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Putzfrau im „Elbschlosskeller": Handschuhe an, Augen zu und durch!

Annegret Köckemann putzte 27 Jahre lang die Absturz-Kneipe „Elbschlosskeller”

Annegret Köckemann (68) vor ihrem ehemaligen Arbeitsplatz am Hamburger BergFoto: SYBILL SCHNEIDER

Hamburg - Diese kleine Frau hatte den härtesten Job Hamburgs!

27 Jahre lang putzte Annegret Köckemann (68) die Absturz-Kneipe „Elbschlosskeller"auf dem Kiez. Jetzt ist sie in Rente gegangen, um sich um ihren kranken Mann Heinz (63) zu kümmern. Wie hielt die alte Putzfrau es so lange inmitten von Gewalt, Suff und Drogen aus? Ganz einfach. Annegrets Motto: „Handschuhe an, Augen zu und durch!" Die Wirte suchen eine neue Kraft. Stammkneipe der beiden: der „Elbschlosskeller" gegenüber. Noch billiger, noch kaputter. Wirt „Wodka-Lothar" Schmidt heuerte Annegret 1991 als Putzfrau an. Stundenlohn: 20 DM. Annegret: „Lothar sagte, ich hätte einen an der Waffel, dass ich da arbeite. Aber ich fand das nie schlimm."

Sie kam vor 30 Jahren aus NRW nach Hamburg, jobbte als Zimmermädchen im „Hotel Inter-Rast" von Kiez-König Willi Bartels († 2007). Im „Goldenen Handschuh" lernte sie ihren Heinz kennen: „Wir haben zusammen gesoffen, früher hab ich jeden Tag gesoffen."

Ende der 90er schaffte sie sich einen Hund an und hörte mit der Sauferei auf. Von einem Tag auf den anderen, sagt sie: „Seitdem trinke ich nur noch Milch und Fanta."

Zweimal wollte sie Gäste wecken und stellte fest, dass die tot waren: „Das hatte keiner bemerkt."

Obwohl sie jetzt einen klaren Kopf hatte, putzte sie weiter im „Keller". Jeden Morgen von 7 bis 9 Uhr. Auch die Toiletten: „Ich hab immer nur an das Geld gedacht."

Doch es gab auch schöne Erlebnisse. Zum Beispiel, wenn Zuhälter ihr 50 oder 100 Euro zusteckten: „Da haben die Kellner gekocht, weil ihnen das entging." Einmal fand sie sogar ein Portemonnaie mit 2000 DM in bar auf der Toilette.

Annegret im Wohnzimmer ihrer gemütlichen Drei-Zimmer-WohnungFoto: SYBILL SCHNEIDER

Dann erkrankte ihr Heinz. Dialyse, Kammerflimmern, Herz-OP. Annegret Köckmann gab den Job auf. Jetzt putzt sie nur noch ihre eigene Drei-Zimmer-Wohnung über der Kult-Kneipe „Mary's Treff" an der Erichstraße.

Vor einigen Jahren übernahm Lothars Sohn Daniel (34) die Kneipe. Der Job wurde anstrengender. Annegret: „Heute wird man ja nur noch angemacht. Aber die Leute haben immer schnell gemerkt, dass mit mir nicht zu spaßen ist."

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