Carolina Pfau

Freie Journalistin, Hamburg

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Wie schlimm sind Coffee-to-go-Becher für die Umwelt?

Für viele beginnt der Tag erst richtig nach der ersten Tasse Kaffee. Die trinken einige auch mal schnell auf dem Weg zur Arbeit oder zur Uni. Immer öfter werden dabei wiederverwendbare Becher befüllt, denn die klassischen Becher aus Pappe gelten schon länger als Umweltsünde. Aber was ist eigentlich so schlimm an den braunen Pappbechern mit Plastikdeckel? Wir haben uns das genauer angeschaut.

Wie viele Coffee-to-go-Becher verbrauchen wir?

Kaffee ist das liebste Getränk der Deutschen: 162 Liter trinkt jede*r Deutsche im Jahr. Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe nehmen wir davon fünf Prozent in Einwegbechern zu uns. Eine aktuelle Studie der Deutschen Umwelthilfe bestätigt diese Zahlen.

Was zunächst nach nicht sehr viel klingt, ergibt hochgerechnet 2,8 Milliarden Coffee-to-go-Becher ( PDF), die jedes Jahr in Deutschland gekauft und dann auch weggeschmissen werden. Das sind durchschnittlich 34 pro Kopf.

Allein in Berlin gehen jeden Tag 460.000 über den Tresen, das zeigt eine repräsentative Studie der Marktforschungsgesellschaft TNS Emnid.

Woraus bestehen die Becher?

Die klassischen Einwegbecher, die du zum Beispiel beim Bäcker bekommst, bestehen größtenteils aus Papierfasern. Dafür wird Holz so stark zerkleinert und mit Chemikalien behandelt, dass daraus dünne Fasern entstehen, die zu Bechern gepresst werden.

13 Millionen Hektar Wald werden laut WWF jedes Jahr abgeholzt. Das sind 33 Fußballfelder pro Minute. Mehr als jeder dritte Baum landet danach in der Papierindustrie. Der größte Teil davon wird nicht in Deutschland, sondern überall auf der Erde gefällt - zum Beispiel in Skandinavien, Kanada und Südamerika.

Für die Becher wird anteilig auch Kunststoff verwendet, mit dem die Innenseite beschichtet wird, damit die Pappe nicht durchweicht. Ein Becher besteht darum zu etwa fünf Prozent aus Polyethylen, ein häufig verwendeter Kunststoff. Die typischen weißen oder schwarzen Deckel bestehen aus dem Kunststoff Polystyrol, genauso wie die Rührstäbchen und die meisten Plastikbecher aus Automaten, die du zum Beispiel in Bahnhöfen findest.

Wie belastet die Herstellung die Natur?

Zur Herstellung eines einzigen Bechers wird mehr als ein halber Liter Wasser verbraucht. In den seltensten Fällen wird für die Pappbecher Material recycelt, deswegen müssen für die Papierfasern immer wieder Bäume gefällt werden.

Es gibt zwar Einwegbecher mit Recyclinganteilen, durch die weniger Holz verbraucht wird, doch neben der Abholzung der Bäume wird für die Herstellung der Plastikdeckel und der Kunststoffbeschichtung eine große Menge Rohöl benötigt. Dieses wird durch Bohrungen gewonnen, die der Natur schaden können.

Im Wattenmeer bei Cuxhaven gibt es zum Beispiel eine riesige Bohrinsel, weil sich dort unter dem Meeresboden viel Erdöl befindet. Vom Offshore-Feld Mittelplate kommt ein Großteil des in Deutschland geförderten Erdöls, die anderen Bohrungen sind an Land. Das meiste Rohöl bekommen wir aber aus anderen Ländern. Oft wird es mit großen Schiffen transportiert, die bei Unfällen Öl verlieren können, das dann ins Meer fließt. Das Ökosystem kann durch die Erdölförderung also enorm geschädigt werden. Außerdem ist das Vorkommen von Erdöl begrenzt, da es Millionen von Jahre dauert, bis durch abgestorbene Organismen Öl entsteht.

Bei der Rohölgewinnung und der Produktion der Papp- und Plastikbecher wird außerdem viel CO2 ausgestoßen. Jedes Jahr entstehen rund 83.000 Tonnen CO2-Emissionen durch die in Deutschland verbrauchten Coffee-to go-Becher.

Wie schädigen die Becher nach ihrer Nutzung die Natur?

Die Becher können kaum recycelt werden, da die Innenseite mit einer Kunststoffschicht bedeckt ist. Die Deckel dagegen könnten recycelt werden - sofern sie ihren Weg in die gelbe Tonne finden würden. Meistens werden die Becher aber beim Vorbeigehen in einen Mülleimer geworfen oder landen im Büro im Papierkorb - nach durchschnittlich gerade einmal einer Viertelstunde Nutzungsdauer. Zusammen mit dem anderen Restmüll werden sie dann verbrannt.

Der Müll, der durch Coffee-to-go-Becher entsteht, ist vergleichsweise gering. 40.000 Tonnen davon werfen wir jedes Jahr weg. Bei Verpackungsmüll kommen wir laut Umweltbundesamt jedes Jahr auf 18 Millionen Tonnen. Doch es handelt sich um vermeidbaren Müll mit einem großen Volumen, das vor allem in Innenstädten für volle Mülleimer und verschmutzte Straßen und Parks sorgt.

In Hannover reagierte die Stadt beispielsweise, indem sie zusammen mit dem Zweckverband Abfallwirtschaft ein eigenes Pfandsystem mit dem kompostierbaren Hannoccino-Becher entwickelte. Ein ähnliches Projekt hat die Bürgerstiftung Potsdam gestartet. Kaffeetrinker*innen können hier gegen zwei Euro Pfand den PotsPRESSO-Becher nutzen. So soll die Stadt sauber gehalten werden.

Becher und Deckel verrotten nur sehr langsam. Während der Pappbecher in ein paar Jahren verschwunden sein kann, dauert es bei dem Deckel mehrere Jahrzehnte. Außerdem entsteht bei der Zersetzung Mikroplastik. Das sind winzige Überbleibsel von Plastik, die ins Meer gelangen und zum Beispiel von Fischen aufgenommen werden können. Später landen sie dann wieder bei uns auf dem Teller - die Auswirkungen sind bislang unklar.

Sind Mehrwegbecher sinnvoller?

Mehrwegbecher haben einen klaren Vorteil: Sie produzieren kaum Müll, da du sie nicht nach jedem Gebrauch wegschmeißen musst. Klimaneutral sind sie allerdings nicht: Ihre Herstellung verbraucht viel Energie, sodass ihre Umweltbilanz nur dann besser ausfällt, wenn du sie wirklich regelmäßig benutzt, laut Umweltbundesamt mindestens zehnmal.

Allerdings verbraucht das Abwaschen immer zusätzlich Energie. Darum ist es sinnvoll, die Becher nicht sofort in die Spülmaschine wandern zu lassen, sondern sie vor dem nächsten Benutzen hin und wieder nur mit ein wenig Wasser auszuspülen.

Je nach Material bieten die Mehrwegbecher unterschiedliche Vor- und Nachteile. Becher aus Keramik können unterwegs schnell zerbrechen, was bei Varianten aus Bambus oder Edelstahl nicht der Fall ist. In Bambusbechern finden sich allerdings häufig Stoffe, die den Becher stabiler machen, aber die Gesundheit gefährden können. Am sichersten und stabilsten sind also die Becher aus Edelstahl. Je langlebiger dein Becher, desto besser wird deine Umweltbilanz.

Wie trinke ich meinen Kaffee am umweltfreundlichsten?

Ganz allgemein sind Mehrwegbecher besser für die Umwelt als die klassischen Coffee-to go-Becher. Wenn du sie regelmäßig nutzt und sie nicht nach jedem Gebrauch in die Spülmaschine stellst, dann haben sie eine deutlich bessere Umweltbilanz als ihre Verwandten aus Pappe und Plastik.

Viele Ketten bieten außerdem Rabatte an, wenn du deinen eigenen Becher mitbringst. Bei Tchibo bekommst du zum Beispiel 10 Cent Rabatt, bei Starbucks sparst du 30 Cent. Du kannst auch Angebote wie Recup oder Faircup nutzen. Das sind Pfandsysteme, bei denen du deinen benutzen Becher wieder abgeben kannst, damit er weiterverwendet wird.

Solltest du doch mal zum Pappbecher greifen, dann lass am besten den Plastikdeckel weg, denn der verursacht das meiste CO2. Außerdem kannst du den Becher dann leichter zusammendrücken, damit er nicht so viel Platz im Mülleimer verbraucht.

Am umweltfreundlichsten trinkst du deinen Kaffee aber ganz normal aus einer Tasse und spülst diese bei mehrfacher Benutzung nur kurz aus. Egal ob zu Hause, im Café oder auf der Arbeit - einfach ein paar Minuten mehr Zeit einplanen hilft, die Umwelt zu schonen.

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