Als Christopher Miadzel im Vorstellungsgespräch bei Biotronik saß, und es an ihm war, Fragen zu stellen, erkundigte er sich als Erstes nach den Entwicklungsmöglichkeiten. "Weiterbildungen sind für mich ein großes Kriterium, nach dem ich mich für ein Unternehmen entscheiden wollte", sagt er rückblickend.
"Schließlich ist es wichtig, dass sich Firmen flexibel zeigen, wenn es darum geht, jungen und ambitionierten Menschen die Förderung zu geben, die sie möchten und brauchen." Christopher Miadzel, heute 25 Jahre alt, bekam den Job.
Seinen Karriereweg hatte er zu diesem Zeitpunkt schon lange geplant. Nach dem Abitur ging er zunächst für ein Dreivierteljahr nach London und arbeitete für die dortige Niederlassung von Bauer Media. Nach seinem Zivildienst dann die nächste Auslandsstation: ein halbes Jahr Work and Travel in Australien.
Schon vor dem Studium Berufserfahrung sammeln
"Ich wusste schon in der Schulzeit ziemlich genau, in welche Richtung es für mich beruflich einmal gehen sollte und dass ich International Business studieren wollte", erzählt er. Sein Schulenglisch, so glaubte er, würde dafür nicht ausreichen, außerdem wollte er schon vor dem Studium Auslandserfahrung sammeln.
Miadzel hat ein duales BWL-Studium an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin absolviert und arbeitete schon während seiner Praxisphasen bei dem Medizintechnikunternehmen Biotronik. Doch nicht nur das: Die Firma, die unter anderem Herzschrittmacher herstellt und weltweit mehr als 5600 Mitarbeiter beschäftigt, ermöglichte ihm außerdem ein Auslandssemester in Brisbane in Australien und schickte ihn für ein mehrwöchiges Projekt zu einem der Unternehmensstandorte nach Polen.
"Bei Biotronik Polska habe ich dann gemerkt, wie es ist, in einem anderen kulturellen Umfeld zu arbeiten - und das, obwohl meine Eltern aus Polen kommen, ich die Sprache spreche und eigentlich im gleichen Unternehmen war", erzählt er. Im Team mit 30 Mitarbeitern habe er die Implementierung eines Customer Management Systems vorbereitet. "Die Arbeit war relativ nah an den Modulen, die ich auch in der Uni hatte, also Marketing und Wirtschaftsinformatik."
Das Interesse an einem Master- oder MBA-Studium ist da
Inzwischen hat Miadzel sein Bachelorstudium abgeschlossen und arbeitet voll bei Biotronik. Er ist für den Einkauf von Investitionsgütern, also Maschinen und Anlagen, zuständig. "Natürlich möchte ich auch weiter im Unternehmen arbeiten und hier die nächsten Karriereschritte nehmen", sagt der 25-Jährige. "Aber ich bin auch an einem Master oder MBA interessiert."
Mit seinen Vorgesetzten habe er darüber offen gesprochen. Gemeinsam werde man einen Weg finden, da ist sich Miadzel sicher. Auch, wie das aussehen könnte, hat er sich schon überlegt: "Zum Beispiel kann man den Master ja auch neben dem Beruf machen oder die Stunden reduzieren, wenn es ein Teilzeitstudium wird." Sein Karriereplan, so scheint es, ist aufgegangen.
Große Erwartungen an die Unterstützung durch die Vorgesetzten
Wie Miadzel bringen Berufseinsteiger heutzutage nicht nur ein hohes Maß an Erfahrungen mit, sondern haben auch große Erwartungen an die Unterstützung ihrer Chefs bei der persönlichen Weiterbildung. Die Studie "Motivieren, Binden, Weiterbilden" der Deutschen Universität für Weiterbildung (DUW) in Berlin hat ergeben, dass für 60 Prozent der Erwerbstätigen zwischen 25 und 35 Jahren Weiterbildungsangebote ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber sind.
Tennessee Herchenbach ist Leiter der Abteilung Organisations- und Personalentwicklung bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG). In Zusammenarbeit mit der Recruitingabteilung im Unternehmen wählt er neue Mitarbeiter aus und weiß: Weiterbildungen sind ein wichtiges Einstellungskriterium.
"Uns geht es sowohl darum, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, die bereits bestimmte Kompetenzen und Qualifikationen mitbringen, als auch Menschen mit Potenzial einzustellen, das wir innerhalb unseres Unternehmen gezielt ausbauen können."
Gesamtbild der absolvierten Weiterbildungen muss stimmig sein
Gerade in der schriftlichen Bewerbungsphase, so der Personaler, seien absolvierte Fortbildungen ein Indikator für das Engagement eines Kandidaten. "Ein guter Studienabschluss macht sich nicht von selber. Wer sich darüber hinaus noch weiterbildet oder anderweitig engagiert, beweist Flexibilität und Belastbarkeit", sagt er.
Dabei legt Herchenbach Wert auf ein stimmiges Gesamtbild: "Wenn jemand an unglaublich vielen verschiedenen Weiterbildungen teilgenommen hat, aber nicht deutlich wird, wie die gelernten Dinge erfolgreich in die Praxis übertragen und eingebracht werden konnten, wirft das natürlich Fragen auf."
Ein strategisch wichtiges Thema ist für den Personaler auch das Talentmanagement innerhalb der BVG. "Uns geht es darum, passende Talente zu finden, sie gezielt weiterzuentwickeln und darüber hinaus an unser Unternehmen zu binden", erklärt er.
Die Weiterbildung der Mitarbeiter betrachte er deshalb auch nicht als Kostenpunkt, sondern als Investition. "Denn gelingt die Bindung an das Unternehmen nicht, dann schauen sich wichtige Leistungsträger oder Talente früher oder später auch nach anderen Arbeitgebern um - und das könnte dann noch teurer werden."
Eine Mentorin aus dem Londoner Büro zur Seite gestellt
Auch Ecofys, ein Beratungsunternehmen für den Bereich Nachhaltigkeit, nutzt diese Strategie, fordert und fördert seine Mitarbeiter. So bekam Caterina Salb vom ersten Tag im Unternehmen an eine Mentorin an die Seite gestellt. Die Kollegin aus dem Londoner Büro war zu diesem Zeitpunkt seit fünf Jahren bei Ecofys beschäftigt und nahm den Neuling unter ihre Fittiche.
"Anfangs hatten wir einmal pro Woche einen Termin, bei dem wir alles besprochen haben, was gerade anlag", erzählt Salb. "Und obwohl ich jetzt schon knapp drei Jahre im Unternehmen beschäftigt bin, arbeite ich immer noch sehr eng mit Sarah zusammen."
Von ihr lernt Salb stetig. Auch ihr Englisch habe sich durch die Zusammenarbeit enorm verbessert, erzählt sie. "In der Schule habe ich Sprachen gehasst, weil ich nicht gerne Vokabeln gelernt habe. Heute hingegen spreche ich Englisch fließend."
Neuorientierung nach dem Bachelor-Studium war sinnvoll
Auch Caterina Salb wollte nach der Schule raus in die Welt, ging nach dem Abitur zunächst für ein Jahr nach Costa Rica und studierte dann " Internationale Beziehungen" in Dresden. Nach dem Bachelorabschluss arbeitete sie zwei Jahre in Berlin, bevor sie ihren Master in Brighton anschloss. "Ich finde es tatsächlich richtig gut, dass ich keinen Diplom-Abschluss gemacht habe, sondern mich noch einmal neuorientieren konnte", sagt sie.
Der Fokus ihres zweiten Studiums lag auf dem Thema Klimawandel. In ihrer Abschlussarbeit nutzte sie auch Studien von Ecofys, einem Unternehmen, von dem sie schon damals wusste, dass sie dort nach dem Studium unbedingt anfangen wollte. "Ich wollte Energiepolitik machen und die reine Wissenschaft, also die Arbeit an der Universität, war mir dafür viel zu einseitig", sagt sie.
"Ecofys ist für mich eine gute Mischung: Hier kann ich gleichzeitig arbeiten und weiter lernen, ohne dass ich zur Uni gehen muss." Denn auch heute noch ist ihre Arbeit sehr wissenschaftlich: "Ich muss mich viel durch Bücher wälzen." Aber Gespräche mit Kunden stünden auch an.
Mitarbeiter lernen beim Lunchtalk voneinander
Einmal in der Woche findet bei Ecofys der Lunchtalk statt. "Dort stellen beispielsweise Studenten ihre Masterarbeiten vor oder Mitarbeiter erläutern ihre Projekte", erzählt Salb. "Die Idee ist, dass auch die anderen mitkriegen, was man selber so macht." 15 Minuten dauert die Präsentation, es folgt eine Fragerunde. "Das ist ein ziemlich gutes Konzept, um in informellem Rahmen voneinander zu lernen."
Salb sagt, die ganze Förderung und Unterstützung, die sie bei Ecofys erhält, binde sie ans Unternehmen. "Viele meiner Freunde meinen, dass es nach drei Jahren mal Zeit werde, das Unternehmen zu wechseln." Abwechslung mache sich im Lebenslauf doch besser. "Aber dafür fühle ich mich hier gerade viel zu wohl", sagt die 30-Jährige lachend.
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