Seit gestern tagt der Wirtschafts-Ausschuss von Siemens in einer zweitägigen Sitzung, um über die Folgen des Konzernumbaus für die Belegschaft zu beraten. Vorstandschef Joe Kaeser hatte zuvor massive Einschnitte angekündigt, um das Unternehmen zukunftsfähiger zu machen. Aber wie geht es anderen deutschen Traditionsunternehmen?
Siemens steckt mitten im größten Umbau seit 25 Jahren: In diesen Tagen beraten Konzernführung und Betriebsräte über die Pläne, die zur Streichung von Tausenden Stellen führen dürften.
1847 als "Telegraphen Bau-Anstalt von Siemens & Halske" in Berlin gestartet, zählt das Unternehmen heute mit Sitz in 190 Ländern zu den weltweit größten Firmen der Elektrotechnik und Elektronik. Die Aktiengesellschaft mit Doppelsitz in Berlin und München unterhält 125 Standorte in Deutschland, an denen rund 115.000 Menschen arbeiteten. Weltweit sind rund 343.000 Menschen für Siemens tätig.
Grund für die radikalen Maßnahmen ist die Tatsache, dass Siemens in den vergangenen Jahren hinter seine Wettbewerber, unter anderem den US-Rivalen General Elecric zurückgefallen war. Mit schlankeren Strukturen und mehr Kundennähe will der Vorstandsvorsitzende Joe Kaeser künftig wieder den Anschluss finden. Zugleich wagte er mit der umstrittenen Milliarden-Übernahme des US-Unternehmens Dresser-Rand kürzlich den Einstieg ins Öl- und Gasgeschäft, um das Unternehmen finanziell fit für die Zukunft zu machen.
Kaeser selbst sagte, in den Sektoren seien 7.600 Jobs und in der Cluster-Organisation weitere 4.000 Stellen von den Kürzungen betroffen. Der Vorstand will jährlich eine Milliarde Euro sparen.
Traditionsunternehmen stehen stets vor der Herausforderung, ein traditionsreiches und häufig noch in Familienhand liegendes Unternehmen fit für die Zukunft machen zu müssen. Aber wie steht es um andere deutsche Konzerne mit langer Historie?
Henkel Konsumgüter
Die Henkel & Cie. AG wurde 1876 von dem damals 28-Jährigen Kaufmann Fritz Henkel gemeinsam mit zwei Gesellschaftern gegründet. Seit 1907 verkauft das Unternehmen das bekannte Waschmittel Persil, das gemeinsam mit dem Klebestift Pritt heute die Umsätze und den Profit der Firma antreibt. Insgesamt 47.000 Mitarbeiter haben im Jahr 2013 für 16,4 Milliarden Euro Umsatz gesorgt.
Und obwohl der Konzern aus Düsseldorf ausgerechnet im kriselnden Osteuropa stark engagiert ist, steckt er den Ukraine-Konflikt offensichtlich gut weg. Jüngst korrigierte Henkel so auch seine Umsatzprognose für 2014 noch nach oben. Als Ziel für die Zukunft nannte der Konzern, seinen Umsatz bis 2016 auf rund 20 Milliarden Euro hochzuschrauben. Zuletzt hatte der Konzern im September die Übernahme des US-Unternehmens The Bergquist Company angekündigt, mit der die Klebstoffsparte gestärkt werden soll. Diese erwirtschaftet rund die Hälfte des Konzernumsatzes.
Faber-Castell Schreibwaren
Seit 250 Jahren und in der achten Generation produziert das Familienunternehmen Faber-Castell mit Sitz in Stein bei Nürnberg als weltweit größter Hersteller pro Jahr rund zwei Milliarden Bunt- und Bleistifte. Nach eigenen Angaben beschäftigt das Unternehmen dafür rund 7.500 Mitarbeiter, 900 davon in Deutschland. Insgesamt verfügt das Unternehmen über Produktionsstätten in neun Ländern, hat Vertriebsgesellschaften in 23 Ländern und Handelsvertretungen in über 120 Ländern.
Auch Faber-Castell ist wirtschaftlich gesund und prognostizierte für das laufende Geschäftsjahr 2014/15 ein Umsatzwachstum von mindestens fünf Prozent. Dabei profitiert das exportorientierte Unternehmen davon, dass der Euro an Wert verliert. Für die nächsten beiden Geschäftsjahre sind vor allem an den Standorten Indien, Indonesien und Brasilien weitere Ausgaben in Höhe von rund 30 Millionen Euro geplant.
Bahlsen Kekse
125 Jahre ist es her, dass der erste Leibniz-Butterkeks in den Ofen geschoben wurde. Seither hat sich die Firma Bahlsen, die damals nur aus wenigen Mitarbeitern und einer Backstube bestand, zum weltweit agierenden Großunternehmen entwickelt, das seine Produkte in über 80 Ländern vertreibt. Neben den bekannten Produktklassikern will das Unternehmen mit Hauptsitz in Hannover auch in diesem Jahr auf Neuprodukte setzen, um zukunftsfähig zu bleiben. Unter dem Motto "Life is sweet!" hatte der Konzern seine Marke Bahlsen zu ihrem 125-jährigen Jubiläum auf ein moderneres Design umgestellt. Zusätzlich investierte das Unternehmen in neue Produkte, die gezielt eine jüngere Zielgruppe ansprechen sollen, darunter die Bahlsen Conies, eine Keks-Eis-Kombination zum Knabbern und Schlecken, und Bahlsen Happy Cakes, runde Kuchen mit dunkler Kakaocreme-Füllung oder heller Milchcreme-Füllung. Bahlsen beschäftigt nach eigenen Angaben rund 2500 Mitarbeiter, den größten Anteil davon in Deutschland, die jährlich etwa 142.000 Tonnen Kekse produzieren.
Otto Versand
Das Unternehmen Otto startete 1949 in Hamburg und entwickelte sich schnell zum Wirtschaftswunder im Nachkriegsdeutschland. Von Werner Otto gegründet, wurde der Versandhändler schnell zum wichtigen Arbeitgeber für die Region und stelle bereits nach kurzer Zeit 800 Mitarbeiter ein. Heute ist Otto eines der größten Versandhandelsunternehmen in Deutschland und besitzt als Teil der Otto Group auch international eine große Bedeutung.
Trotzdem erklärte der Vorstandsvorsitzende Hans-Otto Schrader zu Beginn der Woche dem Handelsblatt: "Ganz klar: Der Ertrag sinkt". Demnach rechne die Otto-Gruppe im aktuellen Geschäftsjahr mit starken Gewinneinbußen. Grund sei, dass man strukturelle Probleme in Frankreich "sehr entschlossen angepackt" habe: Das Geschäftsmodell wurde zuletzt radikal umgestellt - Umsatz- und Ertragseinbußen waren die Folge.
Daneben ist es vor allem der russische Markt, der die Otto-Gruppe in Schwierigkeiten bringt: Der schwächelnde Rubel sorgt für sinkende Umsätze, trotzdem will sich Otto sich nicht aus dem russischen Markt zurückziehen. "Wir werden aber unsere Investments, falls nötig, wesentlich runterfahren", so Schrader. "Wir haben diesen Markt über sechs Jahre aufgebaut - und wir werden ganz vorne mit dabei sein, wenn sich die Lage bessert."
Im vergangenen Geschäftsjahr hatte die Otto-Gruppe ihren Umsatz noch von 11,8 Milliarden Euro auf 12 Milliarden Euro steigern können. Damals beschäftigte das Unternehmen mit 53.823 etwas weniger Mitarbeiter als in den Jahren zuvor.
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