Geos Germany berät deutsche Mittelständler bei Aktivitäten in Krisenländern. Geschäftsführer Jens Washausen, ein ehemaliger Berufsoffizier, erklärt, wie er arbeitet.
Meist geht es um finanzielle und organisatorische Risiken: Geänderte politische Rahmenbedingungen wirken sich zum Beispiel auf steuerliche Regularien aus. In vielen Länder ist auch Ausspähung ein großes Thema. Der deutsche Mittelstand hat zahlreiche Hidden Champions. Ausländische Nachrichtedienste, Ministerien und Wettbewerber interessieren sich für deren Kenntnisse und Technologien - und gerade unter autokratischen Regimen oder in Umbruchsituationen werden im Zweifel unlautere Mittel eingesetzt. IT-Systeme werden gehackt, vermeintliche Freundschaften angebahnt, Handys abgehört oder Mitarbeiter bespitzelt - das volle Instrumentarium der Ausspähmethoden. Seltener geht es um Leib und Leben der Mitarbeiter vor Ort.
Wir sehen uns als Business Enabler. Grundsätzlich wollen wir Geschäfte nicht verhindern, sondern möglich machen. Wir zeigen die Risiken auf, aber immer auch einen Weg, diese zu umgehen. Erst wenn das erforderliche Maß an Sicherheitsmaßnahmen zu sehr in die Bewegungsfreiheit und Privatsphäre der Mitarbeiter eingreift, raten wir ab. Das ist der Fall bei gefährlichen, bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Dann sollten sich Unternehmen immerhin vorübergehend zurückzuziehen, wenn ihre Präsenz nicht zwingend erforderlich ist.
Leider ist die Entscheidung für einen Risikomarkt dann meist schon recht weit vorangeschritten: Mittelständler zeichnen ein Joint Venture mit ausländischen Partnern, erschließen sich Rohstoffe für die Produktion oder gehen in einen neuen Auslandsmarkt. Dann fragt der neue Standortleiter, wie eigentlich die Sicherheitslage für seine Familie vor Ort ist. Und schließlich kommen wir ins Spiel, weil das Unternehmen endlich ein Risiko-Assessment in Auftrag gibt.
Zumindest setzt unser Assessment oft an viele Managemententscheidungen ein Fragezeichen, die man besser von vornherein hätte mitdenken sollen. Aber nur in absoluten Ausnahmefällen haben Mittelständler das Sicherheitsmanagement bereits in der Erörterungsphase im Blick. Man kann ihnen daraus kaum einen Vorwurf machen. Anders als großen Konzernen, fehlen Mittelständlern schlicht die Strukturen und Erfahrungen.
Sie verfügen oft über ganze Sicherheitsabteilungen. Die Profis versorgen den Konzern sozusagen als interne Dienstleister mit den nötigen Informationen und Services. Hingegen hat kaum ein Mittelständler einen Security Officer oder Head of Corporate Security. Das erledigt beispielsweise der Personalchef in Nebenfunktion. Allerdings fehlt ihm das spezifische Know-how.
Schwierig. Denn es ist für Laien schwer, an gute Informationen zu kommen. Traditionell sind die Auslandsvertretungen und Außenhandelskammern Ansprechpartner für Unternehmen im Ausland. Dort gibt es viele Profis. Aber ihnen fehlt meist die Expertise, um die aktuelle Sicherheitslage einzuschätzen und die richtigen Maßnahmen abzuleiten. Große Firmen wie Siemens und Co. haben es einfacher: Neben der eigenen Abteilung für Konzernsicherheit sind sie ausgezeichnet vernetzt. Über die „Global Player"-Initiative des Bundeskriminalamts haben sie regelmäßig Kontakt zu den Sicherheitsbehörden und Zugang zu erstklassigen Sicherheitsinformationen. Sie sitzen also wirklich an der Quelle. Der deutsche Mittelstand hat so eine Lösung nicht. Ihm müsste die Politik eine praktikable Alternative aufzeigen.
Relativ selten kommt jemand auf uns zu, weil bei ihm der Dachstuhl brennt. In solchen Fällen sind die Umstände besonders schwierig, und wir müssen die Menschen sehr schnell aus der kritischen Situation herausholen. Oft geht es auch um andere Assets wie Informationen, Technologien und Sachwerte. Aber Gott sei Dank wendet sich der Großteil unserer Mandanten in Friedenszeiten an uns.
Interview: Caroline Lindekamp © Jens Washausen/Geos Germany
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