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Indien: Mondmission "Chandrayaan-2" erfolgreich gestartet

Mehrmals wurde der Start verzögert, nun ist er erfolgreich über die Bühne gegangen. Die indische Raumfahrt-Mission Chandrayaan-2 hat für September eine Landung auf dem Mond geplant. Das Projekt ist auch eine Kampfansage an den Rivalen China.

Es hat geklappt: Beim zweiten Versuch ist am Montag die indische Mondmission Chandrayaan-2 gestartet. Um 14 Uhr 43 Ortszeit hob die 640 Tonnen schwere Trägerrakete GSLV Mk-3 vom Satish-Dhawan-Raumfahrtzentrum in Shriharikota nördlich der Stadt Chennai ab. Die Rakete brauchte knapp 17 Minuten, um die dreiteilige Sonde Chandrayaan-2 in den Orbit zu befördern. Am 7. September soll die Sonde auf dem Mond landen.

Das Ereignis wurde live im Fernsehen übertragen und in dem südindischen Raumfahrtzentrum gebührlich bejubelt. "Dies ist der Beginn der historischen Reise Indiens zum Mond", sagte der Chef der Indian Space Research Organisation (Isro), Kailasavadivoo Sivan. Premierminister Narendra Modi pries die Mission als "indisch im Herzen und im Geist". Das Projekt, so Modi, werde nicht nur das Wissen über den Mond vergrössern, sondern auch die indische Jugend zu Wissenschaft, Spitzenforschung und Innovation animieren.

Indien wird, wenn die Mission erfolgreich ist, nach den USA, Russland und China das vierte Land weltweit sein, das auf dem Mond landet. Zwar ist die Sonde Chandrayaan-2, die aus einer Landeplattform, einem fahrenden Roboter und einem Satelliten besteht, unbemannt - aber ambitioniert. Sie wird zum ersten Mal den bisher unerforschten Südpol des Mondes erkunden und wichtige Informationen über Mineralien und chemische Zusammensetzung der Mondoberfläche sammeln sowie nach Wasser auf dem Erdtrabanten suchen.

Damit stellt die Mission einen wichtigen Schritt in der Evolution des indischen Raumfahrtprogramms dar. Bereits 2008 hatte die Mission Chandrayaan-1 eine Sonde in die Umlaufbahn des Mondes gebracht, die mit einer Aufprallsonde auf dem Mond nicht nur eine indische Flagge deponieren, sondern in Gesteinsproben auch das Vorhandensein von Wassermolekülen nachweisen konnte. Die nun geplante kontrollierte Landung einer Plattform, die weitergehende Forschung ermöglichen soll, gehört zu den grössten Herausforderungen in der Raumfahrt, da es auf dem Mond keine Atmosphäre gibt und das Abbremsen sehr schwierig ist.

"Indiens nächste Mission wird es sicher sein, Menschen auf den Mond zu schicken", sagt Rajeshwari Rajagopalan, Leiterin des Programms für Nuklear- und Raumfahrpolitik bei der Denkfabrik Observer Research Foundation (ORF) in der Hauptstadt Delhi. Nach bisheriger Planung soll dies bereits im Jahr 2022 geschehen. Noch vor einer Woche, am 14. Juli, war der erste Start der Chandrayaan-2 in letzter Minute wegen eines technischen Problems abgebrochen worden. Dies ist wegen der komplexen Technologie in der Raumfahrt nicht unüblich.

Die Hindu-Nationalisten jubeln

Die indische Mondmission ist Teil eines "neuen Zeitalters der Eroberung des Weltalls", wie die britische Zeitschrift "Economist" kürzlich aus Anlass des 50. Jahrestags der ersten menschlichen Schritte auf dem Mond durch den Amerikaner Neil Armstrong schrieb. Wie 1969 wird auch der neue Wettlauf zum Mond durch heftige Konkurrenz bestimmt. Waren es damals die beiden Supermächte USA und Sowjetunion, die sich gegenseitig zu übertrumpfen versuchten, sind es jetzt die Ambitionen der neuen asiatischen Mächte China und Indien, die die Raumfahrt vorantreiben. Im Januar war China mit einer Sonde auf der erdabgewandten Seite des Mondes gelandet. Auch der amerikanische Präsident Donald Trump hat angekündigt, 2024 wieder Astronauten auf den Mond zu schicken.

"China will zu den amerikanischen und sowjetischen Leistungen aufschliessen", sagt Rajeshwari Rajagopalan. "Aber Chinas Aktivitäten im All haben auch Sicherheitsbedenken ausgelöst." So habe die asiatische Grossmacht etwa 2007 den ersten Anti-Satelliten-Test seit 20 Jahren durchgeführt, weshalb andere Staaten nun versuchten, mit Chinas Raumfahrtaktivitäten mitzuhalten. Im März dieses Jahres schoss Indien erfolgreich einen eigenen Satelliten im All mit einem Marschflugkörper ab. Dies wurde von der Hindu-nationalistischen Regierung in Delhi als wichtiger Meilenstein für Indiens Sicherheit im Weltall bejubelt.

Indiens Weltraum-Budget ist bescheiden

Doch es gibt auch neue kommerzielle Interessen im All, nachdem bemannte Raummissionen lange wenig wissenschaftlichen Wert versprochen haben. Ein Motiv ist der mögliche Abbau von Rohstoffen. "Indien kann es sich nicht erlauben, zurückzufallen, falls sich diese Möglichkeiten als fruchtbar erweisen", meint nicht nur Rajeshwari Rajagopalan. Auch durch den Transport von Satelliten anderer Länder ins All erhofft sich Indien eine Scheibe von dem lukrativen Weltraummarkt abzuschneiden, der schätzungsweise ein Volumen von 300 Milliarden Dollar weltweit hat.

Dabei sind reichere Länder eindeutig im Vorteil, denn Raumfahrt ist teuer. Aber Indien hat sich durch kontinuierliche Arbeit und Innovation über die Jahre zu einer erfolgreichen Weltraumforschungs-Nation entwickelt. Das indische Budget für Raumfahrt liegt bei jährlich etwa 4 Milliarden Dollar, während China immerhin 8 Milliarden zur Verfügung stellt und das Budget der Nasa im laufenden Jahr 21,5 Milliarden Dollar beträgt. Auch die Mission Chandrayaan-2 ist mit 140 Millionen Dollar weitaus günstiger als vergleichbare Programme anderer Länder.

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