Birk Grüling

Wissenschaft für kleine und große Leser:innen, Buchholz

Keine Abos und 16 Abonnenten
Artikel

Tolle Tipps: Das hilft euren Kleinen beim Schulstart

Es dauert nicht mehr lang, dann beginnt für uns die Schule. Die Stimmung meines Sohnes schwingt irgendwo zwischen Anspannung und Vorfreude auf den neuen Lebensabschnitt. Der Schulranzen ist längst gekauft, genau wie Hefte, Stifte und Bücher. Der Schnuppertag an der Schule gefiel ihm gut. Die Klassenlehrerin hat zwar keine Kontakte zu einer magischen Zoohandlung, war aber trotzdem nett. Der Schulweg ist ein Klacks, nur wenige Meter entfernt liegt unsere Lieblingseisdiele. Dringliche Fragen zum Schulalltag kommen trotzdem immer häufiger, vorzugsweise kurz vor dem Einschlafen.

Aufregung vor der Einschulung

Mindestens genauso kribbelig wie die knapp 800.000 Mädchen und Jungs, die dieses Jahr eingeschult werden, sind wir Eltern. In der Kita-Garderobe berichtete mir gerade eine Mutter aufgelöst, dass die Bäckereien des Umlandes keine Aufträge für mehrstöckige Motiv-Torten mehr annehmen. Beim ersten Kennenlern-Elternabend wurde kurzerhand das etablierte Schulkonzept der altersübergreifenden Lerngruppen infrage gestellt und die Rückkehr zu ordentlichen Klassen gefordert. Auch die örtliche Privatschule in kirchlicher Trägerschaft bekommt bis kurz vor den Sommerferien noch Bettel-Mails von spontan wechselwilligen Eltern.

Elterliche Nervosität ist normal

Und ja, abseits des leichten Spotts, der in diesen Zeilen mitschwingt, bin auch ich längst nicht frei von irrationalen Sorgen rund um den Schulstart. Wird mein Sohn die Schule und alle Lehrer mögen? Wird er schnell neue Freunde finden? Was müssen wir tun, damit er gut lesen, schreiben und rechnen lernt und nicht im Unterricht untergeht? War die staatliche Schule um die Ecke doch die richtige Wahl oder hätten wir uns auch um eine Privatschule mit alternativem Konzept kümmern müssen?

Aus Sicht von Grundschullehrerin Saskia Niechzial ist diese elterliche Nervosität mehr als normal: "Mit dem Schulstart verändern sich nicht nur Regeln, Orte oder Bezugspersonen, sondern eben auch das ganze Familienleben. Das sorgt neben großer Vorfreude auch für Anspannung." Trotzdem solle man die eigenen Sorgen nicht auf die Kinder übertragen, sondern sie lieber zuversichtlich in den neuen Lebensabschnitt begleiten, weiß Saskia Niechzial, die ein ganzes Buch zum Thema geschrieben hat.

Starke Gefühle und auch Angst schon vor der Einschulung

Und weil man das in Zeiten hochambitionierter Eltern durchaus sagen darf: Verständnis und Rückendeckung sind in den nächsten Monaten deutlich wichtiger als Druck und der nervöse Blick auf ein mögliches Medizinstudium in 12 oder 13 Jahren. Über unsere eigene Anspannung dürfen wir nicht vergessen, dass der Schulstart auch für die Kinder eine emotionale Herausforderung darstellt - schon vor der eigentlichen Einschulung. So zeigt sich die berühmte Wackelzahnpubertät oft in den letzten Kita-Monaten besonders deutlich. Und dazu gehören nicht nur starke Emotionen in alle Richtungen. "Oft haben Eltern das Gefühl, dass ihre Kinder in Sachen Selbstständigkeit zwei, drei Sprünge rückwärts machen. Gerade die elterliche Hilfe wird wieder stärker eingefordert", erklärt Saskia Niechzial. Dahinter stecke eine Art Rückversicherung, ob Mama und Papa auch weiterhin für mich da sind. Entsprechend gelassen könne man auf die vermeintlichen Rückschritte reagieren und die gewünschte Hilfe gewähren, ohne gleich die mögliche Selbstständigkeit zu gefährden. Das Wissen um elterliche Rückendeckung ist schließlich eine große Erleichterung beim Schulstart, gerade wenn es in den ersten Wochen mal ordentlich ruckelt.

Ein Vertrauensvorschuss zahlt sich aus

Es braucht eine gewisse Zeit, bis sich das eigene Kind in der neuen Umgebung zurechtfindet. Plötzlich sind Hausaufgaben, Lesen, Schreiben und Rechnen, Tests und Klassenarbeiten wichtiger als freies Spiel und Miteinander im Morgenkreis. Die Strukturen sind oft viel geregelter als noch in der Kita. Trotzdem haben die Lehrkräfte und die Schule, bei aller berechtigten Kritik am Bildungssystem, einen Vertrauensvorschuss verdient. Gleiches gilt auch für unsere Kinder. Wir können sie auf dem Schulweg begleiten, mit ihnen Hausaufgaben machen oder uns regelmäßig mit den Lehrkräften über den Lernstand austauschen. Doch spätestens an der Klassenzimmer-Tür sollte dieses Engagement enden. Denn mal ehrlich: Nur weil wir uns schemenhaft an eine Grundschulzeit mit Stillsitzen und Schönschrift erinnern, muss heutige Klassenzimmer-Realität nicht genauso aussehen. Schule hat sich in den letzten 20 Jahren weiterentwickelt - zumindest ein wenig.

Auch bei Schulangst lösungorientiert bleiben

"Wir Lehrkräfte haben eigentlich ein gutes Gespür dafür, was die Schüler zum Ankommen brauchen. Außerdem sind kindliche Neugier und Wissbegierde schon zwei gute Voraussetzungen für einen erfolgreichen Schulstart", sagt Grundschulpädagogin Niechzial. Das bedeutet nicht, dass Eltern aufkommende Sorgen oder Probleme beim Schulstart abtun oder ignorieren sollten. Stattdessen gilt es, im Gespräch mit dem Kind - oder wenn nötig auch mit der Lehrkraft - nach Lösungen zu suchen. Ein guter Orientierungspunkt für die kindliche Findungsphase sind die ersten Herbstferien. Und wenn die Neugewöhnung doch länger dauert, sei das nicht zwangsläufig ein Problem, sagt die Expertin. Spätestens nach dem ersten Jahreszeugnis und dem Wechsel in die zweite Klasse falle den meisten Eltern auf, wie groß und erwachsen das eigene Schulkind geworden sei.

Routinen müssen sich erst entwickeln

Bis dahin sollten wir Eltern unsere Kinder bestmöglich dabei unterstützen, eine eigene Routine für den neuen Lebensabschnitt zu finden. Ein gutes Beispiel dafür sind die Hausaufgaben. Dass sie Pflicht - Sinn oder Unsinn mal dahingestellt - sind, darüber müssen wir an dieser Stelle nicht diskutieren. Wie und wann sie gemacht werden, hängt dagegen vom Kind ab. "Manche Kinder genießen die gemeinsame Zeit am Küchentisch, andere wollen die Aufgaben lieber für sich allein erledigen. Am Ende ist der prüfende Blick von Mama und Papa trotzdem sinnvoll - ohne dabei selbst zum Lehrer zu werden", rät die Grundschullehrerin. Auch bei der Zeit - direkt nach der Schule oder lieber später nach einer Pause - sollte man auf die Bedürfnisse des Kindes schauen und ruhig verschiedene Varianten ausprobieren.

Gleiches gilt für die Ruhephasen. Auch wenn nun Lesen, Schreiben oder Rechnen wirklich wichtig sind, dürfen Kinder sich auch weiterhin für Dinosaurier oder Pokémon interessieren oder unbeschwert ihren Hobbys nachgehen. Sie sind schließlich wichtige Kraftquellen für unsere Kinder. Gerade in Zeiten mit vielen Neuanfängen.

Zum Original