Fünf oder sechs Frauen wühlen kompetitiv in einer Kiste. Umgeben vom Versprechen des Luxus. So gehört es sich für ein edles Kaufhaus wie die Galeries Lafayette in Berlin-Mitte. Das wilde Gegrabbel passt nicht an diesen Ort. Zwischen leeren Regalen und „50%-Rabattschildern" wühlen die Damen auch nicht nach Luxusartikeln, sondern nach buntem Geschenkband. Viel mehr ist nicht übrig. Es ist der vorletzte Tag einer Instanz des Luxus - die sich heute wie eine TK-Maxx-Filiale anfühlt.
Das Kaufhaus öffnet um 11 Uhr vormittags, anderthalb Stunden später sind geschätzt kaum 70 Personen vor Ort, die Mitarbeiter eingerechnet. Mit leeren Gesichtern stehen sie in der Gegend herum, ohne recht eine Aufgabe zu haben: warten auf das Ende. Angesprochen, friert den Mitarbeiten das frische Lächeln schnell ein. Sagen möchten sie der Presse nichts. „Da müssen Sie sich an die Marketingabteilung wenden", heißt es. Mehr ist nicht zu hören. Generell möchte heute niemand so richtig sprechen.
KaDeWe des OstensEröffnet 1996, war die Galeries Lafayette ein Prestigeobjekt der Berliner Mitte - Beweis der Konkurrenzfähigkeit mit dem Westteil und zum KaDeWe. Luxus sollte nicht exklusiv dem Westen vorbehalten sein. Galeries Lafayette lockte auf 8.000 Quadratmetern mit dem Versprechen des französischen Lebensgefühls, von Gourmetessen und teurer Mode. Hunderte Menschen standen bei der Eröffnung Schlange. Es war der erste und bis heute einzige Standort der französischen Warenhauskette in Deutschland. Doch wie andere Kaufhausketten gerieten die Galeries wirtschaftlich ins Schlingern.
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Rot-weißes Flatterband durchzieht jetzt das Gebäude, sperrt ganze Abschnitte ab und lässt das Kaufhaus wie einen Tatort wirken. Wäre nicht alles intakt, hätte der Laden auch geplündert worden sein können. Das oberste Geschoss - Damenmode - ist offenbar schon leer. Ein Kleiderständer steht provisorisch vor der Rolltreppe nach oben. „Dieser Bereich ist geschlossen" hängt an einem Bügel.
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Als gäbe es den Ort schon nicht mehrDie wenigen Kunden vor Ort wirken wie Katastrophentouristen und Schnäppchenjäger. Einmal noch hin, bevor das Kaufhaus weg ist. Ein anderer Mann in roten Bermudashorts und weißen Turnschuhen interessiert sich sehr für einen abgesperrten Bereich und die Leere der Regale. Ginge es nach Kultursenator Joe Chialo, könnten diese gleich mit Büchern gefüllt werden.
Stammkunden sind heute wohl keine da. Niemand, der zum Lunch Austern essen geht. Auf dem Weg nach draußen erweckt ein Mann in Hawaiihemd und Strohhut eher den Eindruck, als hätte die Kreuzfahrt gerade Landgang. Die Sonne scheint, Menschen flanieren über den Gehsteig. Für die Galeries Lafayette hat niemand ein Auge übrig - als gäbe es sie schon gar nicht mehr.