die einmal im Internet sind, bleiben im Internet." Seitdem verbringt Anna, die eigentlich anders heißt, regelmäßig ihre Zeit damit, ihre geklauten Bilder von Pornoseiten löschen zu lassen - unter anderem von xHamster, eine der meistbesuchten Seiten der Welt. Es ist eine frustrierende Aufgabe. Denn sobald die Bilder offline genommen werden, laden neue anonyme Nutzer:innen sie wieder hoch.
Mit dem Problem ist Anna nicht allein. Mittlerweile gibt es ganze Kategorien auf den Plattformen, die sich auf geklaute und ohne Zustimmung hochgeladene Nacktbilder konzentrieren. Weil die Täter - in der Regel sind es Männer - teils Ex-Partner sind, nennt man diese Aufnahmen umgangssprachlich auch „Rachepornos". Fachleute und Betroffene sprechen aber lieber von bildbasierter sexualisierter Gewalt, um klarzumachen, worum es wirklich geht.
Diese Bilder hochzuladen ist strafbar. Trotzdem gibt es derzeit noch keine klare Regulierung, die Betroffene von sexualisierter Gewalt auf Pornoplattformen wirksam schützen kann. Warum ist die Polizei so schlecht dafür gerüstet, Betroffene zu unterstützen? Und warum wollten Pornoplattformen wie XHamster lange nichts unternehmen, um die immer neuen Uploads des gleichen Bildmaterials zu unterbinden? Technisch ist das schließlich keine Hexerei.
Über diese Fragen sprechen wir in dieser Folge mit Anna, die irgendwann selbst aktiv wurde und die Organisation Anna Nackt gründete. Wir sprechen mit der Juristin Josephine Ballon von der Schutzorganisation HateAid über eine aktuelle Petition an das Bundesjustizministerium zum Thema, und mit Yannah Alfering und Sebastian Meineck, die für Vice zur Inhaltemoderation der Pornoplattform XHamster recherchierten. Weil das Thema auch einigen netzpolitischen Sprengstoff birgt - Stichwort Uploadfilter -, haben wir außerdem unseren Kollegen Tomas Rudl gebeten, für uns aufzudröseln, welche Gefahren das automatische Filtern von Inhalten im Internet bergen kann. Und warum in diesem Fall die Rechte der Betroffenen höher aufgehängt werden sollten als die „sexuelle Meinungsfreiheit" von Porno-Uploadern, wie ein Vertreter von xHamster es ausdrückte.
Hier ist die MP3 zum Download. Es gibt den Podcast wie immer auch im offenen ogg-Format. Außerdem gibt es für diese Folge auch ein Transkript.
Links und RessourcenAnna Nackt Website: https://annanackt.com/ Was-Tun-Guide: https://annanackt.com/was-tun Petition:#notyourporn - Missbrauch auf Porno-Plattformen muss verfolgt werden
HateAid - Die Beratungsstelle für Betroffene von Digitaler Gewalt Website: https://hateaid.org/
Vice-Recherchen zu xHamster Inside xHamster: Die Vice-Recherche hinter den Kulissen von Deutschlands meistbesuchter Pornoseite Nach Vice-Recherchen: xHamster stoppt anonyme Foto-Uploads
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Das Pamela-Anderson-Tape Rolling Stone: Pam and Tommy: The Untold Story of the World's Most Infamous Sex Tape
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Chris Köver ist seit 2018 Redakteurin bei netzpolitik.org. Sie war zuvor auch Chefredakteurin des Missy Magazine, im Team von Wired Germany und Volontärin bei Zeit Online. Twitter: @ckoever. Ihr erreicht sie per Mail an chris@netzpolitik.org, am besten verschlüsselt.
Serafin war Ende 2020 Praktikant bei uns und produziert seitdem einmal im Monat unseren Podcast. Er hat mal Literaturwissenschaften studiert und macht gerade noch seinen Master in Kulturjournalismus an der Universität der Künste Berlin fertig. Nebenbei arbeitet er als Programmierer und an allen möglichen Podcasts. Interessieren tut er sich für eh fast alles. Aber besonders für die Schnittstellen von Kultur, Gesellschaft und Digitalem. Erreichbar ist er verschlüsselt und per Mail. Mehr von ihm hier oder auf Twitter.