Meistens macht einem das Leben dann doch einen Strich durch die Rechnung. Mit 18 war für mich der 30. Geburtstag meilenweit entfernt. 30? Das sind doch schon voll die Omas ... ähm ja! Ganz bald nulle ich also und ich mache mir Gedanken, was ich bis dahin alles gemacht und erreicht haben muss, um diesem Tag als Erwachsene entgegenzutreten.
Mit 28 bist du ja schon voll der Oldie!
Auf dem Weg zu meiner Mutter, die gefühlt auf dem dörflichsten Dorf in ganz Deutschland wohnt, saß ich im Zug und konnte eine Zeit lang den Gesprächen einer Schulkasse lauschen. Die Mädels, die sich so angeregt unterhielten, waren höchstens 15, 16 oder 17 - auf jeden Fall relativ jung und noch grün hinter den Ohren ;) Kleine Frischlinge des Lebens, die sich über einen Freund austauschten, der ja schon 28 und damit "voll der Oldie" ist. Danke! Ich, Oldie, saß also nun hinter den beiden Girls und fühlte mich wie 80. Bescheuert, oder? Was ist aber, wenn sie mit ihrer Aussage gar nicht so Unrecht hatten? Immerhin sollten wir mit Ende 20 schon viele Dinge im Leben erlebt und erreicht haben, das wird uns zumindest von der Gesellschaft suggeriert.
Als Teenager hatte ich einen genauen Plan vom Leben, der wirklich bis ins kleinste Detail durchdacht war: Abitur mit 19, dann Medizinstudium, mit 25 wird geheiratet und wenig später dann Haus mit Garten, Kind und Hund! Der Plan war in meinen Augen niet- und nagelfest - leider hatte ich aber den wichtigsten Aspekt vergessen: das Leben! Unverhofft kommt oft ... und so schloss ich die Schule erst mit 20 ab, fürs Medizinstudium reichte mein NC nicht und zum Heiraten gab es auch niemanden. Toller Plan, Carolina! Immerhin konnte ich die "Sache" mit dem Hund realisieren und die Hochzeit kommt jetzt auch - zwar ein wenig verspätet, aber was soll's! Pläne ändern sich eben! Plan A hat nicht funktioniert, Plan B, C, D und E haben sich über die Jahre dann neu entwickelt. Nur der Weg zum Erwachsensein bereitet mir Sorgen!
Obwohl ich seit vielen Jahren nicht mehr zu Hause wohne und mit Bald-Ehemann und Hund eine eigene kleine Familie habe, bekomme ich immer noch Herzrasen, wenn ich offizielle Post von Ämtern bekomme oder eine Steuernachzahlung bei mir eintrudelt. Mama wird immer angerufen, wenn ich nicht weiß, wie ich eigentlich Kartoffeln kochen soll und Papa's Telefon klingelt, wenn mein Auto mal wieder nicht das macht, was ich will. Erwachsensein? Das Gefühl ist bei mir noch längst nicht angekommen.
Meine To Do-Liste von Dingen, die ich vor meinem 30. Geburtstag abgearbeitet oder erreicht haben will, wird immer länger und länger. Habe ich Angst davor? Irgendwie ja. Nicht nur, weil ich dann keine Zwei mehr vor meinem Alter stehen habe ... mir wird auch bewusst, dass ich für meine Pläne nicht unendlich Zeit habe. Ok, jetzt klinge ich wie eine alte Schachtel, die über das Leben philosophiert. Sorry!
... ganz ehrlich: den habe ich noch nicht gefunden! Ich habe eine eigene Wohnung, einen Job, einen Hund, ein Auto und einen festen Partner. Bin ich jetzt erwachsen? Nein! Nach zahlreichen langen Nächten, in denen ich wie wild gegrübelt habe,bedeutet Erwachsensein für mich nämlich nicht mehr, dass ich bestimmte Meilensteine im Leben erreicht haben muss, es ist viel mehr die innere Einstellung oder ein Gefühl, welches sich im Laufe des Lebens entwickelt.Die Gesellschaft gibt uns vielleicht Maßstäbe vor, was sie als Erwachsensein definiert. Das kann zum Beispiel die Familiengründung oder bereits die Volljährigkeit sein. Jeder Mensch wächst auf seine Weise zum Erwachsenen heran - einige von ihnen in kleinen Schritten und andere wiederum von heute auf morgen. Ich versuche mich nicht stressen zu lassen und gehe den Weg in meinem Tempo. Man ist doch sowieso nie mit dem Erwachsenwerden fertig!
Zum Original