Der Mann, der Annalena Baerbock Plagiate vorwirft, ist irre gefragt. Das macht er klar, da hat das Interview noch gar nicht angefangen. Um 22.55 Uhr, am Abend vor dem Gespräch in Salzburg-Itzling, schickt er eine Sprachnachricht auf WhatsApp, tagsüber sei keine Zeit für Antworten gewesen. Und kaum hat man ihn am Freitag, 16.30 Uhr, in seinem Büro in einem brutalistischen Klotz mit rot-gelb-orangenen Teppich auf rotem PVC gefunden, sagt er: " Let's go! Stürzen wir uns in die Fluten!"
Fluten, Plural, sie stehen für zwei Dinge:
Einmal die Flut der Negativschlagzeilen, in die seine Recherchen die Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und die Grünen stürzten. Weil er erst im Mai auf seinem "Blog für wissenschaftliche Redlichkeit" schrieb, dass Baerbock ihren Lebenslauf polierte. Und weil er zwei Monate später nachlegte und einen mutmaßlichen Plagiatsvorwurf erhob gegenüber Baerbocks gerade erst erschienenem Sachbuch: Jetzt. Wie wir unser Land erneuern.
Flut außerdem, weil Stefan Weber, 51, Plagiatsgutachter mit einem Doktortitel für eine Arbeit über konstruktivistische Medientheorie, selbst fast ersäuft in Hinweisen auf vermeintlich weitere Plagiate in Baerbocks Buch und in Interviewanfragen. An die 100 Nachrichten, schätzt er, seien es gerade pro Tag.
Denn viele interessiert neben der Frage, was dran ist an den Vorwürfen gegen Baerbock, auch: Wer ist eigentlich der Mann, der sie erhebt? Ist es einer, der " Rufmord" versuchen wolle, wie es ein Sprecher der Grünen formulierte? Einer, der vielleicht sogar von welchen, die "eher aus dem rechten Lager kommen", angeheuert wurde, wie es eine Recherche von t-online andeutete? Oder einfach einer, der eben macht, was er schon seit 2007 hauptberuflich macht: Plagiatsgutachten?