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Bausparvertrag einfach erklärt: Wann ist ein Bausparvertrag sinnvoll?

Immobilien sind teuer geworden. Ein Bausparvertrag könnte helfen. Aber lohnt sich das? (Foto: Imago)

Erst sparen, dann bauen: Deutschlands größte Bausparkasse Schwäbisch Hall verkauft wieder mehr Bausparverträge. Aber wie funktioniert so ein Vertrag überhaupt und lohnt sich das?


Nehmen wir an, du willst dir ein neues iPhone kaufen. Das kostet 800 Euro. Du bekommst aber nur 80 Euro Taschengeld im Monat, von dem du maximal die Hälfte auf die Seite legen kannst. Deine Eltern bieten dir aber einen Deal an: Wenn du 400 Euro zusammen sparst, leihen sie dir anderen 400 Euro, die dann noch fehlen. Das Geld kannst du ihnen Monat für Monat in kleinen Raten zurückzahlen.


Schwäbisch Hall: Mehr neue Bausparverträge im Jahr 2018

So ähnlich funktioniert – stark vereinfacht dargestellt – ein Bausparvertrag. Entscheidender Unterschied: Statt für ein neues iPhone sparst du damit auf eine Eigentumswohnung oder ein Haus. Bausparverträge sind aktuell wieder beliebt. Das zeigen die neuen Geschäftszahlen von Schwäbisch Hall. Deutschlands größte Bausparkasse hat 2018 neue Bausparverträge mit einem Volumen von insgesamt 29,7 Milliarden Euro verkauft – 6,3 Prozent mehr als im Vorjahr.


Aber wie funktioniert das Geschäft genau? Und was bringt es? Ein Bausparvertrag kann ein guter Weg sein, um für eine eigene Immobilie zu sparen. Dabei zahlst du erst mehrere Jahre Geld ein und bekommst dann ein günstiges Darlehen (Kredit), mit dem du die Wohnung, das Haus oder einen Teil davon finanzieren kannst. Dabei läuft das Geschäft in der Regel in drei Phasen ab:


  • Sparphase
  • Zuteilung
  • Darlehensphase

Anders als im Beispiel mit dem iPhone zahlst bei der Bausparkasse nicht nur du ein, sondern Millionen Menschen. Bei jedem Einzelnen geht es um große Summen. Ein Haus oder eine Wohnung ist nun mal mit das teuerste, was sich ein Mensch im Laufe seines Lebens leistet. Aber der Reihe nach:


Bausparvertrag: Was passiert in der Sparphase?

Zu Beginn musst du gemeinsam mit der Bausparkasse den Betrag festlegen, den du am Ende insgesamt in die Finanzierung deiner Immobilie stecken willst. Diesen Betrag nennt man Bausparsumme. Etwa 40 bis 50 Prozent davon sparst du fortan selbst an und bekommst dafür Zinsen gutgeschrieben.


bausparvertrag-erfahrungen

Filiale von Schwäbisch Hall: Bist du sicher, dass du eine Immobilie kaufen oder bauen möchtest? (Foto: Imago)


Üblich ist, dass Kunden pro Monat 0,4 Prozent der Bausparsumme einzahlen. Wenn du als Ziel 100.000 Euro festlegst, hättest du demnach 400 Euro pro Monat zu sparen. Nach acht bis neun Jahren erreichst du in der Regel dein Sparziel – in unserem Beispiel wären das (ohne Verzinsung und ohne Kosten gerechnet) rund 40.000 Euro.

Bei Schwäbisch Hall hatten neue Bausparverträge 2018 im Schnitt eine Bausparsumme von 56.000 Euro. Ein durchschnittlicher Kunde hätte also in den kommenden acht bis neun Jahren (ohne Verzinsung und ohne Kosten gerechnet) 224 Euro monatlich einzuzahlen.


Bausparvertrag: Was passiert bei der Zuteilung?

Hast du in der Sparphase den zu Beginn festgelegten Anteil deiner Bausparsumme angespart, erreichst du die sogenannte Zuteilungsreife. Das bedeutet nichts anderes, als dass du nun ein Darlehen aufnehmen kannst. Hier hast du drei Möglichkeiten:


  • Du kannst dir dein Spargeld und das Darlehen auszahlen lassen.
  • Du kannst das Darlehen bis zu zehn Jahre verschieben.
  • Du kannst den Vertrag auflösen und dein angespartes Geld zurückfordern.

Nimmst du das Darlehen auf (nur dafür hast du ja schließlich den Bausparvertrag abgeschlossen), beginnt die Darlehensphase.


Bausparvertrag: Was passiert in der Darlehensphase?

Zu Beginn der Darlehensphase bekommst du die gesamte Bausparsumme ausgezahlt und kannst diese in ein Haus oder eine Wohnung oder in die Renovierung einer eigenen Immobilie stecken. Aber Achtung: Das Geld darfst du nur für einen wohnwirtschaftlichen Zweck ausgeben. Einen Urlaub in der Karibik oder ein neues Auto kannst du dir damit nicht finanzieren.


Das Geld nimmt die Bausparkasse aus den Sparguthaben anderer Kunden, die noch in der Sparphase sind. Für die Darlehenssumme musst du Zinsen bezahlen (siehe Box). Diese Zinsen sind üblicherweise deutlich höher als die Zinsen, die die Kunden vorher auf ihre Sparguthaben erhalten.

Aus dieser Differenz kann die Bausparkasse ihre Kosten decken – dazu zählen zum Beispiel Gehälter für die Bankberater – und daraus erwirtschaftet sie außerdem ihren Gewinn. Die Schwäbisch Hall hat 2018 (vor Abzug von Steuern) rund 295 Millionen Euro Gewinn gemacht.

Für die Bausparkasse lohnt sich das Geschäft also. Aber was ist mit den Sparern?


Bausparvertrag: Was sind die Vorteile?

Einen Grund, warum das Bausparen immer beliebter wird, sieht Schwäbisch Hall-Sprecher Siegfried Bauer in der Zinssicherheit. Die Zinsen bleiben über die gesamte Laufzeit gleich und passen sich – anders als bei einem klassischen Darlehen nach einer bestimmten Laufzeit – nicht an den Markt an.

Wenn du also heute einen Bausparvertrag abschließt, kannst du sicher sein, dass du in einigen Jahren ein Darlehen zu genau den Konditionen bekommt, die du heute vereinbarst. Da die Zinsen am Markt im Augenblick sehr niedrig sind, kannst du dir so ein Darlehen mit sehr niedrigen Zinsen sichern.

Ein weiterer Vorteil: Mit einem Bausparvertrag kannst du Fördergeld vom Staat bekommen. Dazu zählen…


  • … die Arbeitnehmersparzulage,
  • … die Wohnungsbauprämie oder
  • … (Wohn-)Riester.

Beispiel Wohnungsbauprämie: Wer im Jahr maximal 512 Euro spart, kann bis zu 45,06 Euro Zuschuss bekommen. Allerdings zahlt der Staat dir das Geld nur, wenn dein Jahreseinkommen nicht höher als 25.800 Euro ist.


Bausparvertrag: Was sind die Nachteile?

Eine staatliche Förderung allein rechtfertigt nicht den Abschluss eines Bausparvertrags, warnt allerdings Finanzexperte Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Denn: „Erstens hilft die Förderung nichts, wenn der Bausparvertrag nicht zur eigenen Lebensplanung passt. Zweitens sind die meisten staatlichen Förderungen auch bei anderen Finanzprodukten einsetzbar.“


Auch die Zinssicherheit sei nicht immer von Vorteil, erklärt der Experte. Denn: Wer etwa vor zehn Jahren einen Bausparvertrag mit einem Darlehenszins von drei Prozent abgeschlossen hat, hat heute nicht viel davon. Denn wegen der Niedrigzinsen bekommst du derzeit einen normalen Kredit schon zu zwei Prozent Zinsen. In diesem Fall würde sich das Darlehen der Bausparkasse nicht lohnen, und der Bausparvertrag hat seinen Zweck nicht erfüllt.


Hinzu kommt: Das Sparen an sich rechnet sich beim Bausparvertrag kaum. Denn die historisch niedrigen Zinsen gelten nicht nur für Darlehen, sondern natürlich auch für die Sparphase. Es dauert also ewig, bis dein eingezahltes Kapital wächst. Andere Anlageformenkönnten da günstiger sein.

Hinzu kommt, dass die Bausparkassen dir bei jedem Bausparvertrag noch Kosten für den Vertragsabschluss berechnen. Diese betragen zwischen einem und 1,6 Prozent der gesamten Bausparsumme. Wenn du also 100.000 Euro als Ziel erreichen willst, musst du zu Beginn der Vertragslaufzeit schon mal 1.600 Euro zahlen. Im schlimmsten Fall sind diese Gebühren am Ende höher als die Zinsen, die du insgesamt für dein Erspartes bekommst.


Bausparvertrag: Wann ist ein Bausparvertrag sinnvoll?

Ob ein Bausparvertrag für dich geeignet ist, hängt von vielen Faktoren ab und lässt sich pauschal nicht sagen. Aber: Wer mit dem Gedanken spielt, einen Bausparvertrag abzuschließen, sollte im Vorhinein folgende drei Fragen klären:

1. Bist du sicher, dass du eine Immobilie kaufen oder bauen möchtest?

Die Antwort sollte „ja“ lauten. Denn: Schließt du einen Bausparvertrag ab, kaufst du dir ein Darlehen zu einem festgelegten Zinssatz, auf das du erst in mehreren Jahren zurückgreifen kannst. Der Preis dafür sind vergleichsweise geringe Zinsen in der Sparphase und hohe Abschlussgebühren.


Wenn du dich am Ende doch gegen das Darlehen entscheidest, etwa, weil sich deine Pläne geändert haben, hättest du dein Geld von vorn herein besser anlegen können. Nimmst du den Kredit nach der Sparphase jedoch an, profitierst du im besten Fall von niedrigen Zinsen und kannst dir so deine Immobilie finanzieren.

2. Gibt es noch andere Alternativen zum Bausparvertrag für dich?

Der Weg in die eigenen vier Wände führt nicht zwangsweise über den Bausparvertrag. Wer sein Geld etwa in Aktienfonds (zum Beispiel ETFs) anlegt, kann es oft schneller vermehren. Wenn dann der Wohnungskauf ansteht, musst du dir weniger Geld dazu leihen.


Allerdings könnten sich bis dahin auch die Kreditzinsen am Markt erhöht haben und du zahlst mehr als jemand, der vor zehn Jahren im Bausparvertrag einen festen Zinssatz vereinbart hat. Genauso gut kann es aber sein, dass Kredite billig bleiben oder sogar billiger werden.

3. Wie entwickeln sich die Kreditzinsen?

Eine Faustregel besagt: Je höher der Zinssatz steigt, desto mehr lohnt sich ein Bausparvertrag. Denn: Wenn du heute einen Bausparvertrag mit einem geringen Darlehenszins abschließt, bleibt dieser auch in zehn Jahren gleich.


Steigen bis dahin die Kreditzinsen am Markt (zum Beispiel, weil die Europäische Zentralbank den Leitzins erhöht), hat das auf dein Darlehen keine Auswirkung. Jeder andere, der dann aber einen Kredit aufnimmt, zahlt mehr als du.

Verbraucherschützer Scherfling fasst es so zusammen: „Wenn ich davon ausgehe, dass die Kreditzinsen deutlich steigen, kann ich die hohen Abschlussgebühren und die geringen Zinsen auf die Sparsumme in Kauf nehmen. Wenn die Zinsen allerdings niedrig bleiben, dann braucht man keinen Bausparvertrag.“


Die Kunden der Schwäbisch Hall spekulieren offenbar darauf, dass die Zinsen bald wieder steigen. 2016 und 2017 war die Zahl der neu verkauften Bausparverträge zurückgegangen. 2018 legte das Neugeschäft dagegen wieder zu.


Schwäbisch Hall-Chef Reinhard Klein sagte bei der Präsentation seiner neuen Zahlen, dass er in drei bis fünf Jahren wieder mit einem Anstieg rechne. Der Mann ist Experte – aber natürlich nicht unabhängig. Sein Unternehmen lebt von Bausparverträgen.

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